Kapitel 42

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Besorgt betrachtete Georg seinen ältesten Sohn. „Du hast großen Ärger bei deiner Arbeit!“
Jonas nickte. „Ja, ich kann von Glück sagen, dass man mich noch nicht gefeuert hat. Ich glaube, beim nächsten kleinsten Vergehen ist es so weit. Ich kann es Herrn Cremer eigentlich nicht mal übel nehmen, er hat bisher sehr viel Verständnis gezeigt. Aber irgendwann ist wohl sogar bei einem Heiligen die Geduld zu Ende!“

„Soll ich mal mit ihm sprechen?“, erkundigte sich Georg, aber Jonas lehnte diesen Vorschlag sofort ab. „Herr Cremer ist keiner von Lucas Lehrern, mit denen du reden kannst, wenn er Mist gebaut hat.....hast du damals auch nie gemacht, bei mir wenigstens nicht...“

„Ich weiß,“ sagte Georg leise. „Da wir gerade bei unserer Familiengeschichte sind, ich habe, kurz bevor du mich neulich in diesen Wagen verfrachtet hast und ich diesem.....Ding an der Kirche begegnet bin, mit dem Arzt deiner Mutter gesprochen. Es geht ihr wohl ein klein wenig besser, aber sie wird noch in der Klinik bleiben müssen. Außerdem traue ich ihr nicht so recht.....sie ist da, wo sie ist, glaube ich gut aufgehoben.“

„Denke ich auch,“ sagte Jonas. „Ich werde sie trotzdem mal besuchen, wenn die ganze Sache überstanden ist. Sie ist immerhin trotz allem meine Mutter und am Ende heißt es noch, ich würde mich zu wenig um sie kümmern!“

Jonas Handy klingelte und er nahm ab.

„Spreche ich mit Jonas Schneider?“, erkundigte sich eine unbekannte Frauenstimme.
„Ja, da sind Sie hier richtig....mit wem...?“, fragte Jonas.

„Mein Name lautet Marita Bergbaum. Ich rufe....aus der Nähe von Bern an. Aus der Schweiz....“, antwortete die Frau. 
„Ich weiß, dass Bern in der Schweiz liegt,“ dachte Jonas ein wenig belustigt, aber er fragte sich auch, was die Frau, die er überhaupt nicht kannte, von ihm wollte.

„Ein....Bekannter von Ihnen hat mir die Handy-Nummer gegeben. Er wusste nicht, ob sie noch stimmt....aber er hatte sie damals mal notiert.....“, sagte Marita Bergbaum nun und Jonas überlegte, von welchem Bekannten sie sprach.
„Ein Kollege von mir? Wen kennen wir denn beide?“

Die Dame am anderen Ende der Leitung suchte ein wenig verlegen nach Worten.„Nun, es geht um einen Dämon....Sie wissen doch darüber Bescheid, nicht wahr? Ich frage noch einmal nach. Wenn nicht, dann beenden wir das Gespräch sofort wieder....ich will Sie nicht belästigten....“

„Ich weiß, wovon Sie sprechen!“, antwortete Jonas vorsichtig. „Aber um was für einen Dämon geht es denn?“

Erleichtert darüber, wohl nicht für verrückt erklärt zu werden, gab die Frau nun Auskunft.„Nun, in diesem Ort gibt es ein altes Haus, drei Schlangen trieben dort ihr Unwesen. Eine gibt es nun nicht mehr, die hat ihr.....Bekannter gestern Nacht erledigt. Aber die anderen beiden leben noch und er ist nicht mehr in der Lage, sich um sie zu kümmern. Es geht ihm nicht besonders gut, er hat sich bei dem Kampf verletzt...und diese Schlangen werden sich weiterhin Opfer suchen, wenn nichts gegen sie unternommen wird. Ihre Bisse enden tödlich....“

„Von welchem Bekannten sprechen wird? Von.....Stefan? Meinen Sie ihn?“, fragte Jonas, dem sonst niemand einfiel, der in Frage käme. 

Wer sonst aus seinem Bekanntenkreis, der sich momentan nicht in Raichelbach befand, kämpfte schon gegen Dämonen oder wusste von ihnen?

Die Frau am anderen Ende der Leitung schwieg einen Augenblick. „Ja, es handelt sich wirklich um Stefan. Er meinte, es hätte nicht allzu viel Zweck, Sie anzurufen, seinetwegen würden Sie wahrscheinlich nicht kommen, er hätte da ziemlichen Mist gebaut. Aber die Schlangen werden weiterhin zuschlagen.....das nächste Mal erwischt es vielleicht jemand anderen als Stefan....“

„Wie viel haben Sie ihm denn für die Schlangen bezahlt? Mussten Sie Ihr ganzes Sparbuch plündern?“, erkundigte sich Jonas mit einem Anflug von Wut. „Und ich glaube nicht, dass er an einer kleinen Bisswunde sterben wird, glauben Sie mir, das kann er aushalten.....“

„In dem Fall ist es anders. Und ich habe kein Geld gezahlt, sonst auch niemand. Er wollte....wohl wirklich einmal das Richtige tun. Ich hab ihn in der letzten Zeit kennen gelernt und das scheint bei ihm nicht oft der Fall zu sein. Aber dieses Mal war es so und ist daneben gegangen. Er wird spätestens übermorgen früh tot sein, wenn diese Schlangen nicht erledigt werden. Und die nächste Gelegenheit, etwas gegen die zu unternehmen, ist erst in ungefähr zwanzig Jahren. Dann werden sie wieder lebendig....“, sagte Frau Bergbaum. 
„Ich wollte es ja selber machen, aber ich kann mein Schwert nicht mehr richtig heben....man wird halt alt.....“



Andy wagte sich mit blassem Gesicht aus seinem Zimmer, in den letzten beiden Tagen hatte er es nur verlassen, um zur Toilette zu gehen.
Jedoch nun bestanden seine Eltern darauf, dass er sich zu ihnen an den Frühstückstisch setzte.

„Ich....hab keinen Hunger!“, sagte Andy leise und starrte auf sein Brötchen.

„Wir könnten nachher einkaufen fahren. Wir müssen unseren Wochenendeinkauf noch erledigen,“ sagte Herr Hügel. „Du kannst mir beim Getränkekisten tragen helfen!“

„Ich will....aber nicht in die Stadt gehen!“, sagte Andy und seine Mutter griff besorgt nach seiner Hand. 
„Was ist denn nur los mit dir? Der Supermarkt liegt doch außerhalb....ich gebe zu, irgendwie ist es hier unheimlich....diese Morde und dann diese Stille in der Stadt....“

„Ich will weg hier!“, sagte Andy und seine Mutter fürchtete, er würde zusammen brechen, als es an der Tür klingelte. 

Herr Hügel stand auf und kam kurz darauf mit einem kleinen Paket, das er in den Händen hielt, zurück. 
„Das war nur der Postbote. Ich hab mir doch was bestellt.....aber du sagst uns jetzt, was mit dir los ist...so geht das nicht mehr weiter.....“

Frau Hügel strich über das Haar ihres Sohnes, der sich allmählich beruhigte.„Vielleicht sollte Andy wirklich für eine Weile verreisen. Vielleicht zu Großtante Berta nach Bremen....aber er mag ihren Dackel ja nicht....“

„Lieber Dackel als Dämonen,“ murmelte Andy, während seine Eltern ihn verständnislos ansahen.

„Was ist mit Jessica?“, fragte Herr Hügel nach einer Weile. „Ich fahre dich zu ihr und du schaust dir, bis die Schule wieder anfängt, München an. Du siehst deine Schwester sowieso viel zu selten in der letzten Zeit. Mit ihr verstehst du dich bestimmt besser als mit Tante Bertas Dackel.“

„Vielleicht sollten wir auch besser zum Arzt mit Andy gehen. Er ist so....verstört!“, schlug die Mutter vor. „Und was murmelt er da von Dämonen? So ein Blödsinn! Das hat Opa doch auch immer gemacht.....“

„Ich werde gerne zu Jessica fahren,“ stimmte Andy zu, der befürchtete, für verrückt erklärt zu werden. Die Wahrheit würden seine Eltern doch niemals glauben. „Ich....glaube natürlich nicht an Dämonen.....“
„Und bei Jessica in München gibt es so was nicht. München ist weit genug weg....“, fügte er in Gedanken hinzu.

„Ich rufe sie gleich einmal an, vielleicht passt es ihr ja auch gar nicht,“ sagte Andys Mutter nach einem Augenblick des Zögerns. 
„Ich werde ihr sagen, dass du ein wenig Ruhe brauchst. Sie soll sich ein bisschen um dich kümmern!“

Dämonische Statuen - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt