Am nächsten Morgen verabschiedete sich Gerrit von Frau Huber und seiner Freundin Lisa. Diese nahm nur widerwillig Abschied von ihm.
„Bist du dir wirklich ganz sicher, dass du das machen willst? Ich verstehe ja, dass dir dieser Dennis leid tut. Aber Sebastian hat doch sogar schon mal versucht auf dich zu schießen.....und da willst du Jonas helfen, ihn zu finden?“
„Es geht ja nicht nur um Dennis und Sebastian! Es geht vor allem darum, dass dieser Dämon aufgehalten wird. Er wird immer stärker,“ sagte Gerrit leise und genoss Lisas Umarmung. Gerne wäre er bei ihr in Raichelbach geblieben und die Vorstellung, bald einen mächtigen Dämon zu Gesicht zu bekommen gefiel ihm überhaupt nicht und hatte ihm in der vergangenen Nacht den Schlaf geraubt.
Am liebsten wäre er in dem sicheren kleinen Ort in Bayern geblieben und hätte sich dort vor allen Dämonen verborgen.....
Kurz darauf saßen Gerrit und Jonas, der sich schweren Herzens von Julia verabschiedet hatte, im Auto und ersterer wurde zusehends nervöser.
„Wir können wieder umkehren,“ schlug Jonas vor. „Du musst das wirklich nicht machen! Ich werde auch so schon irgendwie einen Weg finden.“
Aber im Grunde genommen fühlte er nicht einen Bruchteil der Zuversicht, die er Gerrit vermitteln wollte. Er würde mit diesem Dämon nicht fertig werden, das wurde ihm immer klarer und klarer. Gerrits Hilfe versprach eine kleine Chance, aber diese war mit großer Gefahr für sie beide verbunden.
„Der Dämon darf nicht unnötig auf Gerrit aufmerksam werden,“ dachte Jonas beunruhigt und sagte laut: „Eine Möglichkeit wäre es noch, dass ich noch einmal diese Göttin aufsuche. Die, von der ich die drei Dolche bekommen habe.“
Gerrit nickte. „Dieses Statue, die über die drei Dolche gewacht hat. Nicht mal Engelmann ist dahinter gekommen, dass sie auf sie aufpasst!“
„Das sollte uns doch eigentlich optimistisch stimmen. Jemand, der etwas vor Engelmann bewahren konnte, kann uns vielleicht auch weiter helfen oder einen Rat geben, wie wir weiter vorgehen!“, stellte Jonas so hoffnungsvoll wie möglich fest.
Doch würde dieses Statue überhaupt noch mit ihm sprechen? Schließlich war er nicht mehr der, der er einmal gewesen war.
„Ich muss aufhören, darüber zu jammern! Das bringt ja doch nichts,“ dachte Jonas, während Gerrit nachdenklich aus dem Fenster sah und die anderen Autos zu beobachten schien.
Stefan erwachte am späten Vormittag und blinzelte, als Licht durch das winzige Fenster in den dunklen Keller fiel, wo er auf einer Matratze lag....
Benommen richtete er sich auf und stellte fest, dass seine Hände in Handschellen steckten und die anderen Enden sich an einem eisernen Ring in der Wand befanden.
„Was um alles in der Welt ist los?“, dachte Stefan und zog an dem Ring, der sich keinen Millimeter weit rührte.
Fluchend gab er seinen Befreiungsversuch nach einer Weile auf. Seine Fesseln gaben ihm genügend Bewegungsspielraum, um sich bequem hinzusetzen oder zu legen, ein Aufstehen war leider unmöglich.
Nun bemerkte Stefan ein Tablett neben der Matratze. Auf diesem lagen ein Marmeladenbrötchen, eine Tasse Kaffee und ein Ei....
„Wenigstens will man mich hier nicht verhungern lassen,“ dachte er unsicher und fragte sich, was eigentlich geschehen war.
„Ich habe diesen Gartenzwerg erledigt und Frau Bergbaum hat mir einen Kaffee gemacht. Da muss irgendwas drin gewesen sein! Das gibt es gar nicht! Eine alte Omi hat mich rein gelegt und in diesen Keller gesteckt! Von wegen alt und hilflos!“
Dunkel erinnerte Stefan sich daran, dass die Frau darüber geklagt hatte, dass sie aufgrund ihres Alters zu nichts mehr in der Lage sei, auch nicht zum Dämonen jagen....
