67. Chad: Gefühlskram

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Es überraschte mich, aber Dale riss sich total zusammen beim Abendessen.

Ich sah ihm oft an, wie er Jeremy angiften oder provozieren wollte, doch er ließ es sein.

Alina war davon begeistert, ihn als Babysitter zu engagieren, zusammen mit Austin. Sie sah die beiden als Dreamteam, während Jeremy da eher skeptisch war. Er schien Dale gegenüber kein gutes Gefühlt zu haben.

Naja, die zwei mussten halt miteinander warm werden.

Nach dem Essen jedenfalls ging Familie 0'Cara wieder.

Beim Abschied bekam Dale sogar ich Küsschen auf die Wange von Alina und er wollte Elijah gar nicht mehr gehen lassen.

Jeremy bekam nicht mal einen Händedruck. Im Gegenteil. Es sah so als, als sei Dale kurz davor, Jer den Kopf einzuschlagen, als Austin ihn umarmte.
Oh man. Eifersucht. War ja klar.

„Puh, ich bin fertig!", meinte Austin, als er die Tür hinter unseren Gästen schloss. „Chad, du darfst gerne abräumen. Danke, dass du es anbietest"

Mir klappte empört der Mund auf, als Austin das einfach so beschloss.
„Danke für das Angebot", meinte ich falsch lächelnd. „...und danke, dass du mir hilfst, Dale"

„Aber ich-"

„Hilf mir!"

Er verdrehte die Augen, warf Austin einen letzten Blick zu, der irgendwie viel zu viel Aussage in sich trug und trottete dann an mir vorbei ins Esszimmer, um schon mal anzufangen.

Ich sah Austin an, er mich.
„Was läuft das jetzt mit dir und Dale?", fragte ich gerade heraus.

Er wurde merklich nervös, steckte die Hände in die Hosentaschen. „Zwischen uns läuft gar nichts. Ich liebe Jay, das bleibt auch so. Dale ist... Er ist nett und ich mag ihn echt gerne... Er tut mir gut. Mehr nicht"

Wir wussten beide, dass er log, aber, da er dabei nicht in erster Linie mich belog, sondern hauptsächlich sich selbst, konnte ich ihm nicht böse sein.

Ich umarmte ihn. „Tu ihm bitte einfach nur nicht weh, okay?", bat ich ihn leise.

Ich spürte sein Nicken. „Das ist das Letzte, was ich will", versicherte er mir ebenso leise.

Wir lösten uns voneinander und ich ging meinem Auftrag, den Tisch abzuräumen, nach.

Mara und Alica saßen auf dem Sofa und schauten Fern, während Boris und Silas bereits oben waren und Dale schnell den Tisch abräumte, so als hätte er danach noch etwas zu tun, auf das er sich total freute.

Es passte nicht alles in die mehr als überfüllte Spülmaschine, weshalb er mit dem Abwasch begann und ich ihm half, indem ich abtrocknete und aufräumte, was er abgespült hatte.

„Ich hab dich noch nie so unfreundlich erlebt wie gerade zu Jeremy", begann in ein Gespräch.

Dale schnaubte. „Sorry, aber für mich ist er der Typ, der Austin umgebracht hat und dann weggerannt ist wie ein Feigling. Er sollte nichts in unseren Leben zu suchen haben. Seine nette Frau und der süße Kackfratz ändern daran nichts."

„Dir ist aber schon klar, dass Alina damals genauso beteiligt war?", hakte ich nach.

Er zuckte mit den Schultern. „Na und? Sie hatte wenigstens die Eier, die Karten auf den Tisch zu legen. Ihr Mann nicht. Ich muss ihn nur ansehen und würde ihm am liebsten eins über braten..."

Ich konnte nicht glauben, dass mein Bruder so viel Wut auf einen für ihn Fremden haben konnte. Seine Begründungen waren einerseits nachvollziehbar, andererseits erklärte es nur ein gewisses Misstrauen und keine gesamten Hasstiraden.

„Jay konnte seinen Dad auch nicht leiden", meinte ich, um einen Themawechsel einzuleiten und auf das Thema zu kommen, das ich ja noch mit ihm besprechen wollte.

„Das ist schon mal ein Pluspunkt für ihn", meinte Dale unbeeindruckt und schrubbte weiter an den Tellern.

„Wenn du irgendetwas wissen willst, was Austin zu sensibel ist, kannst du mich ruhig fragen. Ich merke ja, wie wichtig dir das Thema ist...", bot ich an.

Dale sah mich überrascht an. „Du weißt auch, wieso?" Fragend zog er eine Augenbraue hoch.

Ich nickte. „Weil du offensichtlich auf Austin stehst und seinen Ex als Konkurrenten siehst..."

„Na so würde ich das jetzt nicht nennen...", meint er etwas verlegen.

Was genau er damit meinte, wollte ich gar nicht so richtig wissen.

„Hast du was dagegen?" Dale klang etwas unsicher, sah mich nur kurz an und tat dann so, als einer seiner Teller total schwer sauber zu bekommen, dabei war er schon lange blitzeblank.

„Wogegen?", wollte ich wissen, nahm ihm den Teller weg und trocknete ihn ab.

„Naja... wenn ich an Männern interessiert wäre. Also ins besondere Austin..."

Ich seufzte schwer. „Dale", begann ich einfühlsam. „Gegen die Tatsache, dass du dich in einen Mann verliebt hast, habe ich nichts. Liebe ist Liebe und das bleibt sie auch, egal unter welchen Geschlechtern. Ich befürchte nur, dass diese Gefühle dich unglücklich machen werden. Zuneigung, Sicherheit, Kraft. Er hat all das nicht mehr Mal für sich selbst. Er braucht Hilfe. Aber nicht von dir als Liebhaber, sondern als platonischer Freund. Und wenn es ihm besser geht und du dich wieder etwas eingelebt hast und ihr immer noch diese Gefühle füreinander habt, dann unterstütze ich das. Aber so wie es jetzt aussieht, habt ihr in meinen Augen keine Chance auf etwas Beständiges."

Dale schluckte hart, sodass sein Adamsapfel einmal auf und ab sprang.

Ich seufzte, als ich seine Verletzung darüber erkannte. Ich hatte ihm nicht wehtun wollen. Manchmal war ich einfach zu ehrlich.

Ich legte das Küchentuch beiseite und drehte mich zu Dale, um ihn zu umarmen. Dabei gab ich ihm einen tröstenden Kuss auf den Kopf.

„Aber vielleicht irre ich mich ja auch... Ich will einfach nur, dass du auf dich aufpasst und dir nichts passiert. Denn ich will nicht einen meiner besten Freunde umbringen müssen, vor allem weil er wohl eher mich killt, bevor ich auf nur die Chance dazu habe und das alles nur, weil er dir wehgetan hat..."

„Austin würde mir niemals wehtun... Er... Er mag mich genauso wie ich ihn, nur ist es für ihn schwerer, sich das einzugestehen"

„Ich weiß", seufzte Ich. „Genau das ist es, was mir Sorge macht."

Mit seinen nassen Händen schob Dale mich leicht von sich, um mich eindringlich ansehen zu können. „Glaub mir, Chad. Austin und ich... Das ist was Besonderes. Ich würde meinen Arsch darauf verwetten, dass aus uns noch ein Traumpaar wird. Mach dir keine Sorgen."

„Wenn du das sagst", murmelte ich wenig überzeugt. Er sah mich fest an und ich musste mich schweren Herzens damit zufrieden geben.

Wir kümmerten uns weiter um den Abwasch und als er damit fertig war, ging ich davon aus, er würde bei mir schlafen, obwohl er die letzten Tage auch in Austins Zimmer geschlafen hatte.

Ich irrte mich.

Als er an Austins Tür anhielt, blieb ich mit ihm stehen und er lächelte mich teils entschuldigend teils vorfreudig an.

„Keine Sorge. Ich werde ihn nicht schwängern, bis er einen Ring am Finger hat", grinste er mir zu, zwinkerte frech und verschwand dann auch schon im Zimmer.

Ich starrte ungläubig auf die Tür.

Dale ging es gut, das bemerkte man. Ich freute mich echt über seine gute Laune.
Aber irgendwie war all das nicht er.

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