Philipp stand auf und fragte
„Soll ich nach Doktor O'Leary schicken?" Jackson war damit beschäftigt nach zu sehen, wo ihn überall die Kugeln getroffen hatten. Der Oberarm hatte am meisten abbekommen und auch in der rechten Schulter waren einige Schrottsteine. Thomas sah nicht auf, als er antwortete
„Ja auf jeden Fall, ich denke zwar, dass er das überleben wird, aber zur Sicherheit sollte er kommen... und schicken sie einen Diener mit mehr Wasser und Tüchern hinauf". Philipp verschwand aus dem Zimmer. Für Alec schien es erst eine Minute her zu sein, als Philipp das Gemach verlassen hatte, als es klopfte. Alec war völlig unbekleidet und Jackson schien erst nicht zu reagieren. Er war zu sehr auf die Verletzungen konzentriert und dann antwortete er „Herein". Noch bevor Alec in seinem Delirium überhaupt ein Wort zusammenbrachte, trat jemand ein. Genau das hatte er befürchtet. Das Dienstmädchen trat ein, überladen mit Tüchern und einem Eimer Wasser. Erst jetzt blickte Jackson auf „Rose... darf ich ihnen helfen" als Jackson dann aufstand, um der holden Maid zu helfen, verlor Alec den letzten Schutz und war nun offensichtlich zu sehen. Sie errötete und drehte sich um, er hatte aber gesehen, dass sie ihren Blick über seinen ganzen Körper geworfen hatte, dies erfüllte ihn, trotz der verdammten Schmerzen mit Freude, ja sogar mit Triumph. Endlich begriff Jackson „Och Verzeihung" und er eilte zum Bett und bedeckte Alec. Anstatt aber ein beschämendes Gesicht zu haben, grinste dieser Trottel ihn auch noch an.
„Ich schwöre dir... das erhältst du zurück... gib mir endlich etwas Hartes für meinen Kopf!" Als das Dienstmädchen ihre Sachen abgestellt hatte, ging sie auf den Wagen mit den besten Flaschen Whisky zu. Er folgte ihr mit seinen Augen. Sie goss ein Glas ein und stürzte es selbst hinunter. Alec bemerkte, dass nicht nur er, sondern auch Jackson sie überrascht ansahen, beide sagten aber nichts. Sie füllte das Glas noch einmal und brachte es zum Bett. Diesmal hielt sie es Alec hin, er fand es allerdings etwas amüsanter, wenn sie ihn tränken musste und sah sie auffordernd an. Ohne zu zögern hielt sie das Glas an seine Lippen und er konnte den vertrauten Geschmack wahrnehmen und schlang es hinunter. Er bat sie um noch vier Gläser. Endlich fühlte er den vertrauten warmen Zustand. Die Schmerzen waren nun erträglich. Alec hörte nur noch verschwommen, wie Jackson seiner Dienstmagd Anweisungen gab. Nach einer Weile schob sie ihm ein Stück Leder in den Mund. Nun war es soweit, er würde durch den stechenden Schmerz zurück in die Wirklichkeit kommen. Alec biss fest auf das Leder und Jackson bohrte sich mit einem Messer in seinen rechten Oberarm.
„Ich habs" meinte Jackson nach einer gefühlten Ewigkeit. Er musste die Prozedur an seiner Schulter wiederholen. Alec, der langsam durch die Mischung aus Schmerz und Alkohol auf die Seite knickte, wurde geschüttelt. „Alec verdammt! Hör mir zu! Hat man einmal auf dich geschossen?!" Jackson hielt sein Gesicht und schüttelte ihn, für einen Moment kam er zurück und blickte Jackson direkt in die Augen
„Nein... zweimal".Ω
Seit diesem Moment, als sie von Mister Philipp Beaufort erfahren hatte, dass Alexander de Warenne angeschossen worden war, hatte eine eiskalte Hand fest und stahlhart ihr Herz umklammert. Als sie ihn dann so nackt auf dem Bett liegen sah, wanderten ihre Augen über seinen ganzen Körper. Sie war selbst etwas irritiert über ihre Unerschrockenheit. Sie fühlte, wie ihr die Hitze in den Kopf stieg und sie wandte sich rasch ab. O Dia... Dass die dunklen Augen mit dem grauen Schimmer ihr folgten, spürte sie in ihrem Rücken. Sie fühlte, wie er sie fixierte. Abgesehen davon, dass sie sich schon sehr unwohl fühlte ihn so unbekleidet zu sehen und dazu mit diesem Gefühl ihres Herzens haderte, musste er sie nun auch noch necken, indem ihn ihre Situation belustigte. Dies wusste sie, war ohne Zweifel, die reine Wahrheit. Es gefiel ihm, dass sie errötet war und er kostete jeden Augenblick aus. Thomas Jackson hatte dann endlich eine Decke über den Hünen geworfen und sie so vor weiteren Details geschützt. Als de Warenne dann nach dem Brandwasser verlangte, war sie von den vielen Empfindungen gegenüber dem Engländer überwältigt, dass sie, um ihre Nerven zu beruhigen ein Glas Whisky hinunterstürzte. Sie schloss ihre Augen und fühlte, wie er sich einen Weg durch ihren Körper brannte, bis er in ihrem Magen ankam und sich ein warmes Gefühl ausbreitete. Wundervoll war es... Sie goss ein weiteres Glas ein und trat an de Warennes Bett. Er schmunzelte sie an, doch sie sah, dass ihn dies viel Kraft kostete. Er musste unverschämte Schmerzen haben. Thomas Jackson weihte sie danach ein, wie sie ihm assistieren musste. Nachdem sie oberflächlich alles vom Blut gesäubert hatten, lagen die Schusswunden frei. Thomas war absolut konzentriert. Er war durch seine vielen Erlebnisse gereift. Sie musste sich eingestehen, dass er durchaus reizvoll für sie sein könnte. Bei ihm wäre eine Vermählung, in ihrer jetzigen Situation, vorstellbar. Durch seine Stellung in der Armee von Alexander de Warenne war er ein angesehener Gast in der oberen Klasse. Doch so kalkuliert und berechnend konnte sie nicht sein, oder doch? Aber vielleicht musste sie es sein... de Warenne würde seinen Weg ebenso eigennützig gehen. Als sie de Warenne das Lederstück in den Mund steckte, sah sie, dass er aus seinem Delirium aufwachte und ihm bewusst war, was nun kam. Es lag eine eigenartige Stille im Raum. Thomas sprach auf de Warenne ein und Isabella sorgte dafür, dass das Lederstück in seinem Mund blieb. Er stach mit seinem Messer in die Wunde. Es war ein bedeutungsvolles Messer, sein Vater hatte es ihm übergeben als er beschloss bei Alec zu leben, dies hatte er ihr anvertraut. Sie wusste, dass er mit nichts anderem bei seinem besten Freund die Kugeln entfernen würde. Sie waren schliesslich schon über zehn Jahre befreundet und meisterten jede unbezwingbare Herausforderung. Isabella bemühte sich nicht hin zu sehen, damit sie für de Warenne da sein konnte. Er hatte die Augen zusammengekniffen und biss auf das Lederstück. Doch es kam kein Ton von ihm, er schien die Luft anzuhalten. Als Jackson die Stücke im Oberarm und der Schulter gefunden hatte, wischte er sich den kalten Schweiss von der Stirn.
„Alec wie oft wurde geschossen? Haben mehrere Splitterkugeln deinen Arm getroffen?!" Doch als de Warenne nicht reagierte, nahm Thomas seinen Kopf in die Hände, schüttelte ihn und wiederholte die Worte bis de Warenne antwortete. Isabella flösste ihm nochmals Whisky ein, damit er endlich einschlafen konnte. Isabella zögerte
„Ihm... ich meine, ihm wird nichts geschehen oder Mister Jackson? Ihr habt alle Kugeln gefunden?" Jackson, der sich an der Waschschüssel de Warennes Blut abwischte, nickte und sagte
„Ja Rose... wenn auf ihn wirklich nur zwei Mal geschossen wurde, dann sollte nichts mehr drin sein. Natürlich kann man es bei einem Splittergeschoss nie genau vorhersagen, aber ich weiss aus den Gefechten und durch das Jagen, dass der Streuungsradius ungefähr so aussehen müsste". Isabella liess ihren Blick wieder auf de Warenne sinken. Sie wusste nur allzu genau, dass auch wenn es erst nur eine harmlose Schusswunde war, man nie wusste, welche Splitter noch zurückblieben, die dann tödlich waren. Es klopfte an der Zimmertür. Philipp Beaufort, sein Bruder Maximilian, Doktor O'Leary und James de Ferres betraten das Gemach. Doktor O'Leary unterhielt sich sofort mit Thomas Jackson, der ihm sein Vorgehen schilderte. Philipp und Maximilian Beaufort gossen sich etwas Brandwasser ein. James de Ferres setzte sich an den Bettrand und sah zerknittert aus.
„Alec... was hast du bloss verbrochen, dass man dich ausserhalb des Schlachtfeldes angreift?" Isabella entschied sich leise aus dem Gemach zu schleichen. Sie wollte nicht stören. Unten in der Küche war die Hölle los. Alle waren derart erschüttert, dass auf ein Mitglied der Familie geschossen wurde. Wildeste Spekulationen waren im Gange, aber man war sich in Bezug auf eines einig. Man war überzeugt, dass der Treppensturz von Rickard de Warenne nun doch nicht alleine seinem Alkoholkonsum zu zuschreiben sei. Diese Mordanschläge, wie sie es nannten, auf die de Warennes waren keine Zufälle. Man war überzeugt, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zu ging. Molly schluchzte
„Weisst du meine Liebe... nur wir sind so bestürzt darüber. Ich glaube das ist noch das schlimmere Übel. Ihre Ladyschaft tut es als Jagdunfall ab. Natürlich will sie ihren Gästen nicht den Spass verderben... doch... Rose ich bin überzeugt, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen vor sich geht. Auch wenn es nicht ihre leiblichen Söhne sind... so sorgt man sich doch trotzdem um sie, nicht wahr?!" Sie wischte sich mit einer ihrer massigen Hände über die Augen. Isabella ging auf sie zu
„Ach Molly... ich weiss, dass du sehr viel für die beiden empfindest, als wären sie deine Söhne". Molly zog sie in eine starke Umarmung.
„Die beiden sind mir wirklich so lieb, wie meine Eigenen. Als sie klein waren, haben sie sich oft in die Küche geschlichen und etwas stibitzt. Schätzchen, sie waren so aufmerksam und voller Freude, als ihre Mutter noch lebte... und dann heiratete der Lord diese kalte Statue von einer Frau und so hat sich das einstig freudige Haus in einen trauernden Klos verwandelt!" Molly liess sich auf einen Hocker plumpsen und schnäuzte sich geräuschvoll ihre Nase.
„Bleiben nun die Gäste hier oder reisen sie ab?" fragte Isabella nach einer Weile.
„Es gab einige die gehen wollten, doch die Ladyschaft hat alles daran gesetzt die Gäste zu überreden hier zu bleiben. Und keiner hat sich getraut etwas zu erwidern... Ich habe nur später gehört das Master Rickard seine Stiefmutter auf die Seite genommen hatte und sie zur Rede stellte. Doch sie ging nicht darauf ein, es sei ihr Haus und ihre Festlichkeit... und wenn es ihm nicht gefiele, könne er verschwinden. Rose ich war so erschüttert darüber". Isabella hatte mittlerweile schon genug mit der Ladyschaft des Hauses zu tun gehabt, um sie gut einschätzen zu können. Man musste einige Ämter als Lady erledigen, und so wie es aussah meisterte sie nicht viele dieser Aufgaben gewissenhaft. Was hatte sich der alte Lord damals nur dabei gedacht, als er sie zu seiner zweiten Ehefrau machte? Weiter in ihren Gedanken rätselnd, bereiteten sie das Dinner für den Abend vor, nachdem sich alle ein wenig beruhigt hatten.
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Schottisches Feuer und englische Anmut - Band 1
Fiction HistoriqueEngland im Umbruch. Der junge König Henry VIII hat nicht das Geschick und das gute Herz seines Vaters geerbt. Er will Krieg und Schottland endlich unter englischer Herrschaft wissen. In diesen Sog gerät der kampferfahrene Alexander de Warenne, Lord...