19. Boris: Plan

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Ich war zwar überrascht gewesen, als Charlie das Wort an Chad gerichtet hatte, doch nun im Endeffekt war ich echt stolz auf ihn, dass er den Anderen auch mal seine liebe Seite zeigte und helfen wollte, statt andere, vor allem Chad, immer nur böse anzugucken.

Während Austin Chad beruhigte, setzte ich mich von dem Tisch, auf den ich mich gesetzt hatte, um Chad eindringlich anschauen zu können, zurück zu Charlie und umarmte seinen Bizeps, als ich ihm einen Kuss auf die Schulter gab.

„Danke", flüsterte ich leise.

Es bedeutete mir echt viel, dass er akzeptierte wie wichtig mir meine Freundschaften waren und helfen wollte. Ich fand es schon schlimm genug, Jay verloren zu haben. Wir hatten uns zwar nicht lange gekannt, doch ich hatte ihn echt gerne gehabt und ich wollte verhindern, einen meiner anderen Freunde auch noch zu verlieren.

Charlie lächelte mich herzlich an und strich mir in einer liebevollen Geste durch die Haare. „Ich fand deine kleine Rede über Freundschaft sehr bewegend"

Die Augen verdrehend spitzte ich die Lippen, damit er mir einen Kuss gab.

Er kam meiner Aufforderung nach und küsste dann nochmal meine Stirn, als ich meinen Kopf auf seine Schulter lege und seinen Arm umklammert hielt.

Austin war echt gut im Trösten, das musste man ihm lassen. Wenn es darum ging, anderen zu helfen war er ausgezeichnet. Nur sich selbst konnte er nicht helfen. Sich selbst konnte er nicht heilen. Aber dafür hatte er mich, uns, seine Freunde, seine Familie.

Ich bereute es nicht, Chad bedrängt zu haben, mit uns zu reden oder, dass er jetzt weinte. Ich fand das gut. Austin würde es bestimmt um Welten besser gehen, wenn er einmal so ehrlich mit uns wäre wie Chad das eben gewesen war...

„Ich hab schon letzte Nacht darüber nachgedacht, was wir tun können, wegen Dale...", setzte Austin an zu erzählen, als ich gerade aus der Küche kam und Chad dann ein Glas Wasser überreichte.

Er lächelte mich dankbar an.

Oh Gott, mein Süßer. Er sah verweint aus wie ein kleiner Hundewelpe. Ich war kurz davon, ihn zu adoptieren. Aber leider wusste ich nicht, wo ich das zu beantragen hatte, und deshalb ließ ich es sein, setzte mich wieder zu meinem Mann und hörte Austin bei seinen brillanten Überlegungen zu.

„Naja, eine positive Sache an dieser ganzen Scheiße ist ja, dass deine Eltern Dale nichts tun können, solange er noch im Krankenhaus ist. Das heißt, wir müssen was tun bis sie ihn daraus bringen. Im Moment wird sein Körper nur noch durch Maschinen am Leben erhalten. Wenn wir diese abschalten, dann würde die künstliche Atmung aufhören und sein Herz würde langsam stehen bleiben. Er würde ziemlich friedlich sterben. Deine Eltern müssen das nicht unbedingt mitbekommen, wenn wir an den Maschinen herumspielen und es dann so herüberkomme, als hätten die einfach einen Fehler gehabt oder so... Das Hauptproblem ist eigentlich nur, dass wir Dale ja nicht deiner Familie überlassen wollen, was heißt, wir müssen ihn unbemerkt aus dem Krankenhaus schaffen, bevor einer mitbekommt, was wir machen. Am besten wir tun so, als würden wir ihn besuchen wollen und schalten die Maschinen ab. Dann muss jemand die Ärzte ablenken, solange Dale seinen Frieden finden kann und dann tun wir einfach so, als sei einer von uns ein Arzthelfer, der eine Leiche in die Pathologie bringt, aber in Wahrheit müssen wir ihn aus dem Krankenhaus schaffen, am besten dort, wo die Krankenwagen parken und dann kannst du dir aussuchen, was du gerne für ihn möchtest..." Austin strich Chad über den Oberarm, der leicht zu lächeln begann.

„Würdet ihr das echt für mich tun?" Er wirkte gerührt, sah Austin, Charlie und mich fragend an.

Ich nickte. „Natürlich, Chad. Und ich bin mir sicher, Silas und Raphael sind auch dabei, solange es Action gibt. Du kannst auf uns zählen"

Chad sah mich dankbar an, strich sich über die Augen und meinte dann: „Oh man, ich könnte jetzt echt eine Gruppenumarmung vertragen"

Das ließen Austin und ich uns nicht zweimal sagen, wir warfen uns zeitgleich auf Chad, der lachend unter uns begraben wurde. Es war echt spaßig.

Ich merkte erst, dass Charlie gar nicht mitmachte, als wir wieder von Chad herunter gingen, weil er keine Luft mehr bekam und uns neben ihn setzten.

Charlie stand vor uns, sah auf uns herunter. „Ihr verhaltet euch wie Kinder", stellte er fest.

Dann streckte er die Hand aus. Aber nicht nach mir, sondern nach Chad.

Er sah nervös zu mir. Ich hatte zwar keine Ahnung, was Charlie vorhatte, doch nickte Chad aufmunternd zu.

Er legte vorsichtig seine Hand in Charlies und ließ sich auf die Beine ziehen.

Kurz danach wurde er umarmt. Man sah deutlich, wie Chad zuerst total angespannt war, doch danach seufzend seine Arme um meinen Freund legte und sich deutlich wohler fühlte.

Ach das kannte Ich. Bei Charlie fühlte man sich einfach beschützt.

Nach kurzer Zeit und ein paar super-männlichen Klopfern Charlies auf Chads Rücken, lösten sich die beiden wieder voneinander.

Ich stand auf und schmiegte mich an meinen Mann.

„Er ist toll, stimmt's?", gab ich bei Chad an.

Er lachte leicht und nickte. „Er ist lieber als er oft rüberkommt"

„Und er kann euch hören", setzte Charlie hinzu, verdrehte schmunzelnd die Augen.

Ich kicherte leicht, zog seinen Kopf zu mir runter und streckte mich, nur damit ich ihm einen Kuss auf die Wange geben konnte.

Chad beobachte das lächelnd, Austin auch, aber wo Chad nun irgendwie etwas hoffnungsvoll aussah, hatte Austin nach wie vor diesen traurigen Ausdruck der Leere in den Augen, den er seit Jays Tod mit sich herum trug und der meiner Meinung nach von Tag zu Tag schlimmer wurde. Aber irgendwie hatte ich jetzt schon das Gefühl, dass diese Aktion mit Dale nicht nur Chad wieder etwas auf die Beine bringen würde.

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