94. Boris: Update

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Eigentlich war ich gar kein Tollpatsch. Ich kam oft nur wie einer rüber, weil ich meine Gedanken aussprach, ohne es vorher zu bedenken und mich so das ein oder andere Mal in die Scheiße manövrierte.

Zurzeit hatte ich aber ein Missgeschick nach dem anderen. In unserem Waffenraum wäre mir schon zwei Mal fast eine Axt auf den Kopf gefallen, aber irgendwie hatte diese beiden Male überraschend die Richtung geändert. Als ich letztens in die Küche gegangen war, war einfach der Türrahmen auseinander gebrochen und ich hatte mich beim hindurchlaufen beinahe selbst aufgespießt, aber bevor es hatte dazu kommen können, war das Holz komplett abgebrochen und auf den Boden gefallen, sodass ich einfach nur wie ein Dödel darüber gestolpert war und bitter auf meiner Hand aufgekommen war. Da ich aber - warum auch immer - Charlies Kräfte in mir trug, hatte das kaum wehgetan und ich hatte mich auch nicht verletzt, wie ich es eigentlich hätte sollen.
Im Verkehr war ich auch ein weiteres Mal fast überfahren worden und das, obwohl ich echt aufgepasst hatte und ich war beinahe in der Dusche ausgerutscht und hätte mir dabei bestimmt alles mögliche gebrochen.

Ich würde ja vermuten, das Schicksal hatte es darauf abgesehen, mich zu killen, aber Luzifer meinte ja, sowas gab es nicht wirklich.

Meine Kräfte hatte ich zurzeit wieder so weit im Griff, dass ich zumindest sagen konnte, was Alptraum und was Vision war. Obwohl sich beides ziemlich glich.

Bei allen Anderen schien es gerade ziemlich gut zu laufen.

Silas ging es total gut, seit er sich mit Philipp bei den Jägern eingeschleust hatte. Er wohnte jetzt auch da, aber kam wöchentlich vorbei, um uns zu informieren, oder einfach nachzusehen, dass alles okay war.
Er trug jetzt auch ein Jägertattoo aber Philipp hatte gemeint, Silas hätte eines der seltenen bekommen, das nur die Anführer hatten.

Außerdem vermutete ich, dass Silas Steroide oder sowas einwarf, da er jetzt seltsamerweise einen halben Kopf größer war als ich und auch muskulöser.

Was zur Hölle nahm er da für Zeug?! Was auch immer es war, ich wollte es auch haben!

Ich musste zugeben, mein Cousin war ziemlich heiß geworden. Ob das jetzt an der Größe lag, an den Muskeln oder dem Tattoo, konnte ich nicht sagen.

Ich fand auch, dass er selbstbewusster geworden war und reifer. Aber trotzdem war er noch mein Silas.

Phil erzählte jedes Mal, wenn er hier war, dass seine Mutter meinte, Karen bald freilassen zu würden. Diesen Satz hörten wir jetzt schon seit 3 Monaten und dabei tat sich gar nichts.

Ich war davon überzeugt, Dana verarschte Phil. Karen war mit Sicherheit noch am Leben, aber ich glaubte nicht, dass Dana sie freilassen würde, immerhin war sie ihr bestes Druckmittel, um Phil bei der Stange zu halten.

Raphael führte sein Reich erfolgreich. Er war auch mal zu Besuch hier gewesen, weil sich von uns keiner mehr bei ihm gemeldet hatte. Es ging ihm nicht wirklich besser als am Anfang, aber er schien klarzukommen.

Mara, Alica, Jay und ich hatten kämpfen gelernt. Ich fand, wir waren gar nicht so schlecht, aber im Gegensatz zu Chad sahen wir aus wie Kinder, die versuchten eine Starwars-Kampfszene nachzustellen.

Jeder von uns hatte seine eigene Waffe, mit der er am besten klarkam.

Anfangs hatte Jay mit seinem Bogen gar nichts getroffen und wollte ihn wieder an den Nagel hängen, aber nachdem Chad ihm erklärt hatte, dass der Grund für seine ausbleibenden Treffer die falsche Technik war und er ihm die richtige gezeigt hatte, traf Jay fast immer ins Ziel.

