Kapitel 7.3 - Peng... Peng...

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Er liess Aracs Zügel locker, der sofort in Galopp verfiel und sie rasch einholte. Als er sie eingeholt hatte, was nicht sonderlich schwierig war, standen sie auf der Lichtung, die Alec ihr zeigen wollte. Er stieg ab und ging auf Ophelias Stute zu.
„Und nun, wie werden wir vorgehen?" fragte sie und schaute zu ihm hinab. Alec hob seine Arme und schloss sie um ihre Taille, damit er sie vom Pferderücken heben konnte. Als er sie sanft auf den Boden stellte, hielt sie noch immer ihre Arme um seinen Hals geschlungen.
„My Lord?" sagte sie leise und sie öffnete eine spurbreit ihre Lippen. Er musste sich eingestehen, dass er keinen Drang verspürte jetzt diese Dame zu küssen. Er vermutete, dass es alleine daran lag, dass er nicht zu ihrem Spielball werden und weiterhin ihren neckischen Gesten folge leisten wollte. Nein, sie sollte ab jetzt nach seinen Regeln spielen. Er nahm sanft ihre Hände von seinem Nacken und küsste beide auf die Finger.
„Miss Brandon nun werde ich ihnen zeigen, wie sie ihren Falken am besten dazu nutzen einen Fasan zu jagen". Alec sah, dass sich in ihrem Gesicht eine Enttäuschung abgezeichnet hatte. Sie war es anscheinend nicht gewohnt, dass man sich nicht nach ihr verzehrte. Alec öffnete den Korb und liess den Falken hinaus. Als er sich zu Ophelia drehte, um ihr den Vogel auf den Arm zu setzen, wich sie zurück.
„Oh nein, mein Kostüm ist viel zu exquisit, um einen solch schmutzigen Vogel zu tragen" erwiderte sie verängstigt. Er hätte es sich denken können, welche feine Dame mochte schon wilde Tiere anfassen? Es war ihnen lieber, wenn sie diese Viecher nur von weitem sahen. Und dies musste sich Alec eingestehen, missfiel ihm zu tiefst. Er wusste nicht, ob er eine Ehe mit einer Frau eingehen wollte, die vielleicht seine Tiere missachtete. Alec sagte nichts und hob den Arm in die Luft, der Greifvogel entfloh und machte sich auf die Jagd. Etwas weiter weg waren vereinzelt Schüsse von den anderen Jagdteilnehmern zu hören. Die Stute von Ophelia schien nicht an eine solche Unruhe gewöhnt zu sein und Alec beschloss die beiden Pferde abseits der Lichtung an einen Baum zu binden, damit die Stute nicht durchging. Ophelia, die ihm etwas verdutzt nachstarrte sagte nichts. Auch sie schien sich unwohl zu fühlen, sie starrte immer wieder in den Wald hinein. Als Alec auf sie zu lief sagte er
„Miss Brandon, sie scheinen mir etwas nervös?" Sie sah ihn kurz an und dann wieder in den Wald
„Ich dachte, ich hätte etwas erspäht". Alec schmunzelte, genau deshalb war er der Meinung das Damen beim Jagen nichts verloren hätten. Sie waren einfach zu ängstlich.
„Ophelia sie brauchen sich doch nicht zu fürchten" als er kurz vor ihr stand, flog der Greifvogel bereits auf sie zu mit einem kleinen Fasan zwischen seinen Greifzehen. Alec pfiff und der Falke liess ihn los. Als er sich auf seinem Arm niederliess fütterte Alec ihn mit einer toten Maus aus seiner Futtertasche.
„Der ist aber recht klein Lord... Alexander" und sie sah ihn bittend an „können wir nicht noch einen grösseren fangen?" Alec steckte den Falken wieder in seinen Korb.
„Sie möchten einen grösseren?" Alec pfiff zwei Mal kurz und einmal lang. Aus dem Nichts erschien am Himmel der majestätische Vogel und kreiste um die Lichtung. Alec liess nun einen langen und tiefen Pfiff ertönen. Der Vogel zog weiter seine Kreise und Alec blickte ins hohe Gras auf der Lichtung. Fast gänzlich auf der anderen Seite, erkannte er eine Bewegung im Gras, dort mussten einige Fasanen sein. Genau im selben Augenblick schoss Esquire kerzengerade nach unten, er hatte sie entdeckt. Seine Flügel lagen längs an seinen Körper gepresst. Er war kurz davor das hohe Gras zu erreichen und einen Fasan zu greifen. Nur noch einige Yard. Er fuhr seine Greiffüsse aus und griff zu.

Peng... Peng...

zwei Schüsse hallten durch die Lichtung.
„Was zum" er dachte jemand hätte auf Esquire geschossen, doch der Vogel erhob sich mit seiner Beute in die Lüfte, als wäre nichts geschehen. Nun ging alles sehr schnell. Ophelia Brandon fing plötzlich an zu schreien. Jetzt erst spürte er einen unglaublichen Schmerz an seinem rechten Oberarm. Er umfasste mit seiner linken Hand die Stelle und sah hinab. Das Blut drückte schon durch den Mantel. Alec presste seine Hand auf die Wunde und drückte zu. Er fluchte. Ophelia Brandon schrie immer noch und Alec sagte unter schmerzverzehrtem Gesicht „Miss Brandon... was... was ist los?" Ophelia Brandon zeigte auf die Stelle, die sie vorhin angestarrt hatte
„Ein maskierter Mann!" Alec drehte sich um. Es war nichts zu sehen. Alec wurde ungehalten, weil sie zu dem Kreischen nun noch weinte. Er bemühte sich Fassung zu bewahren. Allmählich fühlte er sich angeschlagen, er musste sofort zurückreiten.
„Binden sie die Pferde los" verdammt, doch er konnte diesen Fluch gerade noch unterdrücken. Ophelia rannte kreischend zu den Pferden. Ihre Stute stieg und bockte, ihr Zaum riss und sie galoppierte los und die feine Lady hinter her. Alec stöhnte, um Himmelswillen mit was hatte er das verdient! Im Eiltempo kamen James, Philipp und Maximilian über die Lichtung auf ihn zu.
„Alec was ist". James hielt inne und sah, dass er angeschossen wurde. „Wer zum Teufel war das?!" wollte er wissen.
„Ich konnte ihn nicht sehen, aber die kleine Miss meinte ein Maskierter stand dort zwischen den ahhhh" Alec knickte ein „den Bäumen". Philipp stütze ihn, James und Maximilian gingen auf die Stelle zu, die er gezeigt hatte.
„Nichts... er muss weg gerannt sein" sagte Maximilian. James beugte sich nieder und hob etwas auf
„Naja fast nichts... eine Lunte... und hier sind überall Fussspuren und die Äste sind angeknackst. Er muss gewartet haben". Die Jagdteilnehmer hatten mittlerweile aufgehört und kamen aus verschiedenen Richtungen auf sie zu. Maximilian ging über die Lichtung zu seiner Verlobten, die in gebührendem Abstand die Szene beobachtete. Zweifellos hatte er sie dort zurückgelassen, da er nicht wusste was genau er vorfinden würde. Die Ankommenden liessen sich über das Vorkommnis informieren und kamen gemeinsam überein, dass sie den Jagdausflug sofort beenden würden. Alec spürte, wie der Blutverlust langsam an seinen Sinnen zerrte. Philipp und James halfen ihm auf Arac und stiegen dann selbst auf. Alec versuchte so gut es ging bei Bewusstsein zu bleiben und sagte
„James, Philipp... Miss Brandon... ihr Pferd ist durchgegangen und sie ist ihm gefolgt. Ihr müsst sie suchen... bevor sie sich verletzt". James übernahm diese Aufgabe und machte sich sogleich daran ihr zu folgen. Philipp machte sich auf den direkten Weg mit Alec nach Hause und Maximilian kümmerte sich um die Teilnehmer und brachte sie auf einem sicheren Weg zum Haus zurück. Es war ein Kraftakt. Allein mit seinem Willen hielt er sich an seinen Schwarzen gepresst. Er fühlte seine Stärke und die sanften Bewegungen der Muskeln. Er wusste Arac würde ihn nach Hause bringen, darin bestand kein Zweifel.
„Alec... verdammt bleib bei dir... wir sind gleich da" sagte Philipp neben ihm. Nicht lange darauf ritten sie vor den Eingang des Herrenhauses. Alec richtete sich langsam auf, niemand stand im Hof. Er stieg ab, wobei es ihm einen heftigen Stich in die Wunde versetzte und er sein Gesicht schmerzhaft verzog. Philipp kam auf ihn zu und stütze ihn. Die Eingangstür wurde aufgestossen und Jackson kam heraus.
„Ach Alec schon wieder zurück?" doch weiter sprach er nicht. „Verflucht... was ist passiert?" Er kam auf die beiden zu und half Philipp. Oben im dritten Stock in Alecs Gemach schnitten sie seinen Mantel und die Hemden auf, damit die Wunden freigelegt werden konnten. Thomas kannte sich mit Schusswunden aus. In Alecs Regiment fungierte er als erstbehandelnder Arzt. Er hatte sich dieses Wissen mit der Zeit angeeignet, da nicht immer ein Mediziner in den Gefechten dabei war. Er machte sich sehr gut, die Wenigsten starben danach an Wundbrand. Nur die schlimmsten Fälle, welche auch meistens die Ärzte nicht mehr retten konnten, starben ihm weg.

Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt