84. Jaylin: Verwirrung

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Mit Austin einkaufen zu gehen fühlte sich so gewöhnlich an. Wir konnten uns einbilden, ein normales Paar zu sein, das einen normalen Abend mit normalen Freunden vorbereitete und normale Probleme hatte.

Ich versuchte immer wieder seine Hand zu nehmen und auch festzuhalten. Aber er fand immer eine Möglichkeit, den Körperkontakt zu unterbrechen. Entweder löste er seine Hand aus meiner, um sich durch die Haare zu fahren, er wollte auf etwas zeigen, machte unnötige Gesten, die er normalerweise niemals machen würde oder steckte sie einfach in die Hosentasche.

Zwar hatte er mich gestern geküsst, aber seitdem hatte sich rein gar nichts mehr getan. Im Gegenteil. Er hatte sogar auf dem Sofa in seinem Zimmer geschlafen, während er mir das Bett überlassen hatte. Er hatte mich kein weiteres Mal geküsst oder irgendwie mehr als freundschaftlich berührt.

Wenn er mich ansah, dann erkannte ich nur noch Verwirrung in seinem Blick und wenn er mit oder von mir sprach, dann wusste er nie, wie er mich bezeichnen sollte.

Das alles war schwer für ihn. Schwerer als erwartet. Ich verstand das. Aber ich vermisste auch das bisschen Nähe zu ihm, das ich mir bisher erarbeitet hatte.

Als wir mit unserem Einkauf fertig waren und nachhause liefen, versuchte ich wieder, seine Hand zu halten.

Er seufzte, als das passierte, aber zog seine nicht weg. „Du bist hartnäckig"

Obwohl das nur eine nette Umschreibung für nervtötend war, grinste ich. „Dankeschön"

Das brachte ihn zum Lächeln, er sah zu mir runter und schüttelte den Kopf. „Weißt du, eigentlich bin ich schon ziemlich dämlich, weil ich nichts bemerkt habe. Ich hatte für alles eine Ausrede. Dass du so ähnlich riechst wie Jay, dass du so bist wie er, dass du dieselben Gefühle in mir auslöst, das du beim Singen exakt die gleiche Stimme hast. Ich hab mir all das damit erklärt, dass ich Jay so sehr vermisse und in dir die Chance sehe, ihn zu 'ersetzen'..." Er setze es in Anführungszeichen und schüttelte dann mit dem Kopf. „Ich war ein Idiot. Die Hinweise waren alle da und ich war zu dumm, um sie richtig zu deuten"

„Du bist nicht der einzige, Austin. Alle andern kannten doch mein früheres Ich auch"

„Ja, aber ich kannte dich am besten. Ich habe dich geliebt... ich..." Er schüttelte den Kopf und raufte sich die Haare. „Ich liebe dich immer noch. Aber es ist einfach nicht mehr dasselbe, verstehst du?" Er sah mich verzweifelt an, auch irgendwie entschuldigend.

Ich schluckte. „Was genau meinst du?"

War das jetzt sein Ernst? Er erzählte die ganze Zeit, er konnte seine Gefühle für mich nicht zulassen, weil er seinen Jay so unendlich liebte und nun kam raus, dass ich Jay war und er wollte mich immer noch nicht? Das war ungerecht!

„Früher war es auch alles andere als perfekt mit Jay... Aber es hat gereicht, dass wir einfach uns hatten. Und jetzt, da sehe ich dich an, weiß dass du Jay bist, aber irgendwie halt auch nicht. Ich meine, deine Erinnerungen an den Jungen, den ich geliebt habe, fehlen dir. Du hast keine Ahnung, was ich an dir eigentlich geliebt habe. Was ich vermisse. Es fühlt sich nicht richtig an, dich anzusehen, zu erwarten auch dich zu sehen und dann Chads kleinem Bruder ins Gesicht zu sehen... Das bist einfach nicht du" Das letzte setzte er leiser hinzu.

Ich nickte verstehend, obwohl er mich schon lang nicht mehr ansehen konnte und nahm die Hand aus seiner. „Tut mir leid", murmelte ich dabei.

Nun sah er mich doch an. Verwirrt. „Was denn?"

„Dass ich dich enttäusche"

Sein Blick wurde leidend, er schüttelte den Kopf, wollte etwas sagen, aber ich ließ ihn nicht.
„Du erwartest etwas, das ich nicht bin und dir auch nicht geben kann, weil ich keine Ahnung habe, was es ist. Du willst etwas, aber dass ich hier bin, macht es dir unmöglich darauf zu hoffen, es jemals zurück zu bekommen. Du liebst mich, aber ich habe keine Ahnung, wer ich bin. Ich enttäusche dich. Und das tut mir leid"
Ich sah ihn entschuldigend an, leidend.

Er schüttelte den Kopf erneut und hielt an. Ich tat es ebenfalls.

„Du enttäuschst mich nicht" Als er das sagte, legte er die Hand auf meine Schulter. „Im Grunde bist du ja immer noch mein Jayjay. Ich finde es nur traurig, dass ich unsere Geschichte nicht mehr mit dir teilen kann. Dass du selbst keine Ahnung davon hast, wie wundervoll du bist. Und, dass du mir nicht glauben kannst, wie sehr ich dich liebe"

Seine Hand rutschte zu meiner Wange und ließ seinen Daumen leicht darüber streichen, während er mich aus seinen grünen Augen zugleich traurig, aber auch unglaublich liebevoll ansah.

Ich wusste nicht wirklich, was ich dazu sagen sollte. Ich hatte keine Worte mehr, wir drehten uns nur im Kreis und ich hatte ständig Angst, das Falsche zu tun oder zu sagen und ihn dadurch zu verlieren. Allerdings sah er mich mit einem Ausdruck in den Augen an, der bewies, dass das niemals passieren würde. Dass er nie aufhören würde, mich zu lieben. Und, dass diese Gefühle stark genug waren, alle anderen Hindernisse zu überwinden.

„Gib mir einfach ein bisschen Zeit, mich an die ganze Situation zu gewöhnen, okay? Ich will ja gar nicht ohne dich sein. Es ist einfach nur schwer, mit all dem klar zukommen. Ich brauche nur Zeit..."

Natürlich versicherte ich ihm, sie ihm zu geben. Was blieb mir denn auch anderes übrig? Sollte ich ihm Druck machen, mich zu akzeptieren, ihn zwingen, mich gefälligst zu lieben und mich genauso zu behandeln wie zuvor?

Er erinnerte mich ja nicht mal daran. Es war besser, ihm Zeit zu geben und auch mir selbst.

Vielleicht konnten wir uns einfach neu ineinander verlieben, eine neue gemeinsame Geschichte schreiben, mit einem Happy End und der Gewissheit, dass eine höhere Macht uns zusammen sehen wollte.

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