Weihnachten ging vorbei und schon bald darauf reisten Tante Cathy und ihre Familie wieder zurück nach Cornwall. Alexander, Thomas und Edmund führten noch ein Gespräch über die Einladung des Königs. Edmund selbst, als ein Mitglied des kleinen Rates, teilte die Schlussfolgerungen die Thomas und Alec getroffen hatten und zeigte sich besorgt über den Gemütswechsel.
„Am Anfang gab er sich noch den Aufgaben und Zielen seines Vaters hin, doch zunehmend beharrt er auf der Besetzung Schottlands. Ich weiss nur eines, und ich hoffe das bleibt unter uns". Edmund sah beide ernst an. Alexander und Thomas nickten „diesem schottischen Spion ist nicht zu trauen. Zudem hat der junge König grossen Gefallen an gewaltsamen Hinrichtungen und Folterungen gefunden und hält selbst rege Kontakte zu äusserst zwielichtigen Söldnern, die nun einen grossen Teil seiner Garde stellen. Ich denke also nicht, dass du den König am Abschlachten der Schotten hindern kannst". Edmund schwieg kurz und endete dann „Das Parlament und die Räte selbst sind nicht glücklich über diese Entwicklung, aber was können sie schon tun? Schlussendlich sind sie froh, dass ihre Familien sicher sind und wenn der König Schottland erobert hat, hoffen sie, dass sein Hunger damit gestillt sei". Es gab nichts Weiteres zu sagen, sie mussten alle die Ratssitzung abwarten, um mehr von den Plänen des Königs zu erfahren.
Am ersten Neujahrstag hatten Alec und Jackson wieder einen ganzen Tag im Arbeitszimmer verbracht und gearbeitet. Als es Draussen allmählich dunkel wurde, trat Carson in den Raum, verbeugte sich und sagte
„Das Dinner ist serviert Mylord" mit diesen Worten entschwand er wieder aus dem Arbeitszimmer. Die beiden legten ihre Aufzeichnungen und Notizen nieder und traten ins Erdgeschoss. Der Speisetisch war festlich geschmückt und seine Stiefmutter sass am anderen Ende des Tisches, Rickard neben ihr.
„Oh Alexander, wie wundervoll, ihr esst heute mit uns!". Seine Stiefmutter plapperte weiter und Alec sah, wie Rose aus der Küche kam und einen Topf auf den Tisch stellte. Sie sahen sich flüchtig in die Augen und in ihnen lag ein sanfter Blick, nicht wie zuvor der harte abweisende, welchen sie, da war er sicher, nur für ihn bereithielt. „Alexander... Alexander?!" sagte seine Stiefmutter ungeduldig.
„Verzeihung, wie war noch gleich eure Frage Countess?". Etwas beleidigt, weil er ihr nicht zugehört hatte, antwortete sie scharf
„Ich sagte, dass heute eine spezielle Menu Konstellation ansteht und ihr beide" sie blickte Alec und Thomas an „müsst euch daran beteiligen und mir mitteilen, welche Speisen euch schmecken, compris?"
„Natürlich Mutter. Aber erlaubt mir die Frage, wozu den Aufwand?" sagte Alec leicht überrascht und bedeckte seine Beinkleider mit einem Tuch.
„Alexander du weisst, dass ich diesen Ball im Mai plane und nun muss ich die Menus Vorkosten, um mich dann für die besten Speisen entscheiden" sagte Alice abweisend und bestimmt. Jackson setzte sich neben Alec und höflich wie sein Freund war, nahm er das Gespräch mit Alice auf. Das schien seine Stiefmutter zu besänftigen, obwohl Thomas nicht zur Peerage gehörte, doch an diesem Tisch war er der einzige Gast und dieser war besser als Nichts.
„Wo ist Elaine?" fragte Alec stirnrunzelnd. Sein Bruder Rickard antwortete ihm
„Sie fühlt sich nicht besonders, deshalb bleibt sie ihm Bett und Molly wird sie mit Suppe versorgen". Alec fühlte in seinem Inneren einen starken Stich. Elaine. Er hatte sie, ob der Ankunft Jacksons und der neuen Tatsachen vollkommen vergessen. Das schlechte Gewissen machte sich in ihm breit
„Ist sie etwa krank? Müssen wir nach Doktor O'Leary schicken?" sagte Alec, der sich schon halb erhoben hatte. Doch seine Stiefmutter hielt ihn am Unterarm zurück
„Es handelt sich um eine weibliche Angelegenheit Alexander, besser wir lassen sie in Frieden. So nun werden wir essen. Carson bitte den ersten Gang. Ach ich bin äusserst froh, dass wir einen Gast, wie sie hier haben. Wissen sie Mister Jackson, ich werde im Mai eine ganze Ballwoche veranstalten und ich muss mich nun für die verschiedenen Speisen entscheiden. Die Einladungen müssen diese Woche noch verschickt werden und noch eine ganze Liste mit Dingen, die erledigt werden müssen" säuselte seine Stiefmutter, während Alec und Rickard stillschwiegen und Jackson höflichkeitshalber ab und an mit Ja Lady Surrey oder ich verstehe Countess of Surrey antwortete. Sie assen sich durch sieben Gänge und seine Stiefmutter wies die Dienstboten akribisch daraufhin, was zu verbessern sei oder welches Gericht gar nicht in Frage kam zu servieren. Als sie endlich fertig waren, war es zu spät um seiner Schwester noch aufzuwarten und somit zog sich Alec in seine Räumlichkeiten zurück. Er setzte sich in seinen Sessel an das Feuer und goss sich Whisky in ein Glas. Erst hatte er das Klopfen nicht wahrgenommen, da er so in das Flackern des Feuers vertieft war, aber es wurde lauter. Als er die Tür öffnete stand sie vor ihr. Er blickte sie irritiert an. Sie stand vor seiner Tür, dick in einen Mantel gehüllt und hielt eine Kerze nach oben
„Mylord, es tut mir leid für die Störung aber" begann sie, doch Alec zog sie in eine Kammer und schloss die Tür.
„Was zum" wollte er gerade sagen, doch sie unterbrach ihn
„Mylord, lassen sie mich aussprechen. Nun ich weiss, dass es eine ungewöhnliche Stunde ist, in der ich sie aufsuche, doch sie waren seit Weihnachten zu sehr beschäftigt als dass ich sie hätte aufsuchen können. Mylord, es geht um ihre Schwester". Alec wollte sofort intervenieren, doch Rose hielt ihn auf „Nein, es geht ihr gut. Naja den Umständen, aber was ich sagen wollte ist... sie müssen mit ihr sprechen". Alec war ein wenig verwirrt, doch er liess sie weitersprechen. „Ihre Schwester leidet unter dem Streit mit ihnen". Sie machte eine Pause und sah ihn mit warmen und mitfühlenden Augen an „Sie leidet unter ihrem Streit, Mylord und ich denke sie hat nicht den Mut mit ihnen darüber zu sprechen. Sie müssen sich entschuldigen". Alec schnaubte
„Ich muss mich bei ihr Entschuldigen und wie kommen sie darauf?" antwortete er ausweichend.
„Mylord das ist keine Zeit, um über verletzten oder unsinnigen Stolz zu diskutieren" sagte seine Dienstmagd ernst „Sie haben ihre Schwester verletzt mit der Aussage sie hätte ihre Jungfräulichkeit einem daher gelaufenen, wie nannten sie es... ach ja lackaffigen Gentlemen oder Mitgiftjäger geschenkt"
„Sie hat es ihnen erzählt?" meinte Alec verblüfft.
„Ganz genau. Und noch mehr Mylord, ich habe sie dabei ertappt als sie... fliehen wollte" sagte sie etwas verlegen.
„Wie bitte?! Sie wollte fliehen?" rief Alexander, doch seine Dienstbotin hielt ihn in Schacht
„Mylord, bitte versuchen sie Lady Elaines Gedanken nachzuvollziehen. Sie wusste sich nicht anders zu helfen" sagte sie.
„Aber sie hätte sich den Tod da draussen geholt! Sie hätte nicht gewusst wohin!" Alec fühlte, wie sich seine Wut und sein Zorn, vor allem auf sich selbst, vermischten. Hätte er sie doch nur schon früher darauf angesprochen! Sie... seine geliebte Elaine wollte vor ihm fliehen! Was hatte er bloss angerichtet. Die Dienstbotin kam auf ihn zu und stellte sich unmittelbar vor ihn hin
„Mylord" hauchte sie „geben sie sich keine Schuld. Es sind Missverständnisse, die geschehen... und ich war ja da. Ich konnte ihr etwas Trost spenden, nur ist es jetzt ihre Aufgabe Mylord sie daheim wieder ganz willkommen zu heissen und ihr ihre Ängste zu nehmen" wisperte sie. Alec blickte hinunter und sah diese zwei wundervollen Smaragde, die ihn anblickten. Es lag Hoffnung in ihnen und... Vertrauen. Sie verurteilte ihn nicht wegen seines Verhaltens. Er sah sie an und hob seine linke Hand an ihr Gesicht. Er strich mit dem Daumen über ihr Profil. Ihre Haut war so zart und weich, fast hätte er dies vergessen. Er senkte seine Lippen und küsste sie auf ihren Mund. Der Kuss war völlig sanft, nichts von der blossen Wildheit mit der sie sich zuvor geküsst hatten. Es lag etwas Tiefes in diesem Kuss. Als sie sich vom Kuss gelöst hatten, sagte Alec
„Ich werde gleich zu ihr gehen". Alec wollte sogleich los, doch die Dienstmagd hielt ihn zurück
„Mylord, da ist noch etwas...". Alec drehte sich zu ihr um. „Ihre Schwester weiss von... uns im Arbeitszimmer in Cornwall. Sie weiss vermutlich nicht, dass ich diejenige bin, die..." schloss sie verlegen. Alec betrachtete sie und sagte
„Ich werde mit ihr darüber sprechen, aber ich denke nicht, dass sie ihren Namen weiss. Und ich will ihn ihr auch nicht verraten, denn ich denke sie sind die einzige Vertraute, die meine Schwester zurzeit hat und ich möchte das nicht zerstören". Er ging zur Tür und machte sich auf den Weg zu Elaines Gemächern.
Elaine war noch wach und liess ihn in ihr Zimmer. Es hatte ihn viel Überwindung gekostet mit seiner kleinen Schwester, die nun eine Frau war, über diese Dinge zu sprechen. Schlussendlich fiel ihm Elaine weinend in die Arme und war darin eingeschlafen.In den folgenden Wochen erarbeiteten Alexander und Jackson einige Strategien, wie man am besten gegen die Schotten vorgehen sollte und welche Angriffstaktik einen Vorteil ergeben würde. Sie sassen Tag und Nacht im Arbeitszimmer, liessen sich nur ab und zu bei weiteren Auswahldinnern seiner Stiefmutter blicken.
Die ganze letzte Nacht waren sie beide wieder im Arbeitszimmer gewesen, hatten Pläne und Skizzen angefertigt und dann eine Pause eingelegt. Jackson wollte sich kurz hinlegen und Alec unternahm einen Ausflug zum Garten seiner Mutter. Jetzt im Februar, als der Schnee sich zurückzog, sah man wieder vereinzelt kleine Knospen, die sich gen Himmel reckten. Nach dem ausgiebigen Spaziergang steuerte er zurück auf das Haus zu. Dichte dunkelgraue Wolken zogen sich über Surrey zusammen und Wind kam auf. Er musste sich einige der Entwürfe noch einmal ansehen, vielleicht gab es noch eine bessere Taktik. Als er ins Zimmer kam, war schon jemand da.
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Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 1
Ficción históricaEngland im Umbruch. Der junge König Henry VIII hat nicht das Geschick und das gute Herz seines Vaters geerbt. Er will Krieg und Schottland endlich unter englischer Herrschaft wissen. In diesen Sog gerät der kampferfahrene Alexander de Warenne, Lord...