Nach Hause

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Ich spürte Henrys warmen Atem in meinem Nacken und seinen Arm, den er um mich gelegt hatte. Besser gesagt hielt er mich fest umklammert. Mir war fürchterlich warm und ich musste dringend aufs Klo. Ich wollte mich aus seiner Umarmung befreien, doch er zog mich nur noch enger an sich. Ich schnaufte und schaffte es, seinen Arm von mir zu schieben. Er brummte und drehte sich auf den Bauch. „Wo willst du hin?“ fragte er, halb ins Kissen gemurmelt. „Ich bin gleich wieder da", kicherte ich und ging ins Bad. Ich machte mich kurz frisch und krabbelte dann wieder zu meinem Mann ins Bett. Sofort legte er wieder seinen Arm um mich. Ich schmunzelte und fuhr ihm mit der Hand durch seine vom Schlafen wilden Locken. Er hatte die Augen noch geschlossen, scheinbar noch nicht bereit aufzuwachen. Es war noch recht früh, also war das ok. Ich betrachtete meinen Mann und konnte noch gar nicht richtig glauben, dass wir nun verheiratet waren.
Er atmete ruhig und gleichmäßig und ich beobachtete ihn, während ich meine Hand auf meinem Bauch liegen hatte und gemächlich darüberstrich. Als es darin anfing zu Poltern schmunzelte ich und ärgerte den Kleinen indem ich die Beule, die er verursachte, zurückdrückte. Dann hörte ich Stimmen draußen vor der Tür. Ally näherte sich. „Ich will aber zu Mama und Papa", hörte ich sie und kurze Zeit später sprang die Tür auf. „Mama, Papa, aufstehen", quäkte sie und Henry öffnete brummend die Augen. „Guten Morgen, Spätzchen", lächelte ich und Ally kletterte zu uns ins Bett. „Ally, lass die beiden in Ruhe. Komm frühstücken und dann fahren wir in die Stadt“, lockte sie meine Schwiegermutter, aber Ally ließ sich nicht überreden, krabbelte zu uns unter die Decke. „Ihr seid ja nackig", bemerkte sie kichernd. „Ja, aber das macht nichts", schmunzelte Henry und knuddelte unsere Tochter, drückte ihr lauter kleine Schmatzer aufs Gesicht, was sie kichern ließ. Ich hielt die Decke über meinen Brüsten fest, während es Henry nicht interessierte, dass jeder, der einen Blick ins Zimmer warf, einen Blick auf seinen nackten Allerwertesten bekam. „Henry, zieh dich an, oder deck dich zu. Ich will deinen Arsch nicht sehen", beschwerte sich Marianne und Ally lachte. „Oma hat Arsch gesagt“, giggelte sie und Henry zog die Decke über sich. „Ja, Oma hat Arsch gesagt. Oma, das sagt man nicht", grinste Henry und sah seine Mutter an. Diese verdrehte die Augen. „Ally, du hast doch gesagt, du hast Hunger. Komm mit runter“, bat sie nochmal. „Los Monsterchen. Geh frühstücken. Opa macht dir bestimmt auch eine heiße Schokolade", versuchte es nun Henry und sie ließ sich überreden. Sie sprang auf und hüpfte aus dem Bett, wobei Henry gerade noch verhindern konnte, dass sie die Bettdecke mit sich zog. „Aber ihr kommt auch bald runter, oder?“ hakte sie nach. „Ja ja, bald“, gab Henry nach und Marianne zog die Tür hinter sich zu.
Ich musste lachen. „Typisch deine Tochter“, kicherte ich. „Meine Tochter? Du meinst wohl deine. Schokoladensüchtig. Allesamt“, brummte er, und kam über mich, vergrub sein Gewicht an meinen Hals und fing an, mich leicht zu beißen. Ich schrie auf und lachte, wehrte mich gegen ihn. „Henry lass das. Das kitzelt", kicherte ich, aber er hörte nicht auf. Erst als ich anfing ihn selbst an den Seiten zu kitzeln, ließ er von mir ab und hielt meine Hände fest.
„Du verrückter Kerl", kicherte ich und Henry grinste. „Du bist mindestens genauso verrückt. Du hast mich geheiratet“, stellte er fest und da konnte ich ihm nicht widersprechen.
Unser Sohn trat gegen meine Bauchdecke, so dass auch Henry es merkte. „Ach und du willst widersprechen? Glaub mir, du wirst mindestens genauso verrückt", sagte er zu meinem Bauch und trippelte mit seinen Fingern über diesen. Der Kleine drückte seinen Fuß gegen meine Bauchdecke und man konnte ihn deutlich als diesen erkennen. Lächelnd strich Henry mit dem Finder darüber. „Faszinierend", murmelte er und hauchte einen Kuss auf die Stelle, wo sich der kleine Babyfuß abzeichnete. Ich lächelte versonnen. „Ich kann es kaum erwarten, dich endlich in den Armen zu halten“, flüsterte er unserem Sohn zu und streichelte meinen Bauch.  Der Kleine vollführte eine Drehung und trat wieder zu. Diesmal in meine Nierengegend und ich keuchte schmerzerfüllt auf. „Scheiße, Volltreffer", keuchte ich und pustete. Henry sah mich erschrocken und ängstlich zugleich an. „Schon gut, Baby. Nur ein tritt in die Niere", beruhigte ich ihn und atmete tief durch, als der Schmerz nachließ. Henry sah mich mitleidig an und strich über meine Wange. „Geht’s wieder?“ erkundigte er sich. „Ja. Alles wieder gut", lächelte ich. „Der Kleine ist jetzt schon kräftig. Ich glaube, Superman ist sein Daddy", scherzte ich und Henry lachte. „Kann schon sein.“
„Wollen wir aufstehen? Oder lieber Frühstück im Bett?“ fragte ich, denn ich hatte ganz schön Hunger. „Am liebsten wäre mir Frühstück im Bett. Aber wenn du aufstehen möchtest, ist das auch ok.“ „Ich finde Frühstück im Bett auch sehr verlockend. Aber nur, wenn du es holst", schmunzelte ich und klimperte mit meinen Augen. Henry lachte. „War ja klar", sagte er, drückte mir einen Kuss auf die Lippen und erhob sich. Nachdem er kurz im Bad war, zog er sich einfach eine Jogginghose über und ging runter.
Ich strich über meinen Bauch, der spannte und zog. Ich sollte mir heute auf jeden Fall Ruhe gönnen. Gestern war es wohl ein bisschen viel gewesen.
„Alles gut?“ fragte mich Henry, als er mit einem vollem Tablett wieder reinkam. „Ja, schon. Ich glaube, gestern war einfach ein bisschen viel.“ Erklärte ich und setzte mich auf, als Henry das Tablett aufs Bett stellte. Als erstes steckte ich mir eine Weintraube in den Mund. „Dann machen wir heute mal nichts und fahren gegen Nachmittag nach Hause", schlug Henry vor. „Klingt vernünftig“, lächelte ich und ließ mir das Frühstück schmecken. Ich trank einen Kakao und aß ein Brötchen mit Nutella, während Henry eine Schüssel Porridge futterte. „Ich verstehe nicht, wie du das Zeug durch den Hals bekommst. Das ist eklig", schüttelte ich mich und Henry lachte. „Wir sind in Schottland. Das muss man hier essen. Außerdem schmeckt es gut. Probier doch mal", sagte er und hielt mir einen Löffel hin. „Bah, weg damit", ekelte ich mich und schob seine Hand weg. „Schleimig und bröckelig. Schlimmer als Grießbrei.“ Henry schmunzelte und schob sich den Löffel in den Mund.
Er wurde vom Klingeln seines Handys unterbrochen und genervt schaute er drauf. „Da muss ich wohl ran", entschuldigte er sich und nahm das Gespräch an. Scheinbar ging es um den Film, den er in New York drehte. Es hörte sich ganz so an als würde es weitergehen.
„So ein Mist“, murmelte er, als er aufgelegt hatte. „Ich muss nächste Woche wieder nach New York.“
„Nächste Woche schon?“ fragte ich erstaunt. „Für wie lange?“ In etwa acht Wochen hatte ich meinen Geburtstermin.
„Sechs Wochen. Vielleicht länger", erklärte er. „Puh. Das wird knapp", schnaufte ich und strich über meinen Bauch. „Ich bin wieder hier, wenn der kleine kommt. Versprochen. Irgendwie schaffe ich das schon“, versprach er mir, aber ich war mir nicht sicher, ob er das Versprechen würde einhalten können.

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