Jonas sah sich vor der Kapelle suchend um, aber er konnte keinerlei Spur von Gerrit und dem Fremden entdecken.
„Wie wollen die so schnell zu Walthers Haus kommen? Zum Glück hat Julia mir ja beschrieben, wo es liegt....“
Jonas überlegte, dort hin zu gehen, ohne das Schwert zuvor aus seiner Kölner Wohnung zu holen. Aber er fürchtete, dem Fremden nicht gewachsen zu sein. Was würde dieser mit ihm und vor allem mit Gerrit anstellen, sollte er es wagen, ohne die Waffe zurück zu kehren?
Eine Schneeflocke landete auf Jonas Nase und er beschloss, erst einmal zu seinem Wagen zurück zu kehren, obwohl er lieber die Umgebung nach Gerrit abgesucht hätte.
„Armer Gerrit. Jetzt befindet er sich wieder in der Gewalt eines Engelmanns....und der hier scheint fast noch schlimmer zu sein. Aber dieses Mal wird es nicht Wochen oder gar Jahrhunderte dauern, bis er wieder frei ist!“, dachte Jonas, stieg in sein Auto und startete den Motor.
Der alte Mann hielt weiterhin Gerrits Arm fest umklammert und zog ihn mit einer überraschenden Geschwindigkeit hinter sich her.
Sie hatten sich von der Kapelle entfernt und durchquerten nun ein großes Waldstück. Schnee fiel und Gerrits Kopfschmerzen, die ihn bereits den gesamten Tag über geplagt hatten, wurden schlimmer. Auch sein Knie, das er sich beim Sturz in der Kapelle gestoßen hatte, bereitete ihm Schwierigkeiten. Schließlich stolperte er über eine Wurzel und der Mann ließ endlich seinen Arm los.
„Steht gefälligst auf! Wir haben noch ein gutes Stück vor uns!“, sagte er und bückte sich neben Gerrit.
Dieser kroch ein Stück vor ihm zurück. „Nein...ich will nicht....“
„Du willst nicht mitkommen? Ob du es glaubst oder nicht, aber aus deiner Sicht ist das sogar verständlich. Du weißt einige Dinge nicht. Die werde ich dir erklären und dann werde ich das tun, was getan werden muss, auch wenn es nicht ganz schmerzlos für dich ist. Also komm mit!“, sagte der alte Mann.
Seine Stimme klang trotz seiner Worte nicht mehr so bedrohlich wie zuvor.
„Ich will dir nicht schaden.....nicht mehr, als ich muss!“, fügte er hinzu, während Gerrit noch ein weiteres Stück von diesem Mann weg kroch.
„Jetzt reiß dich zusammen! Was sein muss, muss nun einmal sein, und es ist die Schuld dieses Teildämons,“ sagte der Mann ungeduldig, als ein grünliches Leuchten zwischen den Bäumen erschien.....
Der Mann zuckte zusammen. „Oh nein....das nicht....“
Eine Frauengestalt trat zwischen den Bäumen hervor. In ihrer Hand hielt sie ein Schwert und sah kopfschüttelnd auf den Mann. Von ihr schien ein grünliches Leuchten auszugehen und ihre Kleidung konnte Gerrit nicht so recht zuordnen.
Es handelte sich um ein Kleid, das ihre Arme frei ließ. Flüchtig kam es ihm in den Sinn, dass dies doch viel zu kalt war.....
Ein Hirsch erschien neben der Frau und sie strich ihm über den Kopf, während das Tier in Richtung des Mannes ein Knurren ausstieß.
Nun erinnerte Gerrit sich daran, wo er ein solches Kleid, wie die Frau es trug, schon einmal gesehen hatte.
In einem Film, der in einer längst vergangenen Zeit gespielt hatte. Im Zeitalter, als Rom eine Weltmacht war....
„Was willst du hier?“, herrschte der Mann die Frau an. „Ich habe mich doch in der letzten Nacht um dich gekümmert.....“
Die Frau schien zu lächeln, als sie sprach. „Du solltest doch wissen, dass es mehr braucht als dein Schwert, um mich auszuschalten? Aber dass ich selbst mich zeige und nicht nur eines meiner Abbilder zu den Menschen spricht ist bitter nötig, wenn ich mir ansehe, was du anrichtest!“
„Ich richte überhaupt nichts an!“, polterte der Mann los und ballte eine Hand zur Faust. „Du kannst mir nichts tun! Das ist gegen alle Regeln!“
„Und umgekehrt ist es genauso. Wenn das nicht so wäre, hätte ich mich auch schon längst um diese Statue über der Kirche gekümmert, auch wenn ein Sieg ungewiss gewesen wäre. Du konntest mich nicht vernichten, das geht gar nicht. Obwohl es mich wirklich verärgert hat, dass du in der vergangenen Nacht eine der letzten Erinnerungen an mich zerstört hast....es gibt nur noch so wenige davon....“
„Wovon sprechen sie?“, dachte Gerrit und zog sich an einem Baum hoch. „Ich kenne ihre Stimme.....ich hab sie schon mal in einem Traum gehört. Da war Engelmann und er sagte, dass ich etwas nicht schaffen würde. Und sie hat dann gesagt, dass ich es doch könnte....was auch immer....“
Der Mann sah die geheimnisvolle Frau vorwurfsvoll an. „Du wusstest, was mit dem Auserwählten passieren würde! Dass er sterben und sich verändern würde.....“
Die Frau schüttelte den Kopf. „Ich wusste, dass er sterben wird. Und das habe ich ihm auch gesagt. Aber dass ein Teildämon daher kommt und ihn verändert, konnte ich auch nicht vorhersehen!“
„Ihr ist es auch gleichgültig, ob Jonas lebt oder stirbt, solange er weiterhin ihren Zwecken dienen kann,“ dachte Gerrit mit Abscheu, als der Mann seinen Arm packte. „Das hier ist.....“
„Ja, ich weiß, wer er ist! Er sieht aus wie Amalia. Und du versetzt ihn in Angst und Schrecken, wenn du so weiter machst!“, sagte die Frau vorwurfsvoll und der Mann ließ Gerrits Arm los. „Aber....“
„Kein Aber! Ich glaube, du hast in der letzten Zeit einiges falsch gemacht. Du hättest mit Jonas sprechen und ihm alles enthüllen müssen, außerdem hätte er von vornherein wissen müssen, mit welchem Dämon er es zu tun hat und dass er zurück kehren würde. Aber ich hätte es ihm vielleicht auch sagen sollen. Auf der anderen Seite war ich mir sicher, dass er sterben würde und da wollte ich ihn auch nicht mit diesem Wissen belasten....“, unterbrach die die Frau den Mann und schenkte Gerrit fast so etwas wie ein aufmunterndes Lächeln, ehe sie sich wieder an den alten Mann wandte.
„Natürlich verlangst du sein Schwert. Aber das wäre doch auch unter anderem Umständen möglich gewesen. Ich halte nichts davon, Menschen unnötig einzuschüchtern.
„Sie sollen den Respekt nicht verlieren,“ grollte der Mann und fügte hinzu: „Außerdem führe ich keine freundschaftlichen Gespräche mit Dämonen! Ob sie nun zum Teil menschlich sind oder nicht spielt dabei keine Rolle.....“
„Du bist halsstarrig,“ warf die fremde Frau dem Mann vor und wandte sich dann an Gerrit, der darüber nachdachte, ob er sich davon stehlen sollte oder nicht. Vielleicht konnte er den beiden ja entkommen.....
Die Frau schien seine Gedanken zu erraten. „Du brauchst dich vor uns ganz sicher nicht zu fürchten. Und ich werde jetzt das tun, was er,“ sie deutete auf den Mann „ bislang unterlassen hat. Nämlich einiges erklären.....“
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...