Das bin ich

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"Okay, Jungs! Wir haben jetzt noch ganze fünfundvierzig Minuten, um zu zeigen, dass wir Deutschland sind. Wir haben jetzt noch ganze fünfundvierzig Minuten Zeit, um zu zeigen, was Deutschland ist und was Deutschland kann. Also geht da zu zehnt raus und schießt Messi in den Himmel!" Jogi Löw war schon wieder der optimistischste Mensch der Welt und seine Euphorie war kaum auszuhalten. "Wir sprechen uns noch, Hummels." Murmelte er dann im Vorbeigehen und verschwand samt alle Spieler.

Nur Mats kam nicht mit. Der Verteidiger seufzte schwer und schloss dann seine Augen. Er lehnte sich gegen die Wand und legte seinen Kopf in den Nacken, um nichts sehen zu müssen. Er atmete immernoch schwer, aber das machte ihm nichts aus.

"Du wolltest wissen, wer ich bin?" Mats sah mich an, musterte mich streng und biss sich dann auf die Unterlippe, weil er zu überlegen schien. Ich sah ihn jedoch nur überfordert an und legte meinen Kopf schief. "Das bin ich-" er zeigte auf sich und seinen Kabinenplatz. "Ein lächerlicher Idiot, auf einer Lächerlichen Bank irgendwo in Barcelona, ohne einen konkreten Grund zu haben, wieso ich eigentlich hier bleiben sollte."

Ich schüttelte darauf nur langsam und überfordert den Kopf, zog meine Augenbrauen tief ins Gesicht und musterte den Verteidiger ebenfalls streng.

"Ich hab es gar nicht verdient hier zu sein. Ich spiele nicht mehr auf dem Niveau, wie vor zwei Jahren und jetzt sitze ich hier mit einer roten Karte und habe keine Ahnung, was ich jetzt mit meinem Leben anfangen sollte. Das Ding ist, es bringt mir nichts mehr hier zu bleiben. Meine Vereinskollegen können mich nicht leiden, meine ehemaligen Vereinskollegen sind alle weg und scheinen mich auch nicht besonders zu mögen und Jogi Löw möchte mir wahrscheinlich demnächst die größte Ansage der Welt machen, also warum  nicht feige den Schwanz einziehen und von hier verpissen, das-"

"Hast du mittlerweile schon viel zu oft gemacht, Mats." Grummelte ich immernoch etwas verletzt, weil er mich so oft hat sitzen lassen und so oft den Schwanz eingezogen hatte, dass es mir langsam aus den Ohren kam. "Komm." Knurrte ich dann, reichte ihm meine Hand, die er, auch mit ein wenig Unmut, annahm. "Ich zeig dir, wer ich bin." Murmelte ich dann und zog ihn hoch.

Zusammen rannten wir die Treppen nach oben, immer noch die Finger miteinander verschränkt, lachend und voller Freude. Einmal fühlte ich den Wind in meinen Haaren und meine Lunge erfreute sich über die frische Luft, die ich ihr zum Atmen schenkte. An der Kabine angekommen, öffnete ich die Tür und sah die Jungs an, die ebenfalls dort standen. Finn war, (wie eigentlich immer), am Kaffeekochen, weshalb ich nur laut rief: "Männer, wir haben Besuch!" Daraufhin drehten sich alle einmal um, begrüßten Mats höflich und drehten sich dann wieder, um weiter zu arbeiten.

Ich dagegen, setzte mich auf meinen Stuhl, drehte diesen etwas runter und dann sah mich Mats fragend an. "Wieso hast du keine Schuhe an?" Fragte dieser dann, lachte leicht und ich schaute unter meinen Tisch, wo meine guten Nikes nicht mehr lagen. Dann seufzte ich, drehte mich, in der Hoffnung, sie wären irgendwo anders und seufzte dann noch einmal.

"Nicht schon wieder..." Grummelte ich, mit dem Gedanken daran, dass Marco diesmal nicht da war, um mir ein neues Paar Schuhe zu borgen. "Ich hab beim Kommentieren nie Schuhe an." Antwortete ich dann aber Schulternzucken und lachte leise auf. "Das bin ich." Zuckte ich wieder mit den Schultern und startete das Mikrophone.

"Und damit auch etwas verspätet von mir, ein wunderschönes Hey Jo, Fußballfreunde! Und willkommen zur zweiten Halbzeit, die wir jetzt hoffentlich rocken werden!" Trällerte ich munter in das Metallstück hinein und drehte mich dann zurück zu Mats, der mich nur scharf ansah und streng musterte.

"Du wolltest auch wissen, wer ich bin." Ich lehnte mich entspannt nach hinten, legte meine Schuhlosen Füße auf den Tisch und sah den Verteidiger an. "Nun, das bin ich..."

Es könnte UNS geben, doch es gibt SIE.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt