Kapitel 9.9 - Späte Einsicht

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Sein Blick war unergründlich, aber abgeneigt konnte er nicht sein. Schliesslich sass sie immer noch auf seinem Schoss. Die Rothaarige lachte laut auf und liess ihren Kopf nach hinten sinken. Ihr Lachen perlte über die Menge bis hin zu Isabella, so als würde sie gleich neben den beiden stehen. Die Dirne, sie war während ihres Anfalles nach hinten gelehnt, beugte sich nun nach vorne und Isabella glaubte zu wissen was nun kommen würde. Sie glitt nach oben und ganz nah an Alecs Gesicht. Isabella konnte nicht weiter zu sehen. Hastig wandte sie sich um, rempelte einige Soldaten an und verliess schnellen Schrittes die Halle. Sie wusste nicht wohin sie ihre Füsse trugen, doch dies war nicht von Bedeutung. Sie musste nur so viele Hindernisse zwischen sich und ihn bringen, wie sie konnte. Sie glitt von einem Gang in den nächsten, erreichte die Marmorhalle, rannte zur Eingangstür und verschwand durch diese nach draussen. Tränen brannten in ihren Höhlen und sie stolperte über einige Stufen. Sie konnte ihr Gleichgewicht nicht wiederfinden und fiel auf ihre Knie. Es schüttelte sie am gesamten Körper. Ein Zittern überkam sie und sie konnte sich gerade noch zu den Büschen neigen und erbrach sich in ihnen. Als das Essen des Abendmahls seinen Weg nach draussen gefunden hatte, setzte sie sich zurück und blickte schweratmend in den Sternenhimmel. Durch zusammengebissene Zähne zischte sie zu sich selbst „Du bist selbst schuld!" Sie nahm ihre Hände vors Gesicht und schüttelte unablässig ihren dunklen Schopf. Sie hatte den Antrag verneint, sie hatte ihn verlassen wollen... war es nun so befremdlich, dass er sich zwischen den wohlgeformten Brüsten und Schenkeln dieser rothaarigen Amazone vergraben wollte? Ihr Herz war endgültig verloren. Der Gedanke, er würde sich mit einer anderen vergnügen und sie so zärtlich berühren, wie er es einst bei ihr getan hatte, schnürte ihr die Kehle zu. Aber würde er dies tun? War es sein Wunsch? „Neeiin!" befahl sie sich laut und zwang ihre Hände nach unten. Sie durfte nicht den Verstand verlieren. Sie musste doch an einem Plan arbeiten, damit sie zu ihren Verwandten nach Frankreich gelangen konnte. Sie musste die Zuversicht in den Vordergrund stellen. Eine neue Stärke durchfloss sie. Sollte er doch tun was er wollte, sie würde verbissener als je zuvor an ihrem Plan festhalten! Sie hatte sich schon einmal aus einer noch verzwickteren Lage hinausgewunden und vielleicht spielte ihr Herz nur deshalb verrückt, weil sie hier nur ihn hatte, der einer Familie am nächsten kam. Sie erhob sich und klopfte ihren Mantel aus. Vermutlich war sie nur ein spannendes Abenteuer für diesen englischen Gecken gewesen und nun da er wusste, wer sie war, forderte sein falsches Ehrgefühl, dass er sie ehelichte. Sie bedeutete ihm im Grunde nichts, redete sie sich ein. Sie sollte in ihre Kammer zurückkehren und sich überlegen, wie sie auf den Kontinent gelangen konnte ohne Elaine zu schaden. Die Stimme, die in ihr dagegen rebellierte, kämpfte sie eisern nieder. Sie musste an diese Ansicht glauben, sonst wäre sie verloren. Sie glitt in die Marmorhalle zurück und machte sich auf den Weg durch die Gänge. Sie klammerte sich an diese eben gewonnene Erkenntnis und schlug alle anderen, vernünftigen Gedanken nieder, sie waren falsch! In ihrer Hast, hatte sie nicht bemerkt, wie sie in einem Gang an jemanden vorbei gehuscht war, bis eine Stimme sie anhalten liess
„Es ist ja beinahe unmöglich an dich ran zu kommen Kleine. Du wirst ja bewacht, wie eine... Gefangene" lächelte sie. Isabella blieb stehen und sah die Frau an. „Du bist also die Gespielin von de Warenne, die er in einem Zimmer hier in der Burg versteckt? Ich hab davon gehört... doch glauben wollte ich es nicht". Die Rothaarige verkleinerte den Abstand zwischen ihnen im Gang. „Weisst du, ich war vor dir seine... nun ja Geliebte" säuselte sie und blieb vor Isabella stehen. Isabella presste ihre Lippen aufeinander und reckte ihr Kinn. Sie würde sich nicht die Blösse geben und diesem Weibsbild die Genugtuung verschaffen, indem sie ihr zeigte, dass sie ihre Worte kränkten „Er hat mir alles von dir erzählt meine Liebe" flüsterte sie „alles... schliesslich war er kurz bevor er dich ins Bett geholt hatte, noch bei mir". Diese Auskunft allerdings, liess die starke Fassade von Isabella bröckeln
„Nun war er das? Es interessiert mich allerdings nicht im Geringsten was ein englischer Lord tut oder eben nicht tut" erwiderte sie tapfer. In ihrem Kopf traten jedoch Bilder von dieser rothaarigen Göttin und Alexander auf, wie sie sich liebten und ihre Zuversicht, die sie sich eingeredet hatte, schwand.
„Glaub mir Liebes" sagte sie ziemlich ernst „auch er gehört zu den Männern, die sich holen was sie brauchen. Du kannst ihn zwingen die Ehe einzugehen, doch letztendlich wird er in meine Arme zurückkehren" grinste sie und fügte hinzu „Er ist so ein wunderbarer Liebhaber nicht wahr? So unglaublich zärtlich... und seine wunderschön geformten Muskeln" sagte sie herausfordernd. Isabellas Nasenflügel bebten und die Wut brannte ihr in der Kehle. Die Rothaarige lachte hell auf „Weisst du, was ich am meisten liebe?" sagte sie „Die kleinen dunklen Härchen, die dir den Weg zu seinem Schwanz zeigen" schloss sie. Das hiess gar nichts, viele trugen solche Härchen schoss es Isabella durch den Kopf. Provokativ hob sie eine Augenbraue und wollte sich abwenden, als die Rothaarige zu ihr aufschloss und wisperte „Aber das Beste überhaupt" ihre Augen verzogen sich boshaft „ist die kleine blasse Narbe unter seiner Hüfte, die einer gezeichneten Sonne gleicht". Vor ihrem inneren Auge sah sie die kleine Sonne aufleuchten und sie dachte an die etlichen Male an denen sie mit ihren Lippen darüber gestreift war. Isabella wusste nicht was sie tat, doch schon hatte sie ihre Hand erhoben und der Rothaarigen eine Ohrfeige verpasst. Sie wirkte im ersten Moment erstaunt, doch dann holte sie aus und beide Frauen keilten sich ineinander, zogen sich an den Haaren und zerrissen ihre Kleider. Isabella riss kräftig an der Mähne der Rothaarigen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte sie noch glauben können, dass Alexander nichts mit diesem Weibsbild gehabt hatte. Sie war töricht gewesen gehofft zu haben, dass sie für Alexander mehr war als nur... nur eine lustvolle Ablenkung!
„Halt! Um Himmelswillen!" schrie eine männliche Stimme. Isabella konnte nicht ausmachen, um wen es sich handelte, doch sie spürte einen Arm, der sich um ihre Taille legte und sie von der Rothaarigen wegzog. Sie blies ihre Haare aus dem Gesicht und sah zur Dirne hinüber. Rickard hatte diese in einem starken Griff, denn sie wehrte sich mit Händen und Füssen. Isabella hingegen wehrte sich nicht und versuchte ihre Tränen zu bändigen.
„Isabella zum... was ist los?" fragte Thomas erhitzt, der sie nun da die Gefahr vorüber schien los lies. Sie glättete ihr Kleid, reckte ihren Rücken und sagte
„Das geht nur sie und mich etwas an!" doch sie wartete nicht auf eine Reaktion, sondern sie drehte sich auf dem Absatz um und als sie die Abbiegung passiert hatte, rannte sie in ihr Zimmer. Ihr Herz klopfte und ihr Kopf dröhnte. Er war bei ihr gewesen! Sie hatte seine Sonne gesehen! Sie erreichte ihren Korridor und stürzte auf ihre Gemachstür zu. Hurtig verschloss sie die Riegel, setzte sich an den Frisiertisch und blickte in den Spiegel. Sie hatte einen leichten Kratzer auf der Wange, aber ansonsten war sie nicht verletzt. Nur erschien ihr ihr Gesicht ausgemergelt und sehr weiss. Sie schlug die Hände vors Gesicht und liess den Damm der Tränen brechen. Die Schwangerschaft hatte sie ziemlich weinerlich gemacht und sie konnte nichts dagegen tun. Sie wollte nach Hause, sie wollte das Alec ihr gehörte... sie wollte doch seine Frau werden... Hier war alles kompliziert und sie war einsam. Sie fühlte sich unglücklich, so unglücklich wie sie es seit dem Tod ihrer Eltern nicht mehr gewesen war. Sie streifte das Kleid ab und fuhr über ihren Bauch. Mittlerweile war eine Wölbung zu erkennen und es war nur noch eine Frage der Zeit bis der Bauch noch mehr anschwoll. So hatte sie es sich nicht vorgestellt. Sie hatte gedacht, wenn sie einmal eine Familie gründen würde, dass sie nie glücklicher sein würde, wie in diesem Moment. Sie streifte sich das Nachthemd über und stieg ins Bett. Ihre Schenkel und Füsse waren eiskalt und sie wickelte sich fest in die Decken. Sie war ein dummes Ding gewesen, hatte geträumt, aber die Wahrheit hatte sie in Form dieser Rothaarigen wieder eingeholt. Missmutig bliess sie die Kerze auf ihrem Nachttisch aus. Sie hatte es nicht anders verdient. Anstatt sich auf ihr eigentliches Ziel zu konzentrieren, hatte sie alles nur Erdenkliche falsch gemacht. Wie würde es mit ihr nur weitergehen?



Liebe Leser, bald ist es soweit, nur noch wenige Kapitel trennen uns vom Ende meiner Geschichte, um Isabella und Alec. Ich hoffe ihr geniesst die letzten Kapitel und bleibt mir alle 2019 noch erhalten. Ich gehe im Dezember in die "Weihnachtspause" und melde mich im neuen Jahr wieder. Es würde mich freuen, wenn ihr dann wieder mit dabei sein werdet!
Also mit dem Ende von Band 1 😂🥰 wollte ich noch sagen. "Leider" ist meine Geschichte so lang, dass es zwei Bücher gebraucht hat, ich hoffe dies erschreckt euch nun nicht! Für Fragen bin ich jederzeit da 😊 Liebste Grüsse

Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt