108. Raphael: Das Ende (1)

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Ich hörte Schreie, Fauchen, Keuchen, Metall Körper durchbohren, Blut spritzen, Jubel, Verzweiflung.

Ich hatte keine Ahnung, wie die Jäger einfach so hatten eindringen können, doch nun waren sie da, im Hof meines Schlosses und schlachteten meine Leute ab.

Ich war mitten unter ihnen und fand, ich konnte mich ganz gut halten, dafür, dass immer wieder Leichen durch die Luft flogen oder einzelne Körperteile.

Ich war beeindruckt, aber auch geschockt davon, wie stark die Jäger waren. Aber nachdem Silas erzählt hatte, wie normale Menschen modifiziert und genmanipuliert worden waren, wunderte mich gar nichts mehr.

Ich sah uns jetzt schon verlieren, aber da wusste ich noch nicht das, was Claire mir erzählte, als sie bei mir ankam.

Wir kämpften Rücken an Rücken, während sie mir mitteilte, dass vor der Grenze etwa tausend Jäger auf eine Art Kommando warteten.

„Das ist toll", meinte ich gespielt erfreut und kickte einem Angreifer in den Bauch, während ich einen anderen mit den Krallen wegschlug.

„Sie sollen doch so nett sein und warten, bis sie an der Reihe sind. Ich bin gerade ein bisschen..." Ich keuchte mitten im Satz, als irgend soein Gesichtsfurz meinte, mir einen Speer in die Schulter rammen zu müssen, zog ihn raus und steckte ihn dem Täter zwischen die Augen.
„...beschäftigt", vollendete ich meinen Satz danach.

„Das sehe ich", gab Claire zurück.

Es sah genauso aus wie bei ihrem letzten Angriff, nur dass sich jetzt noch Lebende hier befanden, die versuchten zu kämpfen.

Meine Armee war auch schon lange im Einsatz. Da ich nicht die Zeit oder das Talent hatte, ihnen jederzeit individuelle Befehle zuzubrüllen hatte ich ihnen gesagt, sie sollten einfach alles abschlachten, was nicht nach Vampir roch.

Wir waren trotzdem weit in der Unterzahl. Aber obwohl ich wusste, was es für alle hier im Hof anwesenden Vampire -mich eingeschlossen- bedeuten würde, zog ich die Hälfte der unter meiner Kontrolle Stehenden ab und befahl ihnen, an die Grenzen zu gehen und meine Freunde mit ihrem Leben zu verteidigen.

Ich hatte Glück, dass es hier so eng war und ich den Befehl einfach brüllen konnte, sonst hätte das nicht geklappt.

Als sie erstmal weg waren, wurde die Überzahl der Jäger noch deutlicher, aber man sah auch den Boden besser und die ganzen Leichen, mit denen er bedeckt war.

Der Druck des Überhangs an Jägern wurde immer deutlicher, je mehr Vampire sie ausschalteten. Ich wusste nicht mehr, was ich tun konnte, spürte Leute an meinen Gließmaßen herum zerren, ob an Armen oder Beinen, auch Haare waren beliebt.

Ich sah uns verlieren.

Mir schoss der Gedanke in den Kopf, dass ich versuchen konnte, alle auf einmal durch meine Kraft zu beeinflussen und zum Stillstehen zu bringen, aber ich wusste bereits, dass meine Macht irgendwo ihre Grenzen hatte.

Mit Silas wäre das ganz anders. Als ich noch mit ihm verbunden gewesen war, hätte allein der Gedanke, dass ich die Person beeinflussen wollte gereicht, aber so? Entweder Augenkontakt oder Berührungen waren erforderlich.

Schon alleine der Versuch, andere zu beeinflussen scheiterte daran, dass ich keine Verbindung aufbauen konnte. Es war schon schwer genug, die zu den Vampiren zu halten, die mittlerweile Kilometer weit weg waren.

Ich kämpfe mit allem, was ich hatte, aber wusste, es würde niemals genug sein. Sie würden sterben, alle würden sterben. Ich würde Silas nie wieder sehen. Ihm nie wieder sagen, wie sehr ich ihn liebte. Ich konnte einfach nur noch hoffen, dass er lebend hier raus kam.

Only YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt