Kapitel 19

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Lucas sah unsicher von seinem Vater zu seinem Bruder. „Willst du es ihm wirklich erzählen? Er wird es ja doch nicht glauben!“
„Was werde ich nicht glauben? Seid ihr jetzt alle verrückt geworden? Jonas, sag jetzt endlich, was los ist,“ forderte Georg seinen älteren Sohn auf und begann, im Wohnzimmer auf und ab zu gehen. „Es müssen jetzt wirklich ein paar Erklärungen her! Glaubt ihr vielleicht, mir machen diese Ereignisse in der Stadt nicht zu schaffen? Wie viele Tote waren das jetzt in der letzten Zeit? Fünf? Und zwei Bekannte von Jonas sind spurlos verschwunden....“

„Ja, von denen konnte ich leider auch keine Spur finden,“ sagte Jonas leise. „Aber ich sollte dir jetzt wirklich die Wahrheit sagen. Und Lucas hat recht, du wirst es wahrscheinlich nicht glauben. Aber du erinnerst dich doch noch an Stefan!“

„Ja, diesen schrecklichen Kerl, der hier eingedrungen ist und mich niedergeschlagen hat! Was er mit Lucas gemacht hat, davon rede ich mal gar nicht!“, antwortete Georg und Jonas nickte. „Stefan ist nicht wirklich ein Mensch! Er ist zu einem Teil ein Dämon!“

„Wie meinst du das denn? Ein Dämon? So ein Blödsinn! Er war zwar unhöflich und brutal, aber wie ein Dämon sah er nun wirklich nicht aus!“, sagte Georg ungeduldig und schüttelte den Kopf. „Das wird mir alles ein wenig zu viel!“

„Wenn eine dämonische Statue geschaffen wird, dann beschwört man dämonische Energie herauf. Und die verbindet sich dann mit der Statue, dem Bild, oder was auch immer. Aber das geht auch bei Menschen. Dann verändern sich der Körper und.....die Seele desjenigen,“ sagte Jonas und versuchte seinem Vater eine Erklärung zu bieten.

„Und das ist mit Stefan passiert? Jonas, so was ist wirklich....beängstigend,“ antwortete Georg kopfschüttelnd.
„Dass mit ihm was nicht stimmt, hast du ja schon früher angedeutet. Aber so was? Und ich weiß auch nicht, ob ich das glauben soll!“

Jonas sprach unbeirrt weiter. Jetzt musste die Wahrheit endlich heraus und Georg überzeugt werden. „Das trifft nicht nur auf Stefan zu, sondern auch auf mich!“

„Was? Es reicht jetzt wirklich!“, rief Georg und sah seinen ältesten Sohn fast schon wütend an. „Du bist doch mein Sohn und nicht irgend wo ein Ding. Ich mache mir wirklich Sorgen um dich! Vielleicht....ich meine, deine Mutter....“

Jonas sah bedrückt zu Boden. Glaubte sein Vater etwa, dass er nach seiner Mutter kam und nicht ganz zurechnungsfähig war?

„Es stimmt wirklich,“ warf Lucas ein. „Bitte glaub uns doch endlich. Stefan ist im Krankenhaus in Jonas Zimmer geschlichen und kurz darauf ging es ihm besser, obwohl der Arzt meinte, das würde nichts mehr werden.....“
„Das stimmt,“ gab Georg unsicher zu. „Es ging ihm plötzlich viel besser und ich konnte es kaum glauben. Die Ärzte ja auch nicht.....“

„Da ist es passiert. Und seitdem hab ich mich ein wenig verändert. Es war nicht viel Energie, Stefan hat viel mehr davon. Ich rege mich über manche Sachen leichter auf als früher, finde ich aber eigentlich im Grunde nicht mal so schlimm. Hab mich früher viel zu sehr herum schubsen lassen, vor allem in der Schule. Manchmal tut es mir sogar leid, dass ich da noch nicht so war wie jetzt. Und ich kann im Dunkeln sehen, bin schneller, Verletzungen heilen ziemlich schnell....“, listete Jonas einige der Veränderungen auf.
Die Tatsache, dass er dadurch die Gunst irgend welcher höherer Mächte, von denen er nicht wusste, was er von ihnen halten sollte, verloren hatte, erzählte er zunächst nichts.

„Schneid dir doch mal in den Finger, dann sieht er, dass es sofort heilt,“ schlug Lucas vor und zu seiner Überraschung ging Jonas sogar auf den Vorschlag ein. Er ging in die Küche und kam zu Georgs Entsetzen mit einem kleinen Messer wieder.

„Was hast du damit vor?“, erkundigte sich Georg besorgt und wurde blass, als Jonas sich damit einmal über die linke Handfläche schnitt.

Blut quoll hervor und Jonas verzog das Gesicht. „Aua! Erinnere mich daran, dass ich nicht mehr auf deine Vorschläge eingehe!“, sagte er an Lucas gewandt während Georgs Gesicht noch mehr an Farbe verlor.
„Seid ihr jetzt wirklich verrückt geworden?“

Lucas deutete auf seinen Bruder. „Bitte schau auf Jonas Hand,“ bat er, während dieser mit einem Taschentuch das Blut weg wischte, so dass nur noch der Schnitt zu erkennen war.
Doch statt neuem Blut begann dieser sich zu schließen und Georg sah fassungslos, wie sich die Wunde innerhalb kurzer Zeit schloss.

Nicht einmal eine Narbe blieb schließlich zurück.....

„Wie....ist so was möglich? Das ist ja wie in einem schlechten Film!“, sagte Georg leise und musste sich hinsetzen.
„Bitte hol unserem Vater doch ein Glas Wasser, Lucas,“ bat Jonas und sein Bruder verließ den Raum, um in die Küche zu gehen.



Stefan zählte das Geld nach, das ihm eine alte Frau überlassen hatte. Vor wenigen Jahren hatte sie ein Haus in der Nähe von Bern gekauft, und zu ihrem Entsetzen feststellen müssen, dass die steinerne Figur, die dort im Garten stand, alles andere als harmlos war.

Nacht für Nacht erwachte diese um Mitternacht zum Leben und immer wieder lagen tote Vögel und Katzen im Garten. Einmal hatte es den Hund eines Nachbarn getroffen und ein paar Tage später diesen Mann selbst.

Die Polizei hatte lediglich heraus finden können, dass dieser Mann an Herzversagen verstorben sei. Was er Nachts im Garten der Nachbarin zu suchen hatte, konnte sich niemand erklären....

„Ist das genug, Herr Arens? Ich habe das von meinem Sparbuch geholt, damit sie mich endlich von diesem Ding in meinem Garten befreien! Woher wussten Sie überhaupt von meinem Problem?“, fragte die alte Dame neugierig.

Stefan, der sich nur mit Mühe an den Namen Klaus Arens gewöhnen konnte, zuckte die Achseln. „Ich las einen Bericht im Klatschteil einer Tageszeitung, dass in diesem Viertel von Zeit zu Zeit Katzen tot aufgefunden würden. Und dann hat mir eine Frau im Supermarkt davon berichtet, dass vor ein paar Monaten ein Nachbar tot in ihrem Garten lag. Da hab ich mir gedacht, ich schau mir den Garten mal an und sie sagen ja, dass dieser Gartenzwerg Ihnen Problem macht!“

„Mir weniger, einmal hat er mich Nachts aus dem Haus gerufen, ich konnte mich gar nicht dagegen wehren. Das war kurz nach meinem Einzug. Da meinte er, er würde zum Haus gehören und da mir das Haus gehört, könne er mir nichts tun.....aber ich will doch gar nicht so ein Ding in meinem Besitz haben! Ich mag Zwerge! Solche wie die da drüben!“, antwortete die Frau und deutete auf eine Gruppe von ungefähr 20 Gartenzwergen, die um einen Teich herum standen.

Einige schoben Schubkarren vor sich her, während andere kleine Laternen und Spitzhacken in den Händen hielten.

„Das sind freundliche Zwerge! Aber dieser Große da ist gar nicht nett! Der tötet die Tiere und manchmal wohl auch die Menschen! Eine Frau aus der Straße erzählte mir, dass vor 20 Jahren schon mal jemand tot im Garten lag.....“

Stefan nickte. „Ja, aber da muss ich sagen, dass Ihr Zwerg noch zu der netten Sorte gehört! Ich kenne da noch ganz andere Dämonen! Alle 20 Jahre mal ein Toter, das ist doch eigentlich nicht der Rede wert....“

„Aber Herr Arens, wie können Sie so was sagen?“, erkundigte sich die Frau empört. „Außerdem möchte ich Sie doch bitten, diesen Dämon nicht mit meinen Zwergen auf eine Stufe zu stellen!“

„Entschuldigung!“, antwortete Stefan und verdreht die Augen. „Also bleibt es bei unserer Abmachung. 2000,00 Euro jetzt und wenn ich die Sache erledigt habe gibt es noch mal 3000,00 Euro!“

„Ja, natürlich! Aber dass Sie das unbedingt in Euro haben wollten......Schweizer Franken sind doch viel besser!“, klagte die Frau. „Die Lauferei, mit dem Geld wechseln und so. Das konnte ich dem Mann in der Bank nur schwer erklären. Ich habe ihm gesagt, dass mein Neffe in Frankreich in Not geraten sei!Und da meinte er, ich solle gierigen jungen Menschen nicht  mein Vermögen in den Rachen stopfen! Die sollten doch durch ehrliche Arbeit an ihr Geld kommen!“

„Ja, aber außerhalb der Schweiz ist das andere, die Euros, praktischer!“, seufzte Stefan und ignorierte die Bemerkung über gierige junge Leute.
Allzu lange wollte er nicht mehr in der Schweiz verbleiben und da er nicht wagte, ein Konto zu eröffnen, brauchte er Bargeld. 

Und größere Summen ließen sich nun einmal nicht so leicht umtauschen.....

„Ich kümmere mich heute Nacht um Ihren Zwerg...!“, sagte Stefan und verbesserte sich, als er den bösen Blick der Frau bemerkte. „Ich meine natürlich, den Dämon! Natürlich ist das kein Gartenzwerg.....“

Dämonische Statuen - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt