Stefan stand unsicher vor dem Mehrfamilienhaus und konnte sich nicht wirklich dazu überwinden, hinein zu gehen. Er hatte die junge Frau kurz zuvor beobachtet, als sie mit einer Brötchentüte, den Hausflur betrat und die Tür hinter ihr wieder zu fiel.
Er hatte einfach kommen und sie wieder sehen müssen.
„Michaela....ich hoffe, du rufst nicht sofort die Polizei! Ich will nur mit dir reden!“, dachte Stefan und gab sich einen Ruck. Er hoffte, dass er seine Ex-Freundin, die ihn nun sicherlich abgrundtief hasste, nicht zu Tode erschrecken würde. Er wollte weder dass ihr noch seinem Kind etwas geschah...
Er hatte eine Weile mit sich gerungen, nach Deutschland zurück zu kehren, aber sein neuer Ausweis und seine gefärbten Haare sorgten dafür, dass er hoffentlich halbwegs unerkannt bleiben konnte.
Kurz darauf stand Stefan im Treppenhaus und klingelte an Michaelas Wohnungstür. Er wusste, dass die Begrüßung nun ein wenig unsanft ausfallen würde und es tat ihm leid, aber er wollte verhindern, dass die junge Frau das gesamte Treppenhaus zusammen brüllte.
Eine scheinbar endlose Zeit verging, ehe die Tür geöffnet wurde. Schnell drückte Stefan sie auf und packte Michaela.
Er hielt sie mit einem Arm umklammert und presste seine Hand auf ihren Mund, während er die Tür mit dem Fuß zu stieß.
„Aua,“ entfuhr es ihm, als Michaela einen Finger erwischte und zu biss.
„Lass das. Ich will nur mit dir reden! Gehen wir ins Wohnzimmer....aua!“, klagte Stefan und zog die junge Frau, die einen weiten Pullover über einer blauen Hose trug, ins Wohnzimmer.
Dort ließ er sie los und deutete auf einen Sessel. „Setzen wir uns. Ich will nur mit dir reden und dir ein paar Sachen erklären.“
Michaela schien zu dem Schluss zu kommen, dass es besser für sie war, seinen Anweisungen Folge zu leisten und dies versetzte Stefan einen kleinen Stich, als die junge Frau vor ihm zurück wich und sich in den Sessel setzte.
Sie berührte kurz ihren Bauch und er sah, dass dieser deutlich runder als bei ihrem letzten Treffen war. Es stimmte also wirklich, ein Kind war unterwegs.....
„Sie hat Angst vor mir,“ dachte Stefan bedrückt und wusste, dass sein momentanes Verhalten nicht unbedingt dazu beitrug, ihr diese Angst zu nehmen.
„Kannst du nicht einfach wieder gehen?“, frage Michaela nun zu seiner Bestürzung ängstlich und verunsichert. So kannte er seine Ex-Freundin nicht. Sein Auftritt musste sie wirklich sehr verängstigt haben.
„Keine Angst. Bitte, lass mich dir alles erklären. Ich hab deine Schwester nicht umgebracht....aber ich war wirklich nicht ganz unschuldig an ihrem Tod. Zumindest hätte ich ihn verhindern können. Bitte hör mir zu und ich erzähle dir alles von Anfang an!“
Michaela starrte Stefan mit großen Augen ängstlich an und kauerte sich in ihrem Sessel zusammen.
„Erzähl es mir!“, sagte sie, aber er wusste, dass sie dies nur tat, um ihn zufrieden zu stellen und in der Hoffnung, dass er sie vielleicht in Ruhe lassen würde.
„Ich will dir wirklich nichts tun, Michaela!“, sagte Stefan noch einmal. „Du wirst das, was ich dir jetzt erzähle, wahrscheinlich nicht glauben. Aber ich...jage Dämonen! Bitte sag jetzt noch nichts. Ich weiß, es klingt ziemlich verrückt!“
Michaela wurde blass und Stefan war sich sicher, dass sie nun davon ausging, nicht nur einen gefährlichen, sondern auch noch vollkommen verrückten Verbrecher vor sich zu haben.
„Es stimmt wirklich, Michaela!“, sagte er daher fast schon verzweifelt.
Eine viertel Stunde später hatte Stefan der immer blasser werdenden Michaela seine gesamte Geschichte erzählt. Lediglich seine Verwandlung in einen Teildämon ließ er unerwähnt. Er wollte verhindern, dass sie ihr Baby aufgrund des dämonischen Vaters für ein Monster hielt.
Aber er hatte ihr seinen Anteil am Tod ihrer Schwester gestanden. „Ich hab dabei zugesehen. Aber ich wollte wirklich nicht, dass es so weit kommt. Sie ist unglücklich gestürzt!“
Michaela schwieg weiterhin und starrte vor sich hin, ehe sie den Kopf hob und ihn direkt ansah. Ihre Angst schien zu verschwinden oder stand sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs? „Du bist komplett wahnsinnig! Du gehörst nicht in ein Gefängnis, sondern in eine Irrenanstalt! In eine, wo sie dich nicht mehr raus lassen und dich den ganzen Tag über in eine Zwangsjacke stecken!“
Stefan schüttelte den Kopf, zumindest zeigte sie nun eine Reaktion auf seine Geschichte. „Es stimmt alles! Ich kämpfe gegen Dämonenstatuen! Soll ich vielleicht eine kleine schaffen? Ich könnte einen Dämon in deinen Teddy dort drüben fahren lassen. Oder in die Keramikente auf deinem Fensterbrett! Dann siehst du es und glaubst mir.“
Michaela griff nach dem neuen, hellblauen Teddy, den sie offenbar für ihr Baby gekauft oder geschenkt bekommen hatte und drückte ihn an sich.
Stefan seufzte. „Gut, den Teddy also nicht. Dann nehme ich die Ente. Und dann glaubst du mir hoffentlich!“
„Verschwinde endlich!“, schrie Michaela ihn mit einem Mal an und warf den kleinen Bären nach ihm. „Mach, dass du weg kommst! Ich will dich nicht mehr sehen! Du bist verrückt! Verschwinde! Ich weiß nicht, warum du mir so einen Schwachsinn erzählst. Aber wenn du wirklich was gut machen willst geh zur Polizei und stell dich der ganzen Sache endlich. Mir und meinen Eltern würde es dann besser gehen. Und dem Kind könnte ich wenigstens noch sagen, dass sein Vater noch einen kleinen Rest Anstand hatte!“
Stefan dachte einen Augenblick nach. „Michaela, wenn du das willst, dann rufen wir jetzt sofort die Polizei an und sie sollen vorbei kommen. Sollen sie mich halt in den Knast stecken....aber bitte glaub mir wenigstens und auch, dass ich dich...“
„Sag DAS bloß nicht! Komm mir jetzt nicht mit Liebe!“, fuhr Michaela ihren Ex-Freund an. „Du bist der letzte Mensch auf Erden, von dem ich so was hören will! Und jetzt zeig, was an dir dran ist. Ruf die Polizei an und zeig dich selbst an....“
Stefan nicke und zog sein Handy aus der Tasche. Vielleicht würde sie ihn dann nicht mehr für das schlimmste Geschöpf auf Erden halten und sie konnten irgendwann wieder miteinander reden.....
Gerade wollte er die 110 wählen, als das Telefon zu klingeln begann. Als er die Nummer erkannte, stöhnte Stefan fast schon verzweifelt auf. „Ausgerechnet jetzt!“
Er meldete sich bei dem Anrufer. „Jonas? Das ist schlecht....bin auf dem Weg zur Pol....was? Was willst du? Mit dieser Statue....und Gerrit?“
Stefan hörte eine Weile schweigend zu, ehe er sich zu einer Antwort durch rang. „Was du vorhast ist verrückt.....ich weiß, ich schulde dir noch was....und diese Statue....aber gut, ich hab nichts zu verlieren!“
Letzteres sagte er mit einem Blick auf Michaela und sagte, ehe er das Gespräch beendete: „Ich komme nach Bayern.“
Stefan steckte sein Handy wieder ein, während Michaela sich nach dem kleinen Teddybären bückte und ihn an sich drückte. „Was hast du vor? Wirst du jetzt zur Polizei gehen?“
„Später!“, versprach Stefan. „Wenn ich dann nicht tot bin werde ich zur Polizei gehen. Aber vorher muss ich noch was erledigen!“
Er wollte die Wohnung verlassen, aber Michaela griff überraschend nach seinem Arm. „Ich wusste, dass du das mit der Selbstanzeige nicht ernst gemeint hast! Und erzähl mir jetzt nichts mehr von irgendwelchen Dämonenstatuen!“
„Michaela....ich komme in ein paar Tagen zurück. Und dann gehe ich zur Polizei. Ich werde gar nicht mehr zu dir kommen. Ich weiß, dass du mich nicht sehen willst. Aber die werden dir bestimmt Bescheid geben, wenn ich....im Gefängnis sitze......“, sagte Stefan und schob Michaelas Hand zur Seite.
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Dämonische Statuen - Teil II
Mystery / ThrillerDieses Buch ist der zweite Teil von "Dämonische Statuen". Aufgrund der Länge habe ich die Geschichte in zwei Bände aufgeteilt. Erneut geschieht Unheimliches, die Dämonen sind nicht wirklich verschwunden...