Ferien

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Die nächsten Wochen waren stressig für mich. Ich musste oft nachts raus, weil zwei meiner Kollegen bereits Urlaub hatten. Deshalb stand auch schon seit einer Woche fest, das ich nicht mit nach London kommen könnte. Zumindest nicht gleich. Die Mädchen waren seit einer Woche bei Henry und Claire hatte ihre erste Woche im Madame Tussauds schon hinter sich. Ich würde in ein paar Tagen nachfliegen. Dann hatte ich vier Wochen lang Urlaub. Henry und ich hatten uns seit vier Wochen nicht gesehen. Wir hatten zwar regelmäßig telefoniert, aber selten waren wir ungestört dabei. Er fehlte mir. Ich fühlte mich müde und ausgelaugt. Seit ein paar Tagen schlief ich, sobald ich Zuhause war, schon ein, bevor ich überhaupt was gegessen hatte. Ich hatte auch kaum Appetit. Das war wohl eine Reaktion auf den Stress
Ich kam gerade von einer langen anstrengenden Schicht nach Hause. Eine Stute hatte ihr Fohlen bekommen und dabei einen Riss in der Gebärmutter erlitten. Sie hatte viel Blut verloren, obwohl wir sie hatten nähen können, doch letzten Endes hatten wir die Stute aufgeben müssen. Solche Tage machten es mir in meinem Beruf am schwersten. Wenn ich machtlos zusehen musste, wie mir ein Leben aus den Händen entglitt. Ich stand unter der Dusche und es war einfach aus mir herausgebrochen. Ich rutsche an der Duschwand hinunter, umschlang meine Knie und fing bitterlich an zu weinen. Ich hatte so lange dagesessen, bis das Wasser kalt war. Dann erhob ich mich, zog mir frische Sachen an und kuschelte mich auf dem Sofa unter einer Decke, obwohl es draußen noch kuschelige 23 grad waren. Mir war kalt. Ich hoffte inständig, das ich nicht krank werden würde. Ich hatte nur noch drei Tage zu arbeiten. Die würde ich irgendwie überstehen.
Ich Griff nach meinem Handy, als dieses vibrierte und war froh, Henrys Namen zu lesen. „Hey schöne Frau. Hast du endlich Feierabend?“ schrieb er. Vermutlich hatte er gesehen, das ich in der Zwischenzeit mal online war. „Ja endlich. Es war ein fürchterlicher Tag. Wir haben eine Stute nach der Entbindung verloren. Ich würde diesen Tag am liebsten aus dem Kalender streichen. Aber ich habe mich in der Dusche ausgeheult. Jetzt geht es mir besser.“, jammerte ich. Ich gähnte und hätte am liebsten geschlafen, doch ich sollte was essen. Ich hatte heute Mittag nur einen kleinen Snack gegessen. Ich stand auf und machte mir ein Brot mit Marmelade und Frischkäse. „Das tut mir leid, Honey. Auch das ich jetzt nicht für sich da bin", las ich als nächstes. Mir gefiel es, das er mir diesen Kosenamen gab. Ich biss in mein Brot und merkte, das ich tatsächlich überhaupt keinen Appetit hatte.  „Schon gut. Ich denke ich verkrümel mich gleich ins Bett. Vermutlich schlafe ich binnen Sekunden ein. Ich bin so ausgelaugt, das ich nicht mal was essen mag.“ Mir war klar, das ich rumjammerte, aber mir war nicht nach romantischen Säuseleien zu Mute.
„Keinen Appetit? Bist du krank?“ kam es zurück und ich wusste nicht, ob er sich amüsierte oder Sorgen machte.
„Keine Ahnung", antwortete ich, zwang mich, mein Brot zu essen.
„Versprich mir, zum Arzt zu gehen, wenn es anhält, ob?“ Ok, er machte sich sorgen. Ich hatte mein Brot gegessen und kuschelte mich zurück unter die Decke.
„Ok. Kannst du telefonieren?“ fragte ich, aber bekam zunächst keine Antwort, also war er wohl mit den Mädchen beschäftigt, was ok war. Ich machte den TV an und rang mich endlich mal dazu durch, mit The Witcher anzufangen. Ich hatte Sehnsucht  nach Henry und vielleicht konnte ich die so ein wenig stillen.  Doch mehr als die erste Folge bekam ich nicht mit, obwohl sie wirklich spannend war. Aber ich schlief, wie so oft in den letzten Tagen, auf dem Sofa ein.

Zugegeben machte ich mir ein wenig Sorgen um Smilla. Sie war seit Tagen müde, weil sie so viel Arbeitete. Und das sie kein Hunger hatte, kannte ich nicht von ihr. Eigentlich hatte sie immer einen guten Appetit. Vermutlich war sie einfach überarbeitet.
Ich hatte ihre Nachricht, ob ich telefonieren könnte erst später gelesen. Ich war dabei gewesen, Ally ins Bett zu bringen. Jetzt war ich mit Kal unterwegs und hatte ein paar Minuten Zeit für mich. Und für sie. Es tutete, und irgendwann sprang die Mailbox an, wie so oft in letzter Zeit. Oft musste sie Nachts raus. Kein Wunder, das sie so müde war. Ich probierte es ein weiteres mal, doch wieder bekam ich nur die Mailbox zu packen. Ich legte auf und sendete ihr stattdessen eine Sprachnachricht. „Hey Honey. Vermutlich bist du wieder eingeschlafen. Ich bin grad mit Kal unterwegs und hatte gehofft, deine Stimme zu hören. Du fehlst mir und ich kann es kaum erwarten, dich nächste Wochen endlich zu sehen. Schlaf gut, schöne Frau. Ich liebe dich.“  
Ich steckte das Handy zurück in meine Hosentasche und begab mich auf den Weg nach Hause. Claire hatte einen Text von der Schauspielschule bekommen, den sie für ihr Vorsprechen nutzen sollte. Sie bat mich, ihn mit ihr durchzugehen und mit ihr zu üben. Es war mir eine große Freude. Dies zu tun.  
Ich hatte ihr oft bei Hausaufgaben, speziell Französisch geholfen, denn da konnte Smilla ihr nicht helfen. Smilla beherrschte kein Französisch. Ich sprach es fließend. Es war quasi meine zweite Muttersprache, denn auf Jersey sprach man beide Sprachen. Dafür beherrschte Smilla Latein ziemlich gut, allein schon, wegen ihrem Beruf.
Aber das hier war was anderes. Es hatte wenig mit den Hausaufgaben zu tun, die Claire sonst zu erledigen hatte. Es machte tierisch viel Spaß mit ihr zu üben und ihr Talent noch ein wenig raus zu kitzeln. Meine Tochter war wirklich talentiert und ich war mehr als beeindruckt. Wir hatten bis spät am Abend daran gearbeitet und Claire war ziemlich müde ins Bett gefallen.
Nächste Woche hatte sie Geburtstag. Den würden wir auf Jersey feiern. Smilla würde Samstag ankommen und Sonntag würden wir uns auf den Weg nach Jersey machen. Sie war noch nie dort und ich freute mich darauf, ihr meine Heimat zu zeigen. Meine Familie wusste von mir und Smilla, weil Simon den Mund natürlich nicht halten konnte, doch niemand würde mit den Mädchen reden, bevor wir es nicht getan hatten. Da musste ich mir keine Sorgen machen.

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