des Mitbewohners Segen

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"Okay, Kinder! Ruhig! Wir finden Alles wieder!"

Ich wusste ja, dass Kinder anstrengend waren und ich war mir auch im Klaren, dass Kinder nicht wirklich selbst auf ihre Sachen aufpassen konnten.

Was ich aber nicht gedacht hätte, war, dass ich irgendwann total verzweifelt vor einer Truppe kleiner, weinende Menschen stehen würde, aus dem Grund, dass sie nicht alle ihr Sachen fanden.

Ich war wieder verzweifelt. Ich war einfach nur durch mit meinen Nerven, aber das gab ich nicht zu. Das wollte ich nicht zugeben. So war ich nicht.

Ich war eigentlich einfach nur müde und eigentlich hätten wir Morgen auch noch genug Zeit gehabt, um alle Sachen einzupacken, aber so wie Kinder nunmal waren -aufgeregt und voreilig- konnte ich das erstmal vergessen, denn was ich ebenfalls schon gelernt hatte war, dass sie alle keine Ruhe geben würden, ehe nicht alle Sachen da waren.

Nachdem wir dann tatsächlich alles gefunden hatten und sich jeder der Kleinen beruhigt hatte, konnte ich auch endlich mit meinem Programm fortfahren.

Ich berief also die Kinder in die Mensa, in der schon eine große Leinwand aufgebaut war. Wir hatten uns alle gemeinsam für den Film "Goal" entschieden, weil ich den Kindern so eigentlich mit auf den Weg geben wollte, dass sie glücklich sein sollen, mit dem, was sie haben.

Damit, dass sie in einem Verein dieser Art spielen dürfen und damit, dass sie überhaupt Fußball spielen dürfen.

Wie dem auch sei, mitten im Film rief mich Jonas an. Eigentlich wollte ich gar nicht rangehen. Einfach aus Prinzip nicht. Wer auch immer mir den Segen eines Mitbewohners mitgab. - Nein, ich hatte keine Lust darauf, ihm jetzt wieder irgendetwas zu erklären.

Obwohl ich ihm noch etwas schuldig war.

Ich seufzte, stand unmotiviert auf und ging an mein Handy. "Brennt die Bude?" Fragte ich dann mehr oder weniger lustig und hielt mir das Handy ans Ohr.

"Nein, man. Ich hab ein Problem!" Knurrte er dann sogar ein wenig, seufzte laut und frustriert.

Ich seufzte ebenfalls und musste dann aber Schmunzeln. "Was gibt's denn, Kleiner?" 

"Wie funktioniert deine blöde Waschmaschine?" Murmelte er dann leicht peinlich berührt und ich konnte mir sein rotanlaufendes Gesicht förmlich vorstellen.

Das ist also der besagte Segen, den ein Mitbewohner mit sich bringt. Die andauernden, langweiligen Fragen. Ich überlegte kurz, jop. - Gefällt mir.

Dann musste ich, begeistert über meine innere Stimme, selbst anfangen zu lachen. Aber nicht nur ein Wenig, ich hatte praktisch einen Lachflash.

"Dankeschön." Knurrte Jonas dann, aber diesmal ein wenig herzloser und ein wenig berührter.

Ich dagegen fand Jonas mindestens genau so lustig, weshalb ich nach kurzer Beruhigung wieder lachen musste. Ich setzte mich auf den Boden im Flur, weil mich meine Beine nicht mehr tragen konnten und legte meinen Kopf in den Nacken.

"Jonas?" Grummelte ich dann, lächelnd wie ein Honigkuchenpferd und strahlte wie lange nicht mehr.

"Hmmm." Grummelte er dann nur mit seiner tiefen Stimme und hustete dann ein Wenig, was mich wieder zum Lachen brachte.

"Hast du dich gerade wirklich an deiner eigenen Spucke verschluckt?" Ich lachte wieder ein wenig auf und wartete gespannt auf seine Antwort.

Wer kannte es nicht? - man wollte tief und böse grummeln und hatte sich, ehe man sich versah, an seinem Speichel verschluckt. Passierte oft und immer in den ungünstigsten Situationen.

"Kannst du mir jetzt sagen, wie die Waschmaschine funktioniert, oder muss ich das jetzt wirklich googlen?" Überspielte er die kleine Unangenehmlichkeit und brummte dann wieder.

"Hast du den Wasserhahn hinter der Maschine angemacht?" Fragte ich ihn total monoton, um ernst zu wirken.

"Da gibt es einen Hahn?" Argwöhnisch fragte er mich. Schien mir nicht ganz zu glauben, aber ja. Hinter einer Waschmaschine gab es über einen Wasserhahn einen Anschluss zum Wasser. Wer hätte es gedacht.

"Ja, zum Wassersparen, der so." Ich zuckte mit den Schultern, obwohl er es gar nicht sehen konnte.

"Jonas?" Fragte ich dann wieder.

"Leo."

"Ich hab dich vermisst!" - Das war wohl wirklich der Segen eines Mitbewohners.


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