Kapitel 46

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Julia stellte ein Glas mit Wasser auf Stefans Nachttisch und zog die Rolläden ein Stück hoch. 

„Es hat aufgehört zu schneien,“ sagte sie zu dem im Bett liegenden Dämonenjäger, der die Augen geöffnet hatte und vor sich hin starrte.
„Also eine Winterlandschaft?“, fragte er nach einer kurzen Pause und die junge Frau nickte. „Ja, eine richtig schöne weiße Landschaft. Im Nachbargarten haben sie einen Baum mit einer Lichterkette geschmückt und da hat einer einen dieser Weihnachtsmänner an sein Fenster gehängt. Es sieht immer ein wenig so aus, als würden die einbrechen. Aber eigentlich niedlich!“

„Ich....möchte es mir gerne ansehen,“ bat Stefan. „Sind die Lichter eingeschaltet?“

„Ja, sind sie. Es ist zwar noch Tag, aber der Nachbar hat entweder vergessen, den Stecker zu ziehen, oder aber er will es so haben und ist ein richtiger Weihnachtsmensch! Und da hinten bauen zwei Kinder einen Schneemann! Einer hat einen Schlitten dabei!“, berichtete Julia, was draußen, in der verschneiten Landschaft, geschah.

Stefan richtete sich auf und stieg, sich am Nachttisch fest haltend, aus dem Bett und trat neben Julia ans Fenster.

Frau Bergbaum betrat den Raum und sah ihren Gast kopfschüttelnd an. „Du bist so blass wie dein Bettuch und siehst aus wie ein Gespenst. Bleib liegen!“

„Aber ich möchte mir das gerne ansehen....,“ sagte Stefan leise. „Morgen sehe ich es nicht mehr.....“

„Aber Jonas und Gerrit werden sicherlich mit den Schlangen fertig werden. Dann wirst du dir noch öfters Winterlandschaften anschauen können!“, widersprach Julia. 

Der Dämonenjäger schüttelte erschöpft den Kopf und stütze sich am Fensterbrett ab. „Das Jonas es schafft, daran zweifel ich nicht wirklich. Ich hatte....ziemlich viel Pech und war ein wenig unvorsichtig. Jonas sieht sich meistens mehr vor....aber Morgen werde ich wieder so sein wie....sonst. Ein Teildämon. Dann werde ich mich nicht mehr für Schneelandschaften interessieren....und sie nicht wirklich sehen....Wahrscheinlich mache ich mich dann über alle lustig, die so etwas schön finde und lache sogar über mich selbst!“

„Ich glaube, ich verstehe, was du meinst,“ dachte Julia. „Ein Teildämon hat für solche Dinge keinen Sinn mehr und das tut ihm nun leid....schade, dass es keine Möglickkeit gibt, dass er so wie jetzt bleibt!“
Sie öffnete das Fenster, das von ihrem Atem ein wenig beschlagen war, und nun lag die winterliche Landschaft friedlich vor ihnen.
Das Kinderlachen drang an ihre Ohren und ein Mann, der einen Schlitten mit einem Kleinkind zog, sang diesem ein Weihnachtslied vor.

„Früher mochte ich den Winter und Weihnachten.....,“ murmelte Stefan leise und für Julia kaum verständlich.


Nicht lange danach kehrten Jonas und Gerrit zurück und Julia sah ihren Freund fragend an. „Hast du dir das Haus angesehen? Wickeln sich die Schlangen wirklich um das ganze Haus? Das stellte ich mir ekelhaft vor!“
„Das sind sie auch,“ bestätigte Jonas die Aussage seiner Freundin. „Und wenn sie so scharfte Zähne haben, wie Stefan sagte, dann wird das heute Nacht....nun ja, schwierig....“

Julia legte ihre Arme um Jonas. „Ich hab Angst vor heute Nacht. Wird das denn jemals anders sein?“

„Ich hoffe es,“ antwortete Jonas leise und drückte einen Kuss auf ihr Haar.



Die Sonne war bereits versunken, als Jonas, Gerrit und Julia sich auf den Weg machten, um gegen die Schlangenstatuen zu kämpfen. Bevor sie aufbrachen betrat Jonas noch einmal das Gästezimmer.
Stefan lag dort auf dem Bett und starrte im Schein der eingeschalteten Nachttischlampe an die Decke. 

„Ich gehe dann jetzt los. Bald ist alles wieder in Orndung mit dir....“, sagte Jonas, der sein Schwert in der Hand hielt.

„Ob das so erstrebenswert ist weiß ich gar nicht....,“ murmelte Stefan. „Du weißt, wie ich bin, wenn ich wieder....“

„Du kannst versuchen, ein wenig dagegen anzukämpfen. Das hast du nie. Versuch es wenigstens. Vollkommen lassen sich die Veränderungen nicht verhindern. Aber du hast sie auch immer in vollem Umfange zugelassen,“ antwortete Jonas und kam sich ziemlich altklug und ein wenig naiv vor.

„Kann er überhaupt etwas gegen den enormen Anteil dämonischer Energie ausrichten? Es ist doch auch für mich schon schwer genug, dabei hab ich weniger als er davon abbekommen!“, dachte er und verließ das Zimmer, nicht wissend, wen er nach seiner Rückkehr vorfinden würde.

Dämonische Statuen - Teil IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt