Dienstag, 14. Mai
Linus war schon vor Stunden aufgewacht, doch erst vor wenigen Minuten aufgestanden. Er hatte seit Tagen nicht mehr geduscht und sein Zimmer seit einer Woche nicht mehr aufgeräumt. Leo und Timo waren vorgestern Abend wieder gefahren. Bereits jetzt dachte er verzweifelt darüber nach, wie er diese Woche überstehen sollte. Ironisch, das wusste er, denn er hatte es noch letzte Woche kaum erwarten können, dass er endlich eine Weile von der Schule loskam. Doch er wusste einfach nicht, was er tun sollte. Er zündete sich einen Joint an. Er schaute auf die Uhr. 12:13 Uhr. Er seufzte und nahm noch einen Zug. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Rollos hochzumachen, weshalb der Raum nur matt beleuchtet war, denn das Licht hatte er auch nicht angeschalten. Hannah und seiner Mutter hatte er erzählt, dass er seine Ruhe zum Lernen bräuchte. Es klingelte an der Tür. Linus nahm noch einen Zug, lehnte seinen Kopf gegen die Wand und versuchte seine erdrückenden Gedanken zu verdrängen. Der Joint verdrängte die Gedanken nicht, doch er konnte sie zumindest etwas schöner erscheinen lassen.
„Linus!", rief Hannah von unten. Linus reagierte nicht. Er hörte seine Schwester von unten Fluchen. Dann hörte er, wie sie die Treppen hochkam und den Flur entlang lief. Es klopfte an der Tür.
„Wenn der jetzt schon wieder pennt...", murmelte sie genervt. „Linus!" Sie klopfte noch einmal fester. Der Braunhaarige warf einen Blick auf die Uhr. 12:15 Uhr. Er seufzte. Wieso vergeht die Zeit so verdammt langsam? Linus sezte sich langsam in Bewegung und öffnete ihr schließlich grinsend die Tür.
„Ja? Ich habe doch gesagt, dass ich lerne."
Hannahs Blick glitt auf den Joint zwischen den Fingern ihres Bruders. Sie verdrehte die Augen.
„Was denn? Wie man Gras anbaut, damit man es sich nicht für fünfzehn Euro das Gramm illegal kaufen muss?"
„Wenn ich es mir selber anbaue ist es auch illegal."
Hannah verdrehte erneut die Augen, dann drehte sie sich um.
„Da ist jemand an der Tür."
„Und?"
Seine Schwester blieb stehen, drehte sich um und blickte ihn genervt an.
„Es ist für dich", sagte sie. „Dieser eine Junge, mit dem du letztens geredet hast, als ich dich abgeholt habe."
„Ruben?" Linus' Augen wurden groß, er huschte hastig den Gang entlang, machte dann jedoch kehrt und lief ins Badezimmer.
Hannah lachte nun.
„Sag ihm, dass ich gleich da bin!"
„Also, wenn du die Mädels auch so lange warten lässt...", kicherte sie und lief die Treppen wieder hinunter.
Linus stellte sich vor den Spiegel, wusch hastig sein Gesicht und roch an sich. Er verzog angewiedert das Gesicht. Er griff nach irgendeiner Deo Dose und sprühte sich ein.
„Ach, fuck!", fluchte er dann, als er merkte, dass es das Deo seiner Schwester war. Er fuhr sich durch die Haare, doch diese sahen noch immer genau so zerzaust aus wie vorher. Er seufzte ergeben und rannte die Treppe hinunter. Im Gang bremste er ab, denn er wollte lässig und cool wirken. Als niemand an der Tür war drehte er um und bemerkte, dass Ruben bereits in der Küchentür stand. Hannah und Ruben, welche die Szene mit angesehen hatten, lachten nun.
„Hauptsache auf cool tun", flüsterte Hannah Ruben zu.
Linus errötete und kam auf Ruben zu, welcher ihn verwirrt anblickte und nach oben schielte.
„Komm ich ungelegen? Hast du Besuch?" Linus blickte den Jüngeren verwirrt an. Dieser grinste nun. „Mädchenbesuch?"
„Er musste sich noch hübsch machen", sagte Hannah und lehnte sich zu Ruben. „Und dann hat er wohl mein Deo genommen." Sie kicherte.
Linus nahm seinen Duft wieder wahr und verzog das Gesicht.
„Was machst du eigentlich hier? Ich meine, cool, dass du da bist-" Er brach ab und kam auf Ruben zu. Er war im Begriff ihn brüderlich zu umarmen, stockte kurz, denn er wollte nicht, dass Ruben merkte, dass Linus schon viel zu lange nicht mehr geduscht hatte, doch dann tat er es einfach.
„Ähm ... wir haben doch gestern geschrieben und was für heute ausgemacht", erinnerte ihn Ruben verlegen. „Ich habe dich vorhin auch nochmal angerufen, aber ... du warst wohl beschäftigt."
Linus dachte zuerst – warum auch immer -, dass Ruben auf Masturbation anspielte, weshalb er hastig antwortete.
„Ja, also, nein. Also, ich meine, ähm, ich habe ... geschlafen." Peinlich berührt kratzte er sich am Nacken.
Ruben lächelte ihn ehrlich an. Es wunderte Linus, denn Ruben sah weder genervt aus, dass er vergessen wurde, noch lachte er ihn aus.
„Kein Ding. Ich weiß ja, dass du immer müde bist." Sein Blick lag während dem Reden auf dem Joint, welcher noch immer in Linus' Hand war und dort langsam abbrannte. Linus schaute auf den Joint und wieder zurück zu Ruben. Gehetzt hielt er ihm die Droge hin.
„Hier, willst du mal? Kannst du haben." Er drängte ihn dem Jüngeren auf, welcher ihn überfordert annahm und entfernte sich.
„Ich gehe kurz duschen, wenn es dich nicht stört, okay?"
Ruben nickte und blickte den Joint in seiner Hand an, als sei es etwas, das er noch nie gesehen hatte.
„Du kannst schon mal in mein- ins Wohnzimmer. Hannah unterhält sich bestimmt gerne mit dir." Linus blickte seine Schwester genervt an. „Die redet sowieso so gerne."
Hannah nahm Ruben mit ins Wohnzimmer und er ging schnell duschen. Fünfzehn Minuten später kam er wieder. Seine Haare sahen immer noch genau so ungemacht und zerzaust aus wie vorher, aber wenigstens roch er jetzt gut.
„...Er hat auch gesagt, dass er lernt. Stattdessen hat er bis zwölf gepennt und sich zugekifft", hörte Linus Hannah mit vorwurfsvoller Stimme erzählen. Er trat ins Wohnzimmer.
„Ich habe mich nicht zugekifft", erwiderte er geladen und schnaubte.
Hannah verzog sich kichernd und ließ die Jungs alleine.
„Sollen wir in dein Zimmer oder so?"
„Ich ... hab ehrlichgesagt überhaupt nicht aufgeräumt."
„Das stört mich nicht."
Linus führte Ruben nervös nach oben in sein Zimmer und begann sofort grob aufzuräumen.
„Das ist mir jetzt echt peinlich", gab Linus zu.
„Das muss dir nicht peinlich sein. Aber wenn du willst können wir auch raus gehen. Heute ist es wenigstens nicht so heiß."
„Echt? Also, ich meine, ja, ich weiß. Ich war heute ja auch schon draußen." Die zwei schauten sich an und lachten leicht. Ruben hielt Linus wieder den Joint hin.
„Oh, ja. Ähm ... tut mir leid, ich wollte dir das jetzt nicht so aufdrängen."
„Kein Problem", sagte Ruben wieder. Linus ließ sich auf sein Bett sinken und seufzte.
„Wir können auch hier bleiben, wenn du willst. Jetzt ist es auch schon egal."
Ruben grinste und stellte seinen Rucksack ab. Er setzte sich stumm neben Linus, welcher ihn nun wieder anblickte.
„Aber wir können natürlich auch raus gehen, wenn du Bock hast!"
Ruben nickte und blickte seinen Nebenmann mit schiefem Lächeln an.
„Ich glaube, ein bisschen Sonne würde dir nicht schaden." Linus blickte auf seine blassen Arme und fühlte, wie sein Gesicht erneut Farbe bekam.
Ruben hatte einen grauen Pulli an, an welchem er nervös herumzupfte, als sie aus der Tür traten.
Schnell waren die Jungs in ein Gespräch vertieft, während sie durch die Straßen schlenderten. Die Anspannung löste sich, die zwei lachten, schubsten sich gegenseitig und hatten Tränen in den Augen vor Lachen.
Als Linus am Abend in sein Zimmer kam blickte er auf die Uhr. 22:11 Uhr. Wieso vergeht die Zeit so verdammt schnell?, dachte er seufzend und ließ sich in sein Bett fallen.
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UPSIDE DOWN :(:
Teen FictionWird überarbeitet ~ And suddenly life flips you upside down, and you find out that this is the right way ~ Linus ist dabei, die zwölfte Klasse zum zweiten Mal zu versauen und somit sein Abitur zu verspielen. Dass seine besten Freunde den Abschluss...