Er trainierte echt viel, vor allem das Schießen, denn er schien Spaß daran gefunden zu haben. Austin sah ihm immer dabei zu, aber meistens bekam Jay das gar nicht mit, weil er da so konzentriert war. Es kam wie Meditation bei ihm gleich. Er brauchte die ruhigen Momente für sich manchmal einfach, sowie wir alle Anderen auch. Ich fand es gut, dass er etwas gefunden hatte, das ihm lag und Spaß machte.

Je mehr wir ihm von früher erzählten, an desto mehr erinnerte er sich. Ich fand, er hatte sich vorher auch schon wie er selbst verhalten, aber nun, da er wusste, wer er war und sich durch unsere Erzählungen besser kennenlernte, sah ich den echten Jay in ihm.

Austin und er schienen auch Fortschritte in der Beziehung zu machen. Hätten sie schon miteinander geschlafen, hätte Austin mir das sicher erzählt, aber sie küssten sich und kuschelten auch oft, nur, wenn Chad es nicht mitbekam.

Ich verstand, dass sie ihm den Anblick ersparen wollten, aber ich fand, dass sie irgendwann anfangen sollten, Chad wie einen Mann zu behandeln und nicht wie ein übersensibles Kind. Denn das war er nicht. Im Gegenteil.

Er dachte zwar, keiner bekam es mit und die Anderen waren auch noch weit davon entfernt, es zu checken, aber ich wusste lange, was da zwischen Luzifer und ihm abging. Spätestens seit die beiden mal gedacht hatten, alleine zu sein und Chad ihn mit „Luzi" gerufen hatte.

Der Satz hatte so ausgesehen. „Luzi, jetzt beweg deinen geilen Arsch ins Bett! Du wirst heute noch gefickt!"

Und ja, genauso hatte Chad das gesagt, ob man es glauben wollte oder nicht.

Ich gab aber nicht zu, dass ich davon wusste, weil ich davon ausging, dass Chad es geheim halten wollte.

Immer wenn „Luzi" nämlich Chads Nähe suchte, wenn wir Anderen dabei waren, wies Chad ihn nicht gerade freundlich ab. Nicht toll von ihm, ich weiß. Vor allem, da ich ja sah, dass Luzifer ziemlich was für Chad übrig hatte. Ich wusste auch, dass er es erwiderte, sonst würde er ihn nicht so ansehen und dabei lächelnd anhimmeln, wenn er dachte, keiner bekam es mit.

Ich war mir sicher, die beiden würden schon noch richtig zueinander finden, denn ich hatte etwas in einer Vision gesehen. Ich konnte nicht genau sagen, was es war. Ich hörte Chad ein „Ich liebe dich" schluchzen und Luzifer eine Entschuldigung hauchen.

Wann das eintreten würde oder worum es ging? Kein Plan.

Dann gab es noch Alica und Amy, die beschlossen hatten, sich, wenn all das hier vorbei war, nie mehr über ihr langweiliges Leben zu beschweren und wohl vorhatten, doch über eine Hochzeit nachzudenken.

Mara war, fand ich, ganz gut über Silas hinweg gekommen, aber so wie sie Chad immer ansah, kein Wunder. Dieses Mädchen hatte es drauf, sich hoffnungslos zu verlieben.

Zu Claire gab es eigentlich nicht viel zu sagen. Sie war halt Claire und hielt sich von Liebe und alledem möglichst weit fern.

Ich hatte mich mittlerweile damit abgefunden, dass ich wieder einsamer Single war. Obwohl die anderen meinten, ich sollte mich wieder auf die Suche begeben, war ich davon nicht so überzeugt. Ich wollte doch gar keinen Anderen als Charlie. Und das, obwohl ich glaubte, ihn nie wieder zu sehen.

Irgendwie wusste ich aber, dass er mich nicht komplett verlassen hatte. Dass er noch da war und auf mich aufpasste. Wie auch immer er das anstellte.

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