Lisa strich sanft über Gerrits Hand. Nur mühsam unterdrückte sie ihre Tränen. „Ist es wirklich notwendig? Du musst jetzt auch gegen Dämonen kämpfen? So wie Jonas? Und dann auch noch gegen einen so gefährlichen? Warum du, Gerrit?“
„Ich hab es dir doch erklärt,“ antwortete Gerrit leise. „Ich fühle mich doch auch nicht so wohl dabei. Aber....es gibt doch wirklich Schlimmeres.“
„Schlimmeres? Gerrit, wie kannst du so was sagen!“, murmelte Lisa und drückte ihren Freund erneut an sich, während er über ihr Haar strich.
„Mach dir doch nicht so viele Sorgen, Lisa. Es wird schwer genug werden, das alles Frau Huber zu erklären. Sie mochte es nicht, dass das Schwert im Zimmer steht....“
„Ich kann es auch nicht leiden,“ murrte Lisa, beruhigte sich dann aber wieder ein wenig. „Aber du passt gut auf dich auf? Du kommst nicht mit noch mehr Schrammen zurück?“
„Ich passe wirklich gut auf mich auf. Und ich werde wahrscheinlich auch nicht dauernd mit Dämonen zu tun haben, so wie Jonas. Es geht doch nur um diesen einen über der Kirche....,“ versuchte Gerrit seine Freundin ein wenig zu trösten, auch wenn er wusste, dass sich die Dämonenjagd vielleicht nicht auf Dauer aus seinem Leben heraus halten lassen würde.
Lächelnd fügte er hinzu: „Komm schon, Lisa. Nur diesen einen klitzekleinen Dämon über der Kirche....mit dem ist doch schon mal jemand fertig geworden....“
„Nun, so ungefährlich ist der ja doch nicht,“ stellte Lisa fest und drückte Gerrit erneut einen Kuss auf die Lippen, den er gerne erwiderte.
Stefan stand im Garten des alten, ein wenig außerhalb liegenden Hauses und betrachtete es eingehend.
Es bestand aus drei Etagen und über jedem Stockwerk wand sich dicht über den Fenstern eine steinerne, ungefähr einen halben Meter breite Schlange um das komplette Haus herum. Die Münder der steinernen Tiere trafen sich in der Mitte und Stefan erkannte angewidert eine Reihe messerscharfer, ungefähr fingergroße Zähne.
„Haben Schlangen nicht normalerweise nur zwei Zähne, die in der Mitte liegen? Ekelhaft. Die sehen schon wie Dämonen aus, wenn sie ruhig da im Stein ein gemeißelt sind,“ dachte der Dämonenjäger angewidert.
Er erinnerte sich an das, was die alte Frau ihm gesagt hatte. Stand es nicht zu erwarten, dass sie in dieser und den drei darauf folgenden Nächten zum Leben erwachen und Ausschau nach Opfern halten würden? Die Hausbesitzer waren ja im Urlaub.
„Auf Mallorca. Da wäre ich jetzt auch gerne. Aber ich hab in den Nachrichten gesehen, dass es da auch leicht geschneit haben soll. Die sagten was von einem ungewöhnlich kalten Winter. Bekommen wir eine neue Eiszeit oder was? Irgendwie ist das alles nicht mehr so ganz normal!“
Dunkelheit lag über dem alten Haus, als Stefan erneut den Garten betrat. Seine Schritte knirschten im frisch gefallenen Schnee. Dieses Mal hielt er sein Schwert in der Hand und fragte sich, warum er sich dies überhaupt antat.
„Hat die Frau mir auf den Kopf geschlagen, als ich in ihrem Keller lag? Was ist nur mit mir los? Oder....nein, ich weiß, warum ich es mache....aber es wird nichts nützen....“
Für einen Augenblick fühlte Stefan sich hundeelend, jedoch diese Gedanken verdrängte er so schnell wie möglich wieder.
Statt dessen sah er, dass sich die drei Schlangen langsam bewegten, es schien, als würden sie um das Haus herum kriechen.
„Na also, jetzt werdet ihr wach, ihr Mistviehcher,“ dachte er und trat einen Schritt näher.
Im nächsten Augenblick schnellte eine der Schlangen auf ihn zu und schnappte nach ihm, aber Stefan sprang zur Seite und versetzte der Fleisch gewordenen Riesenschlange einen Schlag mit seinem Schwert.
Ein tiefer Riss zeigte sich an der dunklen Schlangenhaut des Dämons, als der zweite Dämon mit weit aufgerissenem Maul ebenfalls auf ihn zu schnellte. Im letzten Moment gelangt es dem Dämonenjäger, sich zu bücken.
„Die Viecher sind schnell,“ dachte er, als er eine Bewegung an seinem Bein spürte. Die dritte Schlange hatte sich ihm unbemerkt genähert und drohte zu zu schnappen.....
Stefan holte mit seinem Schwert aus und stieß es in das Gesicht des Dämons, der, gemeinsam mit seinen Artgenossen, ein lautes Fauchen ausstieß.
So schnell wie möglich zog Stefan das Schwert aus dem Schlangengesicht, holte aus und im nächsten Augenblick fiel der Kopf der Schlange zu Boden und zerbrach in mehrere Stücke.
„Das war der erste,“ murmelte Stefan, als sich die zweite Schlange vor ihm aufrichtete. Sie reichte hoch hinauf und ihr Kopf schoss mit einem Mal auf ihn zu.
Der Dämonenjäger sprang zur Seite, streifte das Untier jedoch im letzten Moment noch mit seinem Schwert, was zu einem erneuten, wütenden Fauchen führte.
Im nächsten Augenblick spürte er einen brennenden, beißenden Schmerz an seinem rechten Unterarm und das Schwert fiel ihm aus der Hand.....
Die dritte Schlange hatte zugebissen und Blut quoll aus der Bisswunde. Zu seiner Überraschung griffen die Dämonen ihn jedoch nicht an, sondern zogen sich zurück.
„Bald gehörst du uns!“, erklang eine Stimme und er stolperte, als ihn mit einem Mal die Kräfte zu verlassen drohten.
„Was....ist hier los?“, dachte Stefan und packte sein Schwert mit der linken Hand.
Die beiden verbliebenen Schlangen hatten sich mittlerweile wieder um das Haus gewickelt und starrten ihn aus höhnischen, rot leuchtenden Augen an, ehe sie wieder mit dem Stein des Gebäudes verschmolzen.
Marita Bergbaum saß gemeinsam mit Bruno vor dem Fernseher, ohne wirklich auf das Programm zu achten.
„Ein Glück, dass die Jungs mich nicht in eine Heim gesteckt haben. Sicherlich werden sie es aber meiner Tochter erzählen und die wird sich auch noch mal aufregen!“
Bruno nickte. „Ich werde einen meiner Bekannten bitten, die Geschichte mit der Wette im Notfall zu bestätigen. Keine Angst, dich steckt keiner in ein Heim. Da gehörst du doch gar nicht hin. Mir bereitet es viel mehr Sorge, dass die Schlangen diese Nacht erwachen werden. Und wir können nichts dagegen tun.....“
Traurig schüttelte Marita den Kopf. „Nein, wirklich nicht. Ich kann mein Schwert gar nicht mehr richtig halten, ich habe es gestern doch sogar mal versucht. Aber wenn ich es hebe tut mir die Schulter weh und mein Ischias drückt so entsetzlich. Meine Zeit ist wirklich vorbei und dieser Stefan wird sich nicht um den Dämon kümmern. Vielleicht hätten wir ihm doch einfach Geld dafür zahlen sollen. Der Zweck heiligt doch manchmal die Mittel....“
„Ich weiß nicht so recht. Das sollte nicht immer so sein,“ antwortete Bruno und drückte mit einem Mal Maritas Hand. „Du hast schon so vielen Leuten geholfen, sogar ohne dass sie es wussten.....“
„Danke, Bruno. Das brauche ich jetzt. Ein wenig Aufmunterung tut mir gut!“, erwiderte die alte Frau mit einem schwachen Lächeln, als es an der Tür klingelte und sie einen Schlag hörten.
„Das klingt, als sei was vor die Tür gefallen,“ stellte Bruno verwundert fest. „Wer kann das sein? Um diese Zeit? Es ist doch schon fast Mitternacht!“
Marita und Bruno öffneten vorsichtig die Haustür und spähten hinaus in die winterliche Nacht..
Eine Gestalt lag auf den Treppenstufen und versuchte sich aufzurichten, der rechte Arm war blutig....
„Das ist doch dieser....was auch immer!“, stammelte Bruno und packte Stefans gesunden Arm, während Marita sein Schwert an sich nahm.
„Das gibt es gar nicht...warst du bei diesen Schlangen? Hast du sie erledigt?“
„Eine....die beiden anderen leben noch.....“, antwortete Stefan mit belegter Stimme und taumelte, halb auf Bruno gestützt, ins Haus. „Ich wusste nicht, wo ich hin sollte. Auto fahren kann ich so nicht....“
Bruno verfrachtete den „Gast“ auf das Wohnzimmersofa und zog ihm die mit Schneematsch beschmierten Schuhe aus, während Marita ihn traurig ansah. „Diese Schlange hat dich also gebissen und zwei leben noch?“
Stefan nickte und zuckte zusammen, als sein Arm mit einem Mal von einem brennenden Schmerz getroffen wurde.
„Das ist schlecht....,“ sagte die alte Frau. „Diese Dämonen beißen ihre Opfer und am dritten Tag, wenn sie wieder für viele Jahre zu Stein werden, sterben die Betroffenen und verlieren ihre Seelen an die Dämonen....“
„Aber....was...?“, fragte Stefan ernsthaft erschrocken. „Werde ich jetzt auch....?“
Marita Bergbaum nickte traurig. „Ja. Deine Seele kann der Dämon nicht gebrauchen. Das Gift, das du jetzt im Körper hast, versucht alles, um sie passend zu machen, aber die dämonische Energie kann es nicht vertreiben. Deine Seele ist unbrauchbar, aber du wirst es trotzdem nicht überleben......es sei denn, die beiden überlebenden Dämonen werden doch noch besiegt.....dann wird die Wirkung des Giftes aufgehoben und deine dämonische Energie kann die Verletzung heilen....“
„Keine so guten Aussichten,“ stellte Bruno fest. „Da wolltest du einmal das richtige machen und dann endet es so.....“
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...