Ich war früh wach. Im Haus schien noch alles still zu sein. Schlafen konnte ich nicht mehr, also entschied ich mich, mal wieder laufen zu gehen. Smilla neben mir schlief noch den Schlaf der Gerechten. Ich stand leise auf, suchte mir meine Laufsachen zusammen und ging ins Bad. Irgendwie schaffte ich es, sie nicht aufzuwecken. Die Mädchen schliefen auch noch. Nur Mom werkelte schon und er Küche rum. „Schon wach?“ wunderte ich mich. „Du doch auch.“
„Ich konnte nicht mehr schlafen. Ich dachte mir, die Zeit nutze ich mal wieder zum laufen."
„Dann viel Erfolg. Ich muss noch die Torte für Claire fertig machen“, erklärte Mom und ich lächelte. Ich schnappte mir meinen Hund und gemeinsam liefen wir über die Insel. Ich lief meine gewohnte Runde, die ein gutes Training für die Durell Challange war. Dieses Jahr hatte ich sie nicht mitlaufen können, denn die war mit den Dreharbeiten kollidiert. Und abgesehen davon, war Allys Unfall dazwischen gekommen. Kaum zu glauben, das ich vor ein paar Jahren überhaupt nicht gern lief. Aber jetzt war es fast wie Entspannung für mich. So bekam ich den Kopf frei.
Ich lief meine 13 Kilometer, war durchgeschwitzt und kam nach knapp ein einhalb Stunden zurück zum Haus. Ally und Dad waren mittlerweile auch wach und Mom bereitete langsam das Frühstück vor. „Soll ich Claire und Smilla wecken?“ fragte ich sie, als ich mir eine Flasche kaltes Wasser aus dem Kühlschrank nahm. „Nein, nicht nötig. Lass sie ruhig schlafen. Ach Henry“, ich sah sie an. „Smilla soll um zehn Uhr beim Arzt sein. Bringt etwas Zeit mit.“
Ich nickte. „Danke, Mom.“ Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass ich Smilla doch schon bald wecken sollte. Aber zuerst würde ich duschen gehen.
Ich verhielt mich möglichst leise, aber scheinbar nicht leise genug, denn kurz darauf stand Smilla bei mir unter der Dusche. „Guten morgen. Ich wollte dich nicht wecken“, entschuldige ich mich. „Du warst nicht mehr da", beschwerte sie sich und zog eine Schnute. „Ich war laufen. Ich konnte nicht mehr schlafen“, erklärte ich und Smilla schlang die Arme um mich. Eine Weile blieben wir einfach nur so stehen. „Du hast um zehn Uhr einen Termin beim Doc", ließ ich sie wissen. „Mon hat für dich angerufen.“
„Oh, ok. Kommst du mit?“ wollte sie wissen. „Wenn du das möchtest.“ Sie nickte und ich griff nach ihrem Duschgel. Ich wusch ihr sanft den Rücken und streichelte ihre Schultern, die noch immer viel zu verspannt waren. Ich massierte sie etwas und Smilla ließ seufzend den Kopf nach vorn sinken. „Vielleicht solltest du einen Wellness Tag einlegen. Mit Claire oder so. Mit Massagen und allem drum und dran. Ich glaube, das würde die gut tun“, schlug ich vor und hauchte ihr einen Kuss zwischen die Schulterblätter. „Mom kennt hier ganz gute Adressen.“
„Klingt gar nicht übel. Hast du denn gar nichts dagegen, wenn mich ein fremder Mann massiert", fragte sie dann schmunzelnd und drehe sich zu mir. „Wer sagt denn, dass es ein Mann macht", grinste ich uns gab ihr einem Kuss auf den Mund. „Aber solange es dir danach besser geht und der Kerl, falls es einer sein sollte, seine Griffel nur da behält, wo sie hingehört, kann ich damit leben. Ich massiere dich gern, aber ich habe keine Ahnung davon.“ Gab ich zu. Um sie ein bisschen zu verwöhnen würde es reichen, um ihr zu helfen keineswegs.
Wir duschten zu Ende und gingen dann hinunter, um etwas zu frühstücken. Ok, ich frühstückte. Smilla blieb bei Tee, denn sie bekam wieder nichts runter. Das widerstrebte mir ungemein.
Dann fuhren wir los zum Doc und als wir in die Praxis kamen und mir mein alter Schulkamerad die Hand reichte, wunderte ich mich. Die Praxis hatte einst seinem Vater gehört, das wusste ich, aber ich hatte keine Ahnung, dass Steve nun auch Gynäkologe war.
Nachdem Smillas Blutdruck gemessen wurde und ihr etwas Blut abgenommen worden war, nahmen wir im Wartezimmer Platz, wo noch drei Frauen vor uns dran waren. Hier merkte ich wieder, wie klein Jersey war, denn zwei der drei Frauen kannte ich. Da war Mariella, ebenfalls eine ehemalige Mitschülerin und Mrs. Monses, die Verkäuferin vom Supermarkt um die Ecke. Beide verwickelten mich in ein Gespräch, was ich irgendwie verstörend fand. Ich hatte Smilla damals nur ein paar Mal zum Arzt begleitet, aber nie kannte mich jemand. Tja. Hier auf Jersey war das nun mal anders. Smilla wurde aufgerufen und ich wunderte mich ein wenig, dass sie wollte, dass ich sie ins Behandlungszimmer begleitete. Bisher war ich nur beim Ultraschall dabei gewesen. Nun gut. Da waren wir auch kein Paar gewesen.
Steve sprach zuerst mit Smilla. Fragte nach der letzten Periode, vorherige Schwangerschaften et cetera. Ich saß brav daneben udn hielt meinen Mund.
Als er sie dann untersuchte, sah ich mich um Raum um. Ich fand es merkwürdig hier drinnen zu sein und das ausgerechnet Steve meine Freundin untersuchte. Steve und ich waren nie gute Freunde gewesen. Aber wir kannten uns recht gut durch. Und man respektiere sich. „Henry", wand sich dieser nun an mich. „Hm?“ machte ich und widmete ihm meine Aufmerksamkeit. „Hier, sieh hin.“ Oh. Wir waren schon beim Ultraschall angekommen? Ich sah auf den Bildschirm und musste nachfragen, denn ich erkannte nichts. Als ich Smilla früher begleitet hatte, war sie schon viel weiter, und in so einem frühen Stadium der Schwangerschaft hatte ich meine Mädchen nie auf dem Bildschirm gesehen. Ich nahm Smillas Hand, während Steve erklärte. „Das Schwarze hier ist die Fruchthülle“, erklärte er und tippte darauf. „Und das da drinnen, ist der Fötus, und wie ihr sehen könnt, schläft das Herz schon kräftig.“ Wow. Da war es. Da war ein winziger Punkt, der flatterte. „Sie müssten jetzt in der fünften bis sechsten Schwangerschaftswoche sein, kommt das hin?“ fragte Steve und Smilla nickte. „Ja, das kommt gut hin.“ Ich starrte noch immer gebannt auf den Bildschirm auf dem es munter flackerte. Ich war fasziniert und lächelte vor mich hin. „Dein erstes?“ riss mich Steve wieder aus meinen Gedanken. „Äh, nein. Mein drittes“, erklärte ich. „Oh, dann habt ihr bald ein volles Haus, was? Fünf Kinder sind eine Menge.“
Fünf? Wie kam er auf fünf? Ach, er konnte ja nicht wissen, dass Smillas Kinder auch meine waren. Smilla lachte. „Nein, keine fünf. Es ist unser gemeinsames Drittes“, klärte sie ihm lächelnd auf. „Ach so. Entschuldige, ich dachte immer, du wärst schon ne Zeit lang Single, Henry.“
„War ich auch. Es hat ein bisschen gedauert bei uns. Weißt du, wir haben uns gedacht, kriegen wir erst ein paar Kinder, und entscheiden dann, ob wir zusammen sein wollen oder nicht“, zwinkerte ich und Steve lachte. Er druckte das Ultraschallbild aus und drückte es mir in die Hand. Smilla zog sich wieder an und wir setzten uns nochmal ins Büro zusammen. Steve schaute in seine Daten. „Der Eisenwert ist etwas niedrig, das sollte man im Auge behalten. Ihnen könnte etwas schwindelig werden, Smilla. Ansonsten sieht alles gut aus. Wie sieht es mit Übelkeit oder sonstigen Symptomen aus?“
„Es geht“, kam es von Smilla und mir entkam ein „Pft …“ Steve sah mich an. „Naja, sie hat kaum Appetit, kann nur Schokolade und Obst in sich behalten und isst ansonsten den ganzen Tag nichts. Ach, Tee und Wasser bleiben auch drin. Und schwindelig war ihr gestern schon,“ zählte ich auf und ich erkannte ganz genau, das Smilla ihre Augen verdrehte.
Ich verdrehte die Augen. So schlimm war es nun auch nicht. Oder doch? Wenn ich mich an die letzten zwei Wochen erinnerte, hatte ich wirklich nicht viel gegessen. Als ich heute hier in der Praxis auf die Waage musste, hatte ich mich schon gewundert. Das drei einhalb Kilo verschwunden waren.
Der Doc vor mir nickte. „Ich schreibe ihnen etwas gegen die Übelkeit auf. Das nehmen sie drei mal am Tag. Sollte das gar nicht helfen, melden sie sich ruhig“, erzählte der Arzt, den Henry scheinbar schon seit Kindertagen kannte. Er tippte etwas im den Computer ein und fragte mich noch, wie lange ich auf Jersey, beziehungsweise in England bleiben würde. „Eine Woche Jersey. Dann noch weitere drei in London", erklärte ich. Dr. Andrews nickte. Er würde mir einen vorläufigen Mutterpass ausstellen. Den würde ich, wenn ich zurück in Deutschland war, gegen einen deutschen austauschen.
Henry saß neben mir und betrachtete noch immer das Ultraschallbild. Ich nahm es ihm aus der Hand und begutachtete es selbst. „Ey, das is meins“, beschwerte er sich und nahm es mir wieder weg. Ich lachte. Dr. Andrews reichte mir meinen Mutterpass und das Rezept und wir konnten gehen.
Vor der Praxis zog mich Henry unerwartet in seine Arme. Er küsste mich ausgiebig und hielt mir dann nochmal das Ultraschallbild unter die Nase. „Das ist unser Baby, Honey. Unser Baby Cavill“, strahlte er und küsste mich nochmal. Ich hatte ihn lange nicht mehr so strahlen gesehen. „Baby Cavill", schmunzelte ich. „Klingt gar nicht übel. Aber wohl eher Baby Cavill-Steiner.“
„Nein, nein. Ich glaube, das wird ein Cavill Baby", zwinkerte er mir zu und steckte das Bild wieder ein.
Wir fuhren zurück zum Haus seiner Eltern, nachdem Henry kurz bei der Apotheke reingesprungen war, um mein Rezept einzulösen. „Piers und Nicki sind schon da“, erkannte Henry, als er seinen Wagen auf dem Hof seiner Eltern parkte. Wir gingen ins Haus, wo Henry gleich von seinen beiden ältesten Brüdern in Beschlag genommen wurde.
„Und?“ fragte mich Marianne, als ich mich zur ihr in die Küche gesellte. Langsam bekam ich Hunger. „Es ist alles in Ordnung. Und ich hab was gegen die Übelkeit bekommen. Ich hoffe, es wirkt.“
„Das ist schön zu hören. Hast du ein Bild bekommen?“ harkte sie nach und ich lächelte. „Das hat Henry. Ich glaube, das rückt er so schnell nicht wieder raus. Er ist hin und weg.“ Sie verdrehte die Augen und rief nach Henry. Ich schmunzelte, nahm meine Medikamente und biss in einen Apfel. Den hatte ich gestern gut vertragen.
Ich war nicht lang allein in der Küche, denn Henrys Schwägerinnen kamen, um mich zu begrüßen. Ich hatte sie schon sehr lange nicht mehr gesehen. Sie begrüßten mich herzlich und ich hatte von Anfang an das Gefühl, Teil dieser Familie zu sein.
Nach und Nach trudelte der Rest der Familie ein. Zu gute Letzt Heather und Charlie, die ganz aus Canada gekommen waren. Und sie alle waren da, um mit meiner Tochter Geburtstag zu feiern.
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Familienbande
FanfictionHenry Cavill ist einer der begehrtesten Schauspieler und Junggesellen. Doch das er zwei Töchter hat, weiß kaum jemand.