Sam

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Mein Wecker klingelte und ich machte ihn schnell aus, bevor Smilla wach wurde. Sie lag noch immer an mich geschmiegt da, ihre Hand auf meiner Brust liegend. An ihrem Finger blitzte der Ring meiner Grandma. Smilla hatte meinen Antrag angenommen. Ich hatte es spektakulär und romantisch machen wollen, stattdessen kam der Antrag nach dem Sex. Ich schmunzelte in mich hinein, denn eigentlich war das nicht meine Art. Aber mein Bauchgefühl hatte mir einfach gesagt, dass es der richtige Moment wäre. Und mein Bauchgefühl hatte mich eigentlich noch nie getäuscht. Und sie hatte ja gesagt. Einen Moment lang dachte ich, sie würde mich für verrückt halten und nein sagen. Aber das hatte sie nicht und damit hatte sie mich zum glücklichsten Mann der Welt gemacht.
Ich stand vorsichtig auf, um Smilla nicht zu wecken. Sie schlief noch tief und fest, was ihr nicht zu verübeln war. Sie hatte kaum Schlaf bekommen in der letzten Nacht. Ich zwar auch nicht, aber ich war das gewohnt. Smilla hingegen brauchte ihren Schlaf. Ich würde sie gleich fragen, ob sie mitkommen wollte, falls sie wach war. Wenn nicht, würde ich sie schlafen lassen.
Ich schlich ins Bad und ging Duschen. Als ich ins Schlafzimmer zurückkam um mich anzuziehen  schlief Smilla noch immer tief und fest. Ich ging zu ihr und strich ihr die Haare aus dem Gesicht, die sich verirrt hatten. „Hey, Darling“, flüsterte ich und sie regte sich. Schlaftrunkend sah sie mich an. „Ich muss los. Wenn du nachher nachkommen möchtest, ruf Daniel an. Er wird dir einen Wagen schicken. Ich hab dir die Nummer aufgeschrieben", sagte ich und sie nickte. Ich beugte mich zu ihr runter und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Als ich das Hotelzimmer verließ schlief sie schon wieder. Das hatte sie sich verdient. Ich selbst hatte auch immer ein bisschen mit dem Jetlag zu kämpfen.  Als ich mit Daniel im Wagen zum Studio saß, warf ich einen Blick aufs Handy. Kal saß neben mir im Fußraum und hatte seinen Kopf auf mein Knie gelegt, den ich nun kraulte.
Ich hatte gestern, als Smilla schon eingeschlafen war, ein Foto von uns gemacht. Dieses betrachtete ich nun und überlegte, ob ich es meiner Familie schicken sollte. Aber ich ließ es bleiben, schickte es aber an Smilla. Ich liebte dieses Foto. Sie schlief entspannt, die Hand mit dem Ring auf meiner Brust liegend. Genau wie heute morgen noch. Tja und ich grinste wie ein Honigkuchenpferd.
Genau wie jetzt noch. Ich riss mich zusammen , denn Daniel sah mich schon verwundert an. „So früh am Morgen und schon so ein Grinsen auf den Lippen? Scheint eine gute Nacht gewesen zu sein", scherzte Daniel und ich schlug ihn mit dem Handrücken gegen seine Brust und lachte. „Ja, war sie wirklich", bestätigte ich grinsend und stieg aus, als der Wagen hielt. Sam und Mickey waren heute nicht anwesend. Wir drehten heute die Szenen mit mir und Scarlett. Heute würde der Tag auch nicht so lang werden. Bis zum Nachmittag. Denn heute Abend stand die Premiere an. Daniel hatte sich schon darum gekümmert, dass auch Smilla etwas anzuziehen bekommen würde

Ich hatte bist zum Mittag geschlafen. Eigentlich hatte ich gar nicht so lange schlafen wollen, aber ich war einfach nicht wach geworden. Selbst jetzt war ich noch müde. Ob es am Jetlag oder an letzter Nacht lag, konnte ich nicht sagen. Ich hob meine linke Hand und lächelte, als ich den Ring sah. Es war also kein Traum gewesen. Ich streckte mich und angelte nach meinem Telefon, um zu sehen, ob Zuhause alles ok war. Von meinen Kindern hatte ich keine Nachricht, dafür von Henry. Er hatte mir ein Bild geschickt, von letzter Nacht. Ich lächelte. Der Kerl war einfach verrückt. Dazu hatte er geschrieben, dass er kurzzeitig überlegt hatte, es seiner Familie zu schicken. Sollte er. Das ich seinen Antrag angenommen hatte, sollte kein Geheimnis bleiben. Ich wollte es schon jetzt jedem erzählen. „Schick du es deiner Familie. Ich schicke es Claire", antwortete ich und rechnete nicht mit einer Antwort. Umso überraschter war ich, als mein Handy klingelte, als ich aus dem Bad kam. „Hey“, meldete ich mich. „Guten Morgen Schlafmütze. Ausgeschlafen?“, fragte er mich. „Ja ich glaub schon. Ich bin grad erst aufgewacht", erklärte ich und ich hörte ihn leise lachen. Ich liebte dieses Lachen. „Ich wollte mich fertig machen und dann Daniel anrufen.“
„Ich kann ihn gleich losschicken“, meinte er. „Nein, musst du nicht. Ich möchte erst frühstücken. Und die Badewanne sieht einladend aus", lächelte ich. „Dann bleib im Hotelzimmer und entspann dich. Ich brauche hier nicht mehr so lang“, schlug er vor. „Ok. Dann warte ich hier auf dich. Wirst du das Foto deiner Familie schicken?“, fragte ich dann. „Hab ich grad. Und ich kriege auch schon laufend Antworten“, lachte er. „Gut. Dann schlag dich mit ihnen rum. Ich schicke Claire das Bild“, sagte ich und ging ins Bad, um mir Wasser in die Wanne einzulassen. „Ok. Dann schreib mir, was sie gesagt hat", bat er mich und ich versprach es ihm. Ich legte das Handy an den Badewannnenrand, nachdem ich Claire das Bild geschickt hatte, mit den Worten „ich hab Ja gesagt". Dann steig ich ins Wasser. Es war herrlich. Nachdem der Kleine nach dem Aufstehen wieder seine Turnübungen vollführt hatte, was er nun wieder ruhig. Ich nahm mein Handy, als es klingelte und es wunderte mich nicht, dass Claire mich anrief. „Hey Spatz", begrüßte ich sie. „Mama, Dad hat dir einen Antrag gemacht?“ fiel sie gleich mit der Tür ins Haus und ich lachte. „Ja, hat er.“
„Wow. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll", entfuhr es ihr. „Freust du dich?“ fragte ich vorsichtig, weil ich mir grad nicht sicher war. „Machst du Witze? Natürlich freue ich mich. Ich kanns kaum erwarten, es Ally zu erzählen. Die wird ausflippen. Darf ich es Gloria sagen?“ fragte sie. „Ja, darfst du", erlaubte ich und lächelte. Ich war erleichtert das sie sich freute. „Das ist total verrückt. Ich hätte nie damit gerechnet, dass aus dir und Dad mal was wird. Und jetzt wollt ihr heiraten", plapperte sie und ich kicherte. „Wisst ihr denn schon, wann?“ wollte sie wissen. „Nein. Er würde am liebsten noch vor der Geburt heiraten, aber das wird zeitlich ziemlich knapp", verriet ich. „Ach wieso denn? Wollt ihr etwa so eine riesige Hollywood Hochzeit?“
Ich lachte. „Nein, das wollen wir nicht. Es ist uns nur wichtig, das unsere Familien und engste Freunde dabei sind", erzählte ich. „Na also. Das kriegt man doch wohl hin. Ich finde, Silvester ist ein tolles Datum", sagte sie und brachte mich damit zum lachen. „Du bist verrückt. Das ist schon nächsten Monat", erinnerte ich sie und war amüsiert von Claires Enthusiasmus. Wir verabschiedeten uns und ich schrieb Henry, wie unsere Tochter reagiert hatte. „Claire freut sich und meint, wir sollten Silvester heiraten", schrieb ich. Ich machte mir leise Musik an und legte das Telefon zur Seite, um noch ein bisschen das warme Wasser zu genießen.  
Als meine Haut schon ganz schrumpelig war stieg ich aus der Wanne und bestellte mir ein verspätetes Frühstück aufs Zimmer.
Als es klopfte, dachte ich, dass mein Essen kommen würde, doch stattdessen stand Sam vor der Tür. „Sam", sagte ich überrascht und bat ihn rein. „Henry ist am Set.“
„Ich weiß. Ich wollte auch zu dir", erklärte er und ich sah ihn verwirrt an. Mein Frühstück kam und ich bot ihm einen Kakao an, den er jedoch ablehnte. „Also, wie kann ich dir helfen?“ fragte ich und schob mir eine Weintraube in den Mund, ehe ich mir mein Müsli vornahm.
„Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll“, murmelte er und ich kicherte. „Am besten am Anfang", sprach ich mit vollem Mund und er grinste. „Mag das Beste sein", zwinkerte er. „Also, mir ist nicht aus dem Kopf gegangen, was du gestern gesagt hast. Das du in Schottland geboren wurdest. Sei mir nicht böse, aber ich habe telefoniert.“ Ich hielt in meiner Bewegung inne und sah ihn an. „Telefoniert? Mit wem?“ wollte ich dann wissen. „Mit meinem Onkel. Ich weiß, ich hätte dich fragen sollen, aber…“ er stockte.
„Dein Onkel? Was hat dein Onkel damit zu tun?“ ich war total durcheinander. „Er war damals mit einer Frau zusammen. Sie wurde schwanger und starb bei der Geburt. Ihr Name war Smilla", erzählte er weiter und mein Herz begann zu rasen. Ich legte mein Frühstück weg und hörte ihm zu.
„Wie alt bist du?“ wollte er wisse . „36.“
„Wann hast du Geburtstag?“ fragte er weiter. „Am fünften Dezember", antwortete ich und Sam zog sein Handy aus der Tasche. Er tippte darauf rum und zeigte es mir. „Das ist mein Onkel Alec. Und das auf dem Arm ist seine Tochter. Smilla.“ Ich betrachte das Bild und zitterte. Ich kannte dieses Bild nicht und auch den Mann hatte ich nie gesehen. „Er hat mir erzählt, das seine Tochter am fünften Dezember geboren wurde und demnach bald 37 werden würde. Sie wurde von einem deutschen Ehepaar adoptiert. Er war gerade achtzehn geworden und hatte sich nicht um sie kümmern können“, erzählte Sam und ich wischte mir eine Träne aus den Augenwinkeln. Konnte es wirklich sein, dass ich hier das Bild von meinem Vater vor mir hatte? „Er hat mir das Bild heute morgen geschickt. Und dieses hier auch“, sagte Sam und wischte über den Bildschirm. Ich erkannte das Bild. Es stand bei meinen Eltern im Flur auf einer Kommode. Rechts und links davon standen Babybilder meiner Mädchen. „Das ist das letzte Bild, welches von seiner Tochter gemacht wurde, bevor sie abgeholt wurde“, hörte ich Sam sagen. „Das bin ich", bekam ich raus und fing an zu schluchzen. Sam legte den Arm um mich und ich lehnte mich an ihn. Ich ließ meinen Tränen freuen Lauf und versuchte, das eben erfahrene zu verarbeiten. Sam kannte meinen Vater. Es war sein Onkel. Also war er…?
Ich löste mich von ihm und sah ihn an. „Also bist du… mein Cousin?“ fragte ich und wischte mir die Tränen aus den Augen. Sam lachte sanft. „Aye", bestätigte er mir auf gälisch. Ich fing an zu lachen und gleichzeitig weinte ich. Es war ein bisschen Viel. Sam legte seine Arme um mich und ich ließ mich an ihn drücken.  Ich legte meine Arme un ihn und schluchzte erneut.
„Was ist hier denn los?“ hörte ich Henry und er klang alles andere als begeistert. Kal kam zu mir und stubste mich an. Ich sah auf und sah, dass Henry wütend war. Doch als er mein verweintes Gesicht sah, veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er eilte zu mir. „Honey. Ist was passiert?“ fragte er besorgt. Er hockte sich vor mich und wischte mir die Tränen weg. „Ich hab meinen Vater gefunden", sagte ich strahlend und Henry warf Sam einen fragenden Blick zu. „Hast du damit was zu tun?“ fragte Henry und Sam nickte. „Sie ist die Tochter meines Onkels. Sie ist also quasi meine Cousine", erklärte er und Henry setzte sich auf den Boden. „Wow", entfuhr es ihm und war dann erstmal sprachlos.

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