„Wie hat sie das gemeint? Und was will die von mir? Hat die mich vielleicht am Ende erkannt? Aber warum sitze ich dann hier mit Brötchen in einem Keller? Warum ruft sie nicht einfach die Polizei an?“, dachte er und wurde immer wütender.
Stefan bemerkte außerdem, dass er Hunger bekam und biss in das Brötchen, ehe er den bereits kalten Kaffee hinunter würgte.
„Die kann sich auf was gefasst machen. Sobald ich wieder frei bin, kann die was erleben,“ fluchte Stefan wütend, als er Schritte hörte, die eine Treppe hinab stiegen.
Die Tür zum Kellerraum wurde geöffnet und Frau Bergbaum trat, in Begleitung eines älteren Herrn, der eine weiße Latzhose trug, ein.
„Ach, sehr gut! Sie sind aufgewacht, Herr Wagner!“, freute sie sich und deutete auf das Tablett. „Schmeckt das Frühstück?“
„Das meinst du jetzt nicht ernst, du dumme Kuh, oder?“ fragte Stefan. „Lass mich auf der Stelle hier raus, sonst....“
Er deutete auf die Ketten. „Mach mich los, aber schnell!“
Frau Bergbaum schüttelte bedauernd den Kopf. „Das kann ich leider nicht machen. Dann werden Sie mich wahrscheinlich angreifen oder davon laufen. Oder zuerst das eine und dann das andere! Aber das geht nicht! Ich brauche nämlich Ihre Hilfe!“
„Marita, sollten wir nicht vielleicht doch lieber die Polizei holen? Das ist kein guter Mensch, das ist...Abschaum.Er hat eine junge Frau eiskalt ermordet! Und sieh ihn dir doch mal genauer an! Das ist ein Teildämon!“, sagte der Mann kopfschüttelnd, aber die Frau lächelte traurig.
„Das ist wirklich kein guter Mensch, wenn das mit der armen Frau stimmt. Aber ich werde mir wenigstens seine Version der Geschichte einmal anhören, wenn er bereit ist, sich mit mir zu unterhalten!“, erwiderte die Frau, während Stefan sie ablehnend ansah.
Ganz bestimmt würde er sich nicht mit dieser Frau unterhalten und ihr seine Version von irgend etwas erzählen!
„Ich weiß nicht so recht! Ich weiß, du brauchst jemanden wie ihn. Aber das ist sicherlich nicht der Richtige. Da muss jemand anderer her!“, sagte der Mann und warf Stefan einen abschätzenden Blick zu.
„Das gibt nichts! Das bringt nur Probleme.....“
„Aber ich werde es wenigstens versuchen!“, antwortete die Frau und sah Stefan ernst an. „Ich bringe dir heute Abend dein essen! Aber Abends unterhält es sich so schlecht. Morgen früh bist du vielleicht ein wenig freundlicher zu mir und hörst mir wenigstens einmal zu....
„Vergiss es,“ zischte Stefan die Frau böse an, die nun schon zum „Du“ übergangen war und der Mann verließ kopfschüttelnd den Raum. „Das gibt nichts....
„Es muss was geben, sonst kann ich ihn auch nicht mehr laufen lassen, dann dreht er uns den Hals um,“ stellte die Frau fest. „Also müssen wir zu einer Einigung kommen. Ich wünschte, solche Maßnahmen wären nicht nötig! Aber dass er mir nicht freiwillig zuhören würde, war mir schon klar, als ich ihn das erste Mal traf!“
„Soll ich jetzt bis morgen früh hier sitzen bleiben?“, rief Stefan den beiden hinterher, als die Tür sich hinter ihnen schloss.
Offenbar sah es ganz so aus.....
Am frühen Arbeit erreichten Jonas und Gerrit die Kölner Wohnung.
„Wann werden wir denn zur Kirche fahren? Morgen früh?“, erkundigte sich Gerrit, aber Jonas schüttelte den Kopf.
„Nein, nicht morgen früh! Erst morgen Nachmittag. Ich bin heute offiziell krank und muss mich morgen mal wieder bei der Arbeit sehen lassen, sonst werfen die mich noch raus!“
Gerrit nickte fast schon erleichtert, aber er schien ein schlechtes Gewissen zu haben. „Ich weiß, du hältst mich jetzt für einen dummen Feigling. Das stimmt irgendwie ja auch. Aber ich bin irgendwie froh darüber, dass wir noch einen kleinen Aufschub haben. Auf der anderen Seite will ich es auch so schnell wie möglich hinter mich bringen.....“
„Ich verstehe ganz genau, was du meinst,“ antwortete Jonas, als sie die Wohnung betraten. „Mir geht das nicht anders, so können wir uns noch ein wenig Gedanken darüber machen, wie genau wir vorgehen wollen! Und für feige halte ich dich ganz und gar nicht, im Gegenteil. Ich könnte es verstehen, wenn du dich für alle Zeiten von allem Dämonischen fern halten willst. Das solltest du eigentlich auch machen. Ich finde es ziemlich mutig, dass du es überhaupt versuchen willst. Und ganz bestimmt glaube ich nicht, dass du dumm bist. Auch da tritt eher das Gegenteil zu!“
„Nun ja, wenn man bedenkt, dass ich nicht mal vernünftig lesen und schreiben kann....,“ antwortete Gerrit mit einem leichten Lächeln. „Aber dafür merke ich mir die Bestellungen der Gäste immer und ich hab bisher nur einmal einem Mann statt einem Bier einen Cappuccino gebracht. Der meinte dann zu Frau Huber, sie solle nicht solche Trottel einstellen....“
„Und was hat sie dann gesagt?“, erkundigte sich Jonas, der genau wusste, dass Frau Huber sicherlich nichts über Gerrit hatte kommen lassen.
„Sie hat ihm gesagt, dass Cappuccino viel gesünder sei und dass es seinem dicken Bierbauch besser bekommen würde, wenn er weniger davon trinken würde!“, antwortete Gerrit grinsend.
Jonas beobachtete Gerrit, als er sich das Sofa für die Nacht her richtete. „Dumm ist er ganz und gar nicht. Gerrit stellt manche Zusammenhänge vor uns anderen her. Wäre er in der heutigen Zeit geboren worden und hätte eine vollkommen normale Schuldbildung gehabt, würde er sich jetzt wahrscheinlich auf das Abitur vorbereiten,“ dachte Jonas, während er ein paar Brötchen mit Wurst belegte.
„Morgen Nachmittag machen wir uns dann auf den Weg zur Kirche! Wir werden uns allerdings keinesfalls nach Einbruch der Dunkelheit dort aufhalten!“, sagte Jonas, als er Gerrit eines der Brötchen reichte.
„Vielleicht solltest du einmal um die Kirche herum gehen. Ich selbst werde nicht weit entfernt von dir warten, aber du darfst auf keinen Fall zeigen, dass du mich in irgend einer Weise kennst!“, sagte Jonas besorgt und Gerrit nickte schweigend.
Schließlich fragte er unvermittelt: „Und wenn ich den Dämon dann gefunden habe oder eine Spur entdecke, wie gehen wir dann weiter vor? Du kannst nicht allzu viel gegen ihn machen. Ich hoffe, diese Göttin kann dir da weiter helfen!“
„Das hoffe ich auch,“ antwortete Jonas bedrückt und seufzte. „Ich bin viel stärker als früher, kann im Dunkeln sehen und habe ein sehr gutes Schwert, das einmal einer Dämonenjägerin gehörte, die zum Schluss so war wie ich. Und all das nützt mir überhaupt nichts. Mein anderes Schert liegt zerbrochen in einem alten Bettbezug in meinem Schrank!“
„Ich finde das irgendwie ungerecht!“, stellte Gerrit fest. „War das Schwert nicht von einem Engel geschmiedet worden, um diesen Dämon zu vernichten? Die müssen doch wissen, dass du nicht mit Absicht so geworden bist, wie du bist. Wenn es ihnen wirklich wichtig ist, dass dieser Dämon besiegt wird, dann hätten sie es dir trotzdem lassen sollen!“
„Finde ich auch,“ antwortete Jonas nach einem kurzen Augenblick. „Aber es nützt nichts, dass wir uns darüber aufregen. Das ändert leider nichts an den Tatsachen!“
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...