Als sie ihre geschundenen Füsse massierte, hörte sie Stimmen vor ihrem Zelt „Alec... sie badet gerade!" hörte sie die verzweifelte Stimme von Thomas. Aufgeregt blickte sie sich um. Ihr Tuch lag auf dem Stuhl und sie erreichte es nicht ohne aus dem Zuber zu steigen. Bevor sie noch weiter darüber nachdenken konnte, trat Alexander in das Zelt. Isabella machte sich so klein es möglich war und versuchte ihren Bauch unter der Wasseroberfläche zu verstecken. Sie blickte auf und sah ihn an. Er hatte eine enorm einnehmende Aura. Er trug noch den Rüstungspanzer und den Rest seiner Ausrüstung. Die gesamte Rüstung war verklebt mit getrockneten Blutspritzern, sein roter Umgang war zerfetzt und auch sein Gesicht war mit dem Rot des Todes gesprenkelt. Auf der rechten Wange furchte ein tiefer Kratzer und Alexander sah äusserst erschöpft aus. Isabella hatte ihre Hand vor die Lippen geschlagen, da sie nicht mit einem solchen Anblick gerechnet hatte.
„Verzeih mir meine Erscheinung, doch ich wollte dich so schnell, wie es mir möglich war sehen" sagte er liebevoll. Er band seinen Rüstungspanzer los und stellte ihn auf den Stuhl. Den Ringpanzer henkte er über die Stuhllehne. Wenn Alexander dort bleiben würde, würde er ihren Bauch nicht wahrnehmen. Ihre Hoffnung wurde allerdings gleich zu Nichte gemacht, denn als Alexander auch sein Lammellenhemd abgestreift hatte, kam er mit nacktem Oberkörper auf sie zu. Ihr Herz raste und sie war sich nicht sicher, wie sie handeln sollte. Er trat an den Zuber und küsste sie sehnsüchtig auf den Mund und wisperte an ihren Lippen „Du hast mir so gefehlt". Isabella war erstarrt. Er kniete sich neben den Zuber und legte seine Arme auf den Rand „Habe ich dir nicht gefehlt? Du hast noch kein Wort gesprochen seit ich ins Zelt getreten bin" sagte er mit unsicherem Unterton.
„Doch" haspelte Isabella „doch natürlich hast du mir gefehlt... ich war in Sorge" sagte sie aufrichtig. Alexander lächelte nun
„Ich möchte nicht länger... was ich zu sagen versuche... es ist" er liess seinen Blick schweifen und plätscherte mit seinen Fingern im Wasser umher „ich will mich nicht mit dir streiten... mit dir... streiten" seine Worte wurden abgehackter und sein Blick verharrte in der Mitte des Wassers, dann geschah alles sehr schnell. Alexander streckte seine Hand ins Wasser und berührte Isabellas Bauch. In diesem Moment wich alle Farbe aus seinem Gesicht und er blickte sie entgeistert an. Isabella biss sich auf die Unterlippe
„Alexander, ich wollte" begann sie, doch er zog sie schon an einem Arm aus dem Wasser, sodass Isabella entblösst vor ihm stand. Das Wasser rann an ihrem Körper herunter und tropfte in den Zuber. Das Weisse in seinem Gesicht wich nun einem zornigen Rot
„Du wolltest was!" schrie er sie an, dann liess er ihren Arm los, als hätte er sich daran verbrannt und blickte sie angewidert an. Er stolperte rückwärts und packte sich ein Hemd, welches er sich überstreifte. Isabella sprang aus dem Zuber und riss ihr Tuch vom Stuhl
„Alexander... ich weiss, ich hätte es dir früher sagen sollen... aber" sagte sie, während sie sich in ihr Tuch wickelte und auf ihn zu ging „ich wollte es dir heute sagen, doch ich wusste nicht, dass du früher hier sein würdest... bitte Alexander" sagte sie verzweifelt, doch Alexander ging immer weiter von ihr weg und schüttelte ungläubig seinen Kopf
„Nein... wie... arrrrghh!" brüllte er, ging zum Zelteingang und riss ihn auf. Isabella rannte Alexander nach
„Bitte geh jetzt nicht weg!" Sie legte ihre Hände, in einer verzweifelnden Geste, auf seine Brust. Alexander schob sie jedoch sofort von sich weg. Dustin hatte sich verwirrt erhoben und Thomas kam auf sie zu
„Alec" sagte er etwas kleinlaut. Isabella sah Thomas flehend an
„Thomas, er glaubt mir nicht" sagte sie ängstlich. Daraufhin wandte sich Alexander zu Thomas um
„Du hast es gewusst?!" schrie er ihn an und Thomas antwortete kurz mit
„Ja". Alexander holte mit seiner Faust aus und schlug Thomas mitten ins Gesicht. Thomas taumelte nach hinten und spuckte Blut auf den Boden. Isabella schrie auf
„Thomas!" Dustin wollte ihm aufhelfen, doch Thomas hob seine Hand und meinte
„Das hab ich verdient" und blickte zu Alexander.
„Allerdings!" sagte er in mörderischem Ton. Er drehte sich rasch ab und stiess mit jemandem zusammen. Es war die Rothaarige. Erst jetzt fiel Isabella auf, dass sie grölende und singende Soldaten vom Lagerfeuer her hörte und das eine ausgelassene Stimmung herrschte. Alexanders Männer schienen im Lager ein Fest zu veranstalten und dazu gehörten wohl auch die leichten Mädchen des Königs. Die Dirne lachte erfreut und kehlig auf, während sie sich reizvoll über ihren Ausschnitt strich und Alec anhauchte
„Da ist ja mein Prachtmann" gurrte sie, warf ihre schönen roten Haare zurück und bevor sie, Isabella oder Thomas ein weiteres Wort erwidern konnten, packte Alexander das Mädchen grob um ihre Hüften, riss sie an seine Brust und küsste sie leidenschaftlich auf den Mund. Fast so schnell liess er jedoch wieder von ihr ab und stürmte, mit einem letzten gequälten und vor Zorn sprühenden Blick in Isabellas Augen, in die Dunkelheit. Isabella fühlte sich in diesem Moment gefühllos. Sie stolperte zurück ins Zelt. Sie wollte das hämische Grinsen dieser Hure nicht sehen und sie wusste, dass Alexander wohl nicht darüber hinweg kommen würde. Sie glitt auf das Bett. Sie konnte keine Gefühle spüren. In ihr war etwas zerbrochen und dies hatte sie selbst zu verantworten. Sie streifte monoton ihr Nachthemd über und schlüpfte unter die Felle. Vor der Zeltwand hörte sie wie Thomas fluchte, Dustin Anweisungen gab und sich entfernte. Ihre Hände waren eiskalt und ihr Blick hatte sie starr in die Zeltmitte gerichtet. Niemals hätte sie damit gerechnet, dass dieser Abend einer der schlimmsten ihres Lebens werden würde. Natürlich hatte sie erwartet, dass er verstimmt sein würde, wenn sie ihm erst jetzt von der Schwangerschaft berichtete. Sie war aber davon ausgegangen, dass er sich wieder beruhigen würde und froh wäre, dass sie es ihm nun mitgeteilt hatte. Sie fühlte ein Stich in ihrem Herzen und an der Seite ihres Bauches spürte sie nun eine rhythmische Bewegung, die auf und ab ging. Vorsichtig fuhr sie mit ihrer Hand an die Stelle, wo sich das Kind bewegte. Beruhigend versuchte sie über die hektische Stelle zu fahren und begann zu summen. Thomas hatte Recht behalten, Alexander würde ihr dieses Geheimnis niemals verzeihen und zu alledem hatte sie Thomas mithineingezogen und ihn dazu angestiftet für sie seinen besten Freund zu hintergehen. Die frohe Stimmung, dass er erfolgreich aus der Schlacht zurückgekehrt war, war verflogen. Was würde nun mit ihr geschehen? Würde er sie nach Carlisle zurücksenden? Ihr Kind schien sich langsam zu beruhigen. Sie hielt ihre Rundung fest. Die Kerzen im Zelt flackerten unwirklich. Sie wusste nicht was nun geschehen würde. Erneut war sie auf sich allein gestellt. Sie erhob sich, trat zum Tisch und blies eine Kerze nach der anderen aus.
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Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 1
Historical FictionEngland im Umbruch. Der junge König Henry VIII hat nicht das Geschick und das gute Herz seines Vaters geerbt. Er will Krieg und Schottland endlich unter englischer Herrschaft wissen. In diesen Sog gerät der kampferfahrene Alexander de Warenne, Lord...