Wütendes Kind

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Wir kauften Ringe und anschließend suchten wir Möbel für das Babyzimmer aus. Es wurde Zeit. Es waren keine drei Monate mehr bis zur Geburt. Außerdem kam sämtlicher anderer Kram dazu, den wir für den Kleinen brauchten. Vieles hatten wir schon geschenkt bekommen, wie ein paar Anziehsachen. Da würde eh ganz viel dazukommen, wenn der Kleine erst mal da war. Und Simon und Danielle brachten alles, was dem kleinen Carl zu klein wurde ebenfalls zu uns. Verraten hatten wir immer noch nicht, was es wird. Da hielten wir dicht. Niemand außer Henry und mir wussten, dass wir einen Jungen bekommen würden. Wir kauften einen Kinderwagen und einen Babyautositz. Zwei Stationen, für jeden Wagen einen. Henry überlegte noch immer, sich einen neuen Wagen zu kaufen, aber meiner war recht groß, und dort passte eine Menge in den Kofferraum. Ihm behagte zwar nicht, dass das Steuer auf der linken Seite war, aber es war reine Gewohnheit. Zuerst hatte ich immer Henrys Wagen mitgenommen, aber in dem passte wirklich nicht viel rein. Weshalb ich irgendwann dann zu meinem gewechselt bin. Jedes Mal, wenn ich zu unserem neuen Haus fuhr hatte ich irgendwelchen Kram mitgenommen, der zur Zeit nicht mehr gebraucht wurde.
Jetzt fuhren wir eben den Babykram rüber. Henry staunte nicht schlecht über das, was wir alles schon geschafft hatten und einmal mehr war er dankbar über die Anwesenheit zweier seiner Brüder.
Ich hatte ihm regelmäßig Fotos geschickt, aber es in Natura zu sehen, war natürlich was ganz anderes.
Ich gönnte mir eine Weile Ruhe, während Henry durchs Haus wanderte. Ich hatte mich auf unsere neuen Couch gesetzt und zurückgelehnt. Ich gähnte. Die Müdigkeit der letzten Nacht kroch in mir hoch. Ich hatte wirklich kaum geschlafen. Und als ich aufgewacht war, und Henry noch immer nicht Zuhause gewesen war, überkam mich erneut die Wut.
Aber er war wiedergekommen und ich wollte einfach nicht mehr böse sein. Ich war noch immer verletzt und enttäuscht, aber ich hatte ihm verziehen.
Ich spürte Lippen auf Meinen und dann eine Hand auf meinem Bauch. Blinzelnd öffnete ich meine Augen. „Hey Dornröschen", lächelte Henry mich an. „Oh. Ich bin eingeschlafen", erkannte ich und richtete mich auf, rieb mir das Gesicht. „Du siehst auch immer noch  müde aus. Du hast nicht viel geschlafen, oder?“ fragte er und ich seufzte. „So gut wie gar nicht“, gab ich zu und Henry hockte sich vor mir, nahm meine Hände in seine. „Ich kann nicht oft genug sagen, dass es mir leid tut“, sagte er und hauchte einen Kuss auf meine Hand. „Es ist ok", wand ich ein, doch er schüttelte den Kopf. „Ist es nicht. Claire hat recht. Du hast noch jedes Recht, auf mich sauer zu sein.“
„Ich will aber nicht mehr sauer sein", murrte ich. „Du bist es aber?“ vermutete Henry und ich stöhnte genervt auf. „Lass es doch bitte einfach gut sein. Warum fängst du damit wieder an? Es war doch alles gut", maulte ich und entzog mich seinen Händen, rieb mir seitlich den Bauch. Es zog. „Scheinbar nicht“, brummte Henry und ich stand auf. „Hör einfach auf“ bat ich und ging umher, pustete. „Honey, was hast du?“ fragte er mich dann alarmiert. „Nichts, nur Senkwehen", sagte ich und rieb mir weiter über den Bauch. „Bist du dir sicher?“ fragte er und kam zu mir, legte seine Hände auf meine Schultern. „Lass mich. Ja. Ich bin mir sicher. Das ist normal“, schnaufte ich. Jetzt war ich tatsächlich wieder sauer. „Was muss ich tun, damit du nicht mehr sauer bist?“ fragte er und ich verdrehte die Augen. „Du hättest es einfach dabei belassen sollen. Ja ich bin sauer und enttäuscht, aber das legt sich. Ich kann das jetzt nicht auch noch gebrauchen.“ Ich ging umher, war genervt und wollte nach Hause. „Was denn noch?“ wollte Henry wissen. „Alles. Die Schwangerschaft, der Umzug, die Hochzeit. Und jetzt auch noch du. Das wird grad alles zu viel", gestand ich und obwohl ich es nicht wollte, fing ich an zu weinen. Henry wollte zu mir, doch ich hielt ihn auf Abstand. „Lass mich bitte", bat ich und ging rüber in die Küche, stützte mich dort an der Arbeitsfläche ab und pustete, bis die Senkwehe endlich vorbei war.

Wie überrollt stand ich da und sah, wie sie in die Küche ging nachdem sie meine Nähe abwehrte. Ich hatte ihr viel zu viel zugemutet und sie damit allein gelassen. Sie hatte zwar jede Menge Hilfe, aber letzten Endes war sie es, die alles allein gemanagt hatte. Der Umzug war schon Stress pur. Und dann kam ich da mit meiner Idee für sie Silvesterhochzeit. Ich ging ihr nach und ich sah sie schnaufend an der Küchentheke stehen. Ich hoffte, dass sie recht hatte, und es nur Senkwehen waren. „Dann lass uns die Hochzeit verschieben“, sagte ich sanft, als es vorbei zu sein schien. Sie sah auf und schüttelte den Kopf. „Das möchte ich nicht“, gab sie ebenso sanft zurück und ich wagte es, mich neben ihr zu stellen. Sie lehnte ihren Kopf an meine Schulter und ich legte den Arm um sie, zog sie an mich. „Ich will dich heiraten. An Silvester", betonte sie. „Aber…“ begann ich, doch sie ließ mich nicht ausreden. „Es ist nahezu alles geplant. Die Ringe haben wir nun und es fehlt nur noch das Gespräch mit Caroline wegen dem Essen. Das möchte ich mit dir gemeinsam machen. Alles Andere ist fest. Die Gäste haben zugesagt und die Hotels sind gebucht“, zählte sie auf. „“Und nebenbei hast du sämtliche Kartons gepackt, den Umzug geplant und dich um unsere Töchter gekümmert….“ ergänzte ich. „Hattest du überhaupt mal Zeit für dich?“ Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Nächstes Jahr wird anders laufen, das verspreche ich dir. Ich drehe diesen Film zu Ende, falls das überhaupt möglich ist, und nehme die wichtigsten Promotermine für the Witcher wahr. Dann bleibe ich erstmal Zuhause“, entschied ich und Smilla sah mich ungläubig an. „Bist du dir sicher?“ fragte sie und ich nickte. „Natürlich. Ich will für dich und unsere Kinder da sein.“ „Du wirst dich noch nach Tagen sehnen, an denen du einfach verschwinden kannst", kicherte Smilla dann. „Können wir nach Hause fahren? Ich bin erledigt", bat sie mich und ich nickte. Diesmal fuhr ich, damit sie sich schon ausruhen konnte. Wir holten Ally ab und fuhren nach Hause, wo sich Smilla gleich aufs Sofa verzog. Ich deckte sie zu und gab ihr einen Kuss. Mein Hund war verschwunden, ebenso meine älteste Tochter, also nahm ich an, dass sie mit ihm unterwegs war. Ich kümmerte mich um das Abendessen. Es war noch genug von gestern übrig geblieben, weshalb ich alles nur klein schnibbeln und in die Pfanne geben musste. So ging es am schnellsten und einfachsten. Claire und Ian kamen auch irgendwann mit meinem, der besser gesagt unserem Hund zurück. Claire schien noch immer sauer auf mich zu sein und würdigte mich keines Blickes. Das Theater ging mir auf dem Sack. „Claire?“ rief ich sie deshalb zurück, aber sie hörte mich nicht, oder wollte es nicht. Sie konnte froh sein, das Smilla schlief, sonst hätte ich vermutlich durchs Haus gebrüllt. Ally half mir beim Essen machen und Tisch decken und als das Essen fertig war, bat ich sie, ihre Schwester und Ian zu holen. Ich ging ins Wohnzimmer, wo ich Smilla sanft weckte. „Essen ist fertig", sagte ich leise und sie öffnete ihre noch immer müden Augen. Sie gähnte und setzte sich auf. „Ich komme sofort“, antwortete sie und ging zur Toilette. Claire, Ian und Ally saßen bereits am Tisch und ich setzte mich dazu, gab Ally etwas auf ihren Teller.
Als Smilla bei uns saß begannen wir zu essen und auch hier war die Stimmung gekippt. Smilla war sichtlich müde und Claire stocherte eher in ihrem Essen herum, als zu Essen. Ian schaute unsicher hin und her. Nur Ally plapperte wie immer. „Darf ich hoch? Bin fertig?“ fragte Claire. „Nein. Wir sind noch nicht fertig. Bleib bitte sitzen", bat ich und sie verdrehte die Augen. So langsam reichte es mir, aber ich würde keinen Streit vor Smilla anfangen. „Mom, kann ich gehen?“ fragte sie diesmal ihre Mutter. „Du hast deinen Vater gehört. Bleib bitte sitzen, bis wir alle fertig sind", sagte auch sie und meine Älteste stöhnte genervt. „Gibt es irgendwas, was du sagen möchtest?“ fragte Smilla dann an sie gewandt. „Ich verstehe nicht, wie du hier einen auf Happy family machen kannst", maulte sie. Smilla seufzte. „Claire, bitte. Es reicht. Wir sind glücklich. Ich brauche hier nichts vorzumachen. Nicht alle Tage sind rosig. Aber das ist nicht schlimm“, erklärte sie und Claire schnaufte. „Du verzeihst ihm also einfach so?“ fragte Claire. „Das habe ich schon, Claire. Und du hast keinen Grund auf ihm sauer zu sein.“
„Hab ich wohl“, maulte Claire und Smilla stand auf, ging ins Wohnzimmer. Claire stand ebenfalls auf. „Sitzen bleiben“, sagte ich warnend und sie setzte sich wieder, zog beleidigt ihren Fuß auf den Stuhl. „Warum darf Mami aufstehen?“ fragte Ally. „Ihr geht es nicht gut. Sie braucht ein bisschen Ruhe“, erklärte ich ihr. Mir war der Hunger vergangen und legte deshalb die Gabel zur Seite. Auch Ian war fertig. Der Junge tat mir Leid. „Bin satt, Papa“, kam es von Ally. „Dann darfst du jetzt aufstehen. Nimmst du Ian mit? Claire hilft mir beim Abräumen“, sagte ich und Claire warf mir einen wütenden Blick zu, als Ally und Ian nach oben verschwanden. Ich schloss die Tür hinter ihnen und wand ich dann meiner Tochter zu. „Jetzt kannst du loslegen“, sagte ich und lehnte mich an die Arbeitsplatte, wartete auf ihren Ausbruch. Doch es kam nichts. „Ich warte. Du bist sauer? Dann schießt mal los.“
„Wo warst du heute Nacht?“ fragte sie schließlich und funkelte mich böse an. „Bei Nick“, antwortete ich. „Aha…“ kam es von ihr. „Noch was?“ wollte ich wissen. „Du hast ihren Geburtstag vergessen“, erinnerte sie mich. „Ja, das habe ich und es tut mir sehr leid.“
Claire biss nervös auf ihrer Unterlippe herum. Ich seufzte und setzte mich zu ihr. „Was ist das eigentliche Problem?“ fragte ich nun ruhig. „Du hast sie zum weinen gebracht“, fing sie an und ich nickte. „Ich hab sie schon mal so gesehen", begann sie. „Das war kurz bevor sie mit Ally schwanger wurde. Da war sie mit Martin zusammen.“ Ich erinnerte an ihn. „Er hat sie betrogen und Mama hat sich tagelang in den Schlaf geweint“, verriet sie und schob ihr Essen auf dem Teller mit der Gabel hin und her. Daher wehte der Wind. „Und jetzt glaubst du, ich hätte deine Mutter betrogen?“ fragte ich und seufzte. Sie hob eine Schulter an. „Wo warst du wirklich?“ fragte sie nochmal. „Ich war in einer Kneipe und hab mich ganz unerwachsen volllaufen lassen. Dann hat mich Nick abgeholt“, erklärte ich ihr diesmal genauer. Sie sah auf und ich nahm ihre Hand. „Claire, ich würde deine Ma niemals betrügen. Egal, warum wir streiten. Ich liebe deine Ma, mehr als ich irgendeine andere Frau je geliebt habe. Sonst würde ich nicht riskieren, dass unsere Familie zerbrechen könnte, wenn es nicht klappen würde. Ich war mir von Anfang an sicher, dass es war Endgültiges ist. Für mich gibt es nur Smilla", versicherte ich ihr. Verschämt sah sie wieder auf ihre Hände. „Hey", sagte ich und stubste ihr Kinn an, so dass sie wieder aufsah. „Aber ich bin froh, dass du dich so um deine Mama kümmerst und auf sie aufpasst", lächelte ich. „Tut mir Leid, Dad", murmelte sie und lehnte ihren Kopf kurz an meinen Arm. Ich strich ihr über den Hinterkopf. „Ich hab mir einfach Sorgen um Mama gemacht, und ich wollte nicht, dass sie nochmal so leiden muss.“ „Das wird nie wieder passieren. Auch nicht, dass ich einfach verschwinde, oder dass ich ihren Geburtstag vergesse“, versprach ich. „Liegt dir sonst noch was auf dem Herzen?“
„Nein. Außer, dass ich froh bin, dass du wieder Zuhause bist", sagte sie und kicherte. Ich musste lachen. „Ach, jetzt auf einmal.“
„Ja, ich hab dich vermisst", gab sie zu. „Ich dich auch“, sagte ich und sie stubste ihre Schulter gegen meine. „Darf ich jetzt auch nach Oben?“ fragte sie. „Nein. Erst räumst du mit mir die Küche auf", grinste ich und sie stöhnte, erhob sich aber und fing an den Tisch abzuräumen.

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