Kompliment an dich

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"Leo, komm." Mats ergriff mein Handgelenk, sah weder mich, noch die anderen an und zog mich vor die Tür. Er drehte mich zu sich, sah mir tief in die Augen und verweilte so. Entweder, er verlor bei meinem Anblick seine Stimme, oder er hatte vergessen, was er machen wollte. Doch dann legte er ohne zu zögern seine Arme um mich und zog mich in eine innige Umarmung, die meinen kompletten Körper durchzog. Sein Kinn legte er auf meine Schulter, atmete total ruhig und ich spürte nur, wie weitere Tränen meine Augen verließen und genoss einfach die Sekunden der Ruhe.

"Du darfst sowas nicht tun. Schon gar nicht für mich." Grummelte er dann an meiner Schulter und ich bekam sofort Gänsehaut, reagierte aber nicht auf seinen Satz, sondern fühlte mich nur wie in Trance.

Ich wusste nichtmal, wieso ich Jeromè geschlagen hatte. Vielleicht war es, damit er endlich seinen verdammten Mund halten würde, oder einfach, weil ich wütend, oder verzweifelt war. Vielleicht tat ich es auch für mich und nicht für Mats. Vielleicht wollte ich endlich etwas mehr Respekt vom Bayern. Oder ich hatte ihn wirklich Mats' wegen geschlagen und wollte es nicht zu geben.

"Du riskierst viel zu viel." Murmelte er dann, nachdem ich immer noch wie erstarrt in seinen Armen lag und keine Ahnung hatte, ob ich etwas sagen sollte, oder ob ich einfach meine Klappe halten sollte, um nicht alles noch schlimmer zu machen.

Doch schließlich schüttelte ich den Kopf. "Was sollte ich denn riskieren?" Fragte ich dann, sah den Dunkelhaarigen ernst an und wirkte plötzlich eher eingeschüchtert, als stark und deshalb sah ich auf den Boden, um nicht in die Augen des Verteidigers sehen zu müssen.

"Dich und deine Art. So wie du bist, so wie du sein willst. Das hier-" er hob mein Kinn an, um mich an zusehen und mir dann mit einem Lächeln den Rest zu geben. "-das bist nicht du."

Doch ich schüttelte wieder nur den Kopf. "Du kennst mich nicht. Du weißt gar nicht wie ich bin und du weißt nicht Wer ich bin. Du bist nur ein Bekannter von hundert." Stellte ich ihn richtig und schlug seine Hand weg. Dann sah ich ihn provokant an, legte den Kopf schief und wartete auf seine Antwort.

"Ich kenn dich gut genug, um sagen zu können, dass du letztes Jahr niemals so ausfällig geworden wärst. Ich kenne dich gut genug, um sagen zu können, dass irgendetwas nicht mit dir stimmt. Du bist krank. Du kannst keine langen Strecken mehr laufen, du atmest schwer, wenn du dich aufregst und du bist in letzter Zeit ziehmlich apathisch." Erklärte er und sah mich gewonnen an.

Ich lachte ironisch auf, wank ab und schüttelte den Kopf. "Natürlich, Mats! Was bist du? Therapeut? Du kannst nicht einfach in mein Leben treten, mir wichtig werden und dich dann einfach verpissen. Du kannst nicht in mein Leben treten, Chaos anrichten und mir dann nicht helfen, aufzuräumen. Du kannst nicht, nachdem du weg warst, zurück in mein Leben treten und so tun, als wäre nie etwas gewesen. So funktioniert das nicht." Empörte ich, immer und immer wieder Kopfschüttelnd. Ich Gestikulierte wild umher, in der Hoffnung, er würde irgendetwas verstehen.

"Ich wollte doch nicht schon wieder mit dir streiten." Seufzte er, ließ von mir ab und verschränkte die Arme vor der Brust. "Ich wollte dir danken, weißt du? Ich hab doch auch keine Ahnung, wieso das hier immer alles so ausartet."

Kompliment an dich. Kompliment an dich, dass du es schaffst, mir in die Augen zusehen, Mats. Kompliment an dich, dass du es immer und immer wieder schaffst, mich innerlich zu zerstören. Kompliment an dich, dass du immernoch so viel in der Hose hast, dass du mir gegenübertreten kannst. Ich könnte es nicht mehr. Schon lang nicht mehr.

Ich nickte nur ironisch. "Natürlich. Wofür wollte sich der Herr denn bedanken, hm?" Zickte ich, einfach, weil mir gerade danach war. Weil ich selbst nichts mehr zu riskieren hatte. Weil ich mittlerweile schon alles verloren hatte. Einschließlich die Liebe meines Lebens.

"Dafür, dass du dich da drin gerade für mich eingesetzt hast. Dafür, dass du da warst, obwohl ich es nie bin. Ich wollte mich bei dir entschuldigen." Murmelte er schüchtern und ließ die Schultern hängen, nachdem nur ein Nicken meinerseits kam.

Und das, das war gerade das größte Kompliment, das mir Mats machen konnte.

"Und Leo, ich werde immer für dich da sein, auch, wenn ich es nicht zeigen kann..." flüsterte er dann, kam auf mich zu und sah mir tief in die Augen. Sie wirkten so verdammt erfüllt, dass sich meine Haare aufstellten und ich lächeln musste.

"Irgendjemand da oben möchte, dass es nicht so endet..." hauchte er mir dann ins Ohr, bevor er mir seine Lippen auf meine Drückte und ein Gefühlschaos in meinem Körper auslöste, das nicht zu beschreiben war.

•••

Ui. Huch.

Es könnte UNS geben, doch es gibt SIE.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt