Kapitel 47

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(Łukasz)

"Petersen, guten Tag?" "Ja hallo, es geht um Mia Jansen aus der Klasse 9b. Ich muss sie für unbestimmte Zeit von der Schule abmelden.", sage ich mit zittriger Stimme in den Hörer. "Vielen Dank für diese Information. Wir haben uns schon gewundert. Es ist auch gut, dass sie anrufen. Ich wollte ihnen mitteilen, dass Chloe Händers der Schule verwiesen wurde. Im Namen aller Kollegen wollen wir uns entschuldigen, nicht mitbekommen zu haben, was Chloe alles angestellt hat. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag und Mia gute Besserung. Tschüss." "Tschüss.", erwider ich leise, bevor ich auflege. Gute Besserung, ich weiß ja nicht mal, ob sie überhaupt noch lebt. Nein Lukasz, denk nicht mal dran, daran zu denken. Ihr geht es gut und sie wird bald wieder da sein!

"Łuki, kommst du? Wenn du noch länger wartest, bringt es Mia auch nichts.", holt mich Roman aus meinen Gedanken. "Komme schon.", sage ich leise und ziehe meine Schuhe und meine Jacke an. Dann werfe ich Roman den Autoschlüssel zu. Ich kann beim besten Willen nicht fahren, ich bin froh, wenn ich mich auf den Beinen halten kann. Auf der Fahrt reden wir beide kein Wort. Ich, weil ich schon nicht weiß, was ich nachher sagen soll und Roman sagt nichts, weil er sich auf Fahren konzentriert und vermutlich nichts falsches sagen will. Es dauert durch den Stadtverkehr in Dortmund eine halbe Stunde, bis wir angekommen sind. Mit schweren Schritten näher ich mir der Eingangstür. Bevor ich das Gebäude betrete, legt Roman seine Hand auf meine Schulter. "Du schaffst das. Es ist gar nicht schlimm. Und ich bin bei dir.", sagt er sanft. Ich nicke stumm und gehe hinein. Am Empfang schaut mich eine ältere Frau freundlich an. "Guten Tag, wie kann ich ihnen helfen?", fragt sie und schaut mich an. "Ich...ähm, würde gerne mit Frau Richter sprechen.", sage ich leise. Die ältere Dame tippt kurz etwas in ihren Computer ein, bevor sie wieder zu mir schaut. "Okay, dann bräuchte ich noch ihren Namen und ihren Ausweis bitte. Formalitäten, sie wissen wie nervig es sein kann.", meint sie und bemüht sich um eine lockere Stimmung. Sie sieht wahrscheinlich wie fertig ich bin. "Łukasz Piszczek.", gebe ich meinen Namen an und lege mein Ausweis auf den Tisch. "Okay, Herr Piszczek, Frau Richter finden sie im zweiten Stock, den Gang entlang und die vierte Tür rechts.", meint sie dann und lächelt mich leicht an. Ich bedanke mich mit einem Nicken und gehe dann zusammen mit Roman zu dem Büro von dieser komischen Frau Richter. "Wenn was ist, dann schrei einfach Apfelkuchen. Ich komme dann rein und helfe dir.", sagt Roman und schaut mich liebevoll an. "Warum Apfelkuchen?",frage ich verwirrt. "Ganz einfach. Erstens, rechnet dann keiner damit und zweitens ist Apfelkuchen toll.", grinst er mich an und ich muss kurz lächeln. Das erste Mal seit der Sache mit Mia. "Danke.", hauche ich, bevor ich das Büro von Frau Richter betrete. 

"Guten Tag. Piszczek mein Name. Ich muss mit ihnen reden!", sage ich möglichst freundlich und setze mich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. "Herr Piszczek. Ja, ich wurde bereits informiert. Was kann ich für sie tun?", fragt sie mit einem aufgesetzten Lächeln. "Es geht um Mia Jansen. Ich habe gehört, dass sie vor einiger Zeit hier war und sich informiert hat. Darüber, dass ein anderer ihr Sorgerecht übernehmen soll.", fange ich an. Frau Richter, oder eher Susanne wie es auf ihrem Namensschild steht, tippt etwas in ihren Computer. "Ach ja, die Mia aus Sachsen, im Torgauer Raum. Ja das Sorgerecht tragen ihre Eltern und laut dem Status der mir hier vorliegt, sehen wir auch keinen Grund darin, ihnen das Sorgerecht zu nehmen.", erklärt sie mir. "Sind sie sich da sicher? Sie sollten dort vielleicht mal vorbeischauen und sich ein Bild davon machen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass es ihr dort gut geht. Sonst hätte sie die letzten zwei Monate nicht bei mir gewohnt. Sie ist aus einem Familienurlaub weggelaufen und ihre Eltern meinten nur, dass sie nun nicht mehr zur Familie gehört. Mia wollte, dass jemand anderes das Sorgerecht bekommt und war hier bei ihnen. Ein paar Tage später wird sie von einer männlichen und einer weiblichen Person in ein Auto mit dem Torgauer Kennzeichen, wie ich letztens herausgefunden habe, gezerrt und weg gefahren. Ganz zufällig, nachdem sie bei ihnen war. Haben sie die Eltern informiert?", werde ich langsam lauter. Susanne schaut mich erschrocken an. "Natürlich habe ich Mia ihr verantwortliches Jungendamt informiert, dass sie hier ist. Das ist meine Pflicht. Aber zu ihren Eltern hatte ich keinen Kontakt. Ich werde das weiterleiten und sollten ihre Vermutungen stimmen, werde ich sie informieren.", sagt sie leise und macht sich auf einem Zettel ein paar Notizen. "Kann ich dann das Sorgerecht für sie bekommen?", frage ich gleich hinterher. "Herr Piszczek, so einfach geht das auch wieder nicht. Wir müssen uns erst ein Bild von der Situation machen und können erst dann entscheiden. Haben sie etwas Geduld. Und ich bin ehrlich, sie sehen nicht gerade aus, als könnten sie sich um ein Kind kümmern.", meint sie trocken und scannt mich mit ihrem Blick.
Das hat sie jetzt nicht gesagt? Hat sie das jetzt ernsthaft gesagt? Ich glaube ich habe mich verhört. "Schon mal daran gedacht, dass ich nervlich einfach fertig bin, weil ich nicht weiß wo sie ist oder wie es ihr geht? Das es mir weh tut, nichts machen zu können, weil ich nicht wüsste was? Das ich vor Sorgen nicht schlafen kann? Daran denken sie natürlich nicht. War ja klar, immer geht man nach dem Äußeren, aber wie es in mir aussieht spielt keine Rolle. Schönen Tag noch Frau Richter!", sage ich laut und verlasse, ohne auf eine Reaktion zu warten, das Büro.

Als ich die Tür geschlossen habe, springt Roman sofort von einem der Stühle auf und kommt auf mich zu. "Und?", fragt er vorsichtig. "Das ist doch alles scheiße!", seufze ich, "Ich erzähle es dir im Auto, okay?" Roman nickt und zusammen verlassen wir das Gebäude und fahren nach Hause. Während der Fahrt erzähle ich Roman, was im Büro abging. Er versteht, dass ich mir das nicht gefallen lassen habe. "Aber wirklich Pluspunkte hast du dir dadurch doch trotzdem nicht geholt, wenn ich dass so sagen darf.", meint er vorsichtig. Als ob ich das nicht selbst wüsste. Jetzt bekomme ich sie doch erst Recht nicht wieder, oder?





Ich hoffe das Kapitel gefällt euch und ihr wart am Anfang nicht verwirrt. Das ist Łukasz seine Sicht während den zwei Wochen, bzw. während ein paar Tagen davon. Zu dem Zeitpunkt ist Mia also noch nicht von ihren Eltern abgehauen.
Lasst gerne Feedback da :)
~M💛

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