Brüder

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Alles kam viel schneller, als es sollte. Und ich musste zugeben, dass es mich verunsicherte. Ich liebte Henry, keine Frage. Aber es ging alles so rasend schnell. Noch vor zwölf Wochen war alles wir immer. Bis Ally den Unfall hatte. Und jetzt saß ich schon mit Henrys Familie im Garten seiner Eltern und war schwanger.
Seine Familie war toll. Ich hatte sie in den letzten Jahren eigentlich kaum gesehen, aber sie nahmen mich so herzlich in ihrer Runde auf, dass es mir fast unwirklich erschien. Jetzt saß ich zwischen den Cavill Frauen, und es wurde viel gelacht. Henry war gerade dabei, Ally ins Bett zu bringen, wovon sie gar nicht begeistert war. Aber irgendwann war der Punkt erreicht, das sie und zwei ihrer Cousins ins Bett gehörten. So waren jetzt nur noch die drei ältesten Kinder draußen. Und die waren zum Strand gegangen. Henry hatte Claire das Versprechen abgenommen, gut auf ihre Cousine und ihren Cousin aufzupassen und keinen Alkohol zu trinken. Denn ihm war klar, dass sie sich auch mit Ann und ihren Freunden treffen würden. Seine Nichte Madison war gerade 15 geworden und sein Neffe Michael war 13. Und die mussten nicht dazwischen sitzen, wenn Claire und ihre Freunde was tranken.
Die Cavill Brüder, zu denen sich nun auch Henry gesellte, saßen auf dem Rasen, nah am Pool, wo Charlie mittlerweile eine Kiste Bier reingestellt hatte, zum Kühlen. Zwischen ihnen lag überall Spielzeug und ich musste zugeben, das es ein ziemlich lustiges Bild abgab. Ich konnte mich nicht zurückhalten und machte ein Foto von den Fünf.
Henrys Dad hatte es vorgezogen, bei uns zu sitzen und natürlich waren hier das Hauptgespräch, die Cavill Babys. Danielle hatte nur noch zwei Wochen bis zum errechneten Termin und langsam stieg ihre Aufregung. Es war ihr und Simons erstes Kind. Auch für Heather und Charlie war es das erste. Ich beteiligte mich am Gespräch und musste zugeben, dass ich mich wohlfühlte.
Es machte mir Angst, dass bei Henry und mir scheinbar alles so rasend schnell ging, aber ich musste mir eingestehen, dass sich alles richtig anfühlte.
Ein Platschen und das Lachen der Männer riss uns aus unseren Gesprächen und ich sah nur noch, wie Henry mit nassem Shirt aufsprang und seinem Bruder Charlie hinterher rannte. „Jetzt geht das wieder los. Typisch deine Söhne“, vernahm ich Marianne schnunzelnd zu ihrem Mann sagen und wir mussten lachen. Charlie hatte derweil eine Runde im Garten hinter sich, Henry warm ihm dicht auf den Fersen. Er hätte ihn beinahe gehabt, wenn Simon ihn nicht mit einer Wasserbombe, die die Kids wohl vergessen hatten, traf. Henry machte einen Harken und ließ sich auf Simon fallen. Die beiden rauften sich und Charlie fing das Spiel mit Piers an. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis eine wilde Wasserschlacht begann und alle Cavill Söhne triefend nass waren. Letzten Endes war es Henry, der Nick in den Pool warf und selbst hinterher sprang. Dicht gefolgt von den restlichen drei Brüdern. Der Pool war voll und das Bier stand passenderweise zwischen ihnen.
„Manches ändert sich wohl nie, nicht wahr, Marianne?“ rief eine Dame aus dem Fenster des Nachbarhauses. „Du kennst das doch, Agnes. Die Kinder bekommt man nie groß.  Egal wie alt sie sind", gab Henrys Mutter zurück und ihre Nachbarin lachte und wünschte uns noch einen schönen Abend.
„Schönen Abend noch, Mrs. Palmer!“ riefen die Jungs im Chor und wieder hatten sie die Lacher auf ihrer Seite.
Ich liebte es, Henry so losgelöst zu sehen, so natürlich und noch immer das Kind in sich. Ein Kind mit Bierdurst. Alle Fünf waren nicht mehr ganz nüchtern.
Selbst als Claire, Madison und Michael vom Strand zurück kamen, saßen die Männer noch im Pool. Charlie, Simon und Henry sangen mittlerweile ein altes Lied, an dem sie sich wohl gerade erinnerten.
„Du bist peinlich, Dad!“ rief Madison ihrem Vater zu und dieser prostete ihr zu.
Claire lachte, und setzte sich einfach zwischen Henry und Nick. Sie hatte mittlerweile den „meine Eltern sind peinlich" Punkt überwunden und machte nun selbst jeden Quatsch mit.

„Piers, die Kinder wollen nach Hause!“ rief ihn Laura, seine Frau. Piers trank sein Bier aus und erhob sich. „Von wem bekomme ich jetzt trockene Klamotten?“ fragte er als er triefend nass auf der Wiese stand. „Heather, Baby. Kannst du Piers ein paar Sachen von mir geben?“ rief Charlie seiner Verlobten zu. „Faules Pack", lachte diese und ging rein, reichte Piers ein Handtuch und gab ihm trockene Klamotten.
„Wir sollten auch langsam fahren, Nick!“, kam es von Sandra. Dieser sah Henry an. „Wo sind deine Klamotten?“
„Oben im Gästezimmer“, grinste Henry und blieb sitzen.
„Mom lässt mich im Leben nicht so ins Haus.“
„Tja, das ist nicht mein Problem“ grinste Henry.
„Dann zieh ich mich halt hier aus!“ Nick zuckte mit den Schultern und begann sein Shirt auszuziehen und seine Hose aufzuknöpfen. „STOPP! Bist du irre?“ rief Sandra. Ich erbarmte mich lachend und erhob mich. „Ich bring dir was.“ Die Fünf auf einem Haufen waren eine echte Herausforderung  und ich fragte mich, wie Marianne das geschafft hatte.
Ich ging hoch, suchte ein paar trockene Klamotten für Nick und für Henry raus. Handtücher nahm ich auch mit nach unten. Simon und Charlie würden hier übernachten, also hatten die ihre eigenen Sachen dabei. Ich reichte Nick das Handtuch und legte ihm die Sachen hin.
Henry, Charlie, Simon und Claire saßen noch im Pool, stockdunkel wie es war. Und scheinbar hatte Claire ihren Vater überredet, denn auch sie hatte eine Flasche Bier in der Hand und stieß mit ihm an.
„Seit nicht böse, aber ich verschwinde ins Bett. Ich bin wirklich müde,“ entschuldigte ich mich, nachdem Nick und Piers mit ihren Frauen und den Kindern gefahren waren. Nick und Sarah hatten ihre Jungs geweckt und fuhren zu ihrem Ferienhaus. Piers lebte mit seiner Familie hier auf Jersey.
„Schlaf gut“, wünschten mir die übriggebliebenen und ich ging zum Pool, um Claire und Henry gute Nacht zu sagen. Meine Tochter umarmte mich, wobei auch ich nass wurde, und drückte mir einen Kuss auf die Wange. „Nacht, Mama.“
Henry erhob sich und schlang seine Arme um mich. „Ih, du machst mich ganz nass", lachte ich und schon hatte er seine Lippen auf meine gepresst, küsste mich leidenschaftlich. Mir wurde ein bisschen warm und ich bedauerte grad ein wenig, das wir nicht allein waren. Gern hätte ich diesen Kuss vertieft.
„Popcorn!“ riefen Simon und Charlie im Chor und spritzen uns nass. „Nehmt euch ein Zimmer.“ Ich schüttelte lachend den Kopf. „Ihr seid doch alle bekloppt.“
„Schlaf gut. Ich bleib noch ein bisschen hier bei den verrückten", grinste Henry und stahl sich einen weiteren Kuss.
Oben angekommen trocknete ich mich ab und legte mich ins Bett.
Henry kam einige Zeit später ins Zimmer,  versuchte leise zu sein, schlug sich jedoch den Kopf an der Dachschräge ein. „Fuck“, fluchte er leise und ich kicherte. Ich knipste das Licht an und sah, wie Henry sich den Kopf rieb. „Mach doch einfach das Licht an“, schlug ich vor und Henry zog sich ein wenig torkelnd seine Shorts aus. Er hatte eindeutig einen Sitzen. „Wollt dich nicht wecken“, murmelte er und stieg zu mir ins Bett. Ich bekam einen Kuss der nach Bier schmeckte und schon schlief Henry ein. Und schnarchte.

FamilienbandeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt