Ich glaub', ich steh' im Wald

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Nach Mr Andrews Beerdigung verging der Rest der Sommerferien wie in einem surrealen Nebel. Betty, Veronica, Jughead und ich verbrachten so viel Zeit mit Archie wie es ging. Jeden Abend aßen wir im Pop's. Man konnte sehen, wie es ihm von Tag zu Tag besser ging. Natürlich war sein Herz immer noch gebrochen. So ging's der ganzen Stadt. Doch Archie ist ein Kämpfer. Und am letzten Tag der Sommerferien, als das Footballfeld für die neue Saison gemäht und der Fußboden der Schule poliert wurde bis er glänzte, und das Banner für den ersten Schulball des Jahres angebracht wurde, machte Archie das, was er am besten konnte. Während ich meinen Schmerz immer mehr ignorierte. "Ich kann mir nichts besseres vorstellen, als mit euch zusammen den letzten Abend der Sommerferien zu verbringen.", kam es von Betty fröhlich. Wir saßen zusammen in Veronicas Appartement, um den letzten Tag noch einmal zu genießen, bevor die Schule wieder losging. Meine Beine baumelten über der Armlehne des Sofas, auf dem ich lag. "Ist das nicht verrückt?", fragte Veronica. "In nur neun Monaten ist das Leben wie wir es kennen, vorbei. Nie wieder Highschool."
"Nie wieder die Blue & Gold.", meinte Betty traurig. "Nie wieder Getratsche an den Schließfächern."
"Ohw, B. Sei bitte nicht traurig.", lachte Veronica.
"Sorry, Leute. Ich denk immer wieder daran, wie schnell das Leben verfliegt. Und keiner von uns ist wirklich gut darin zu stoppen und es zu genießen. Aber heute Abend tun wir es."
Betty drückte Jughead einen Kuss auf die Lippen. Genervt stöhnte ich auf.
"Können wir uns einmal treffen ohne dass es gleich 'ne Orgie gibt?", fragte ich und setzte mich auf. "Die letzten drei Jahre waren die Hölle. Ich bin ehrlich gesagt froh, wenn das Schuljahr vorbei ist und ich aufs College gehen kann. Dann bin ich weit weg von den Tragödien dieser Stadt." Mit diesen Worten erhob ich mich und schnappte mir meine Jacke.
"S, wo willst du hin?", fragte Veronica mich seufzend.
"Nach Hause.", antwortete ich. "Ich will für morgen fit sein. Wir sehen uns in der Schule."
Meine Hand wanderte wie von selbst an den Türknauf, um die Tür zu öffnen und zu verschwinden. Nachdem ich in den Fahrstuhl gestiegen war, betätigte ich den Knopf, der mich nach unten führte und lehnte mich seufzend gegen die Wand, während die Fahrstuhltüren sich schlossen. Mein Gesicht spiegelte sich in den Metalltüren wider. Mein Herz begann plötzlich wild zu pochen und ich ballte meine Hände zu Fäusten. Ich hatte das Gefühl, jemand würde mich erwürgen. Mein Atem ging stoßweise. Schnell stellte ich fest, was es war. Es war eine Panikattacke. Ich versuchte ruhiger zu atmen und mich zu beruhigen. Doch erst als sich die Türen wieder öffneten und ich unten war, wurde ich ruhiger. Mit schnellen Schritten verließ ich den Aufzug und rannte aus dem Gebäude, um an die frische Luft zu kommen. Draußen atmete ich tief die Sommerluft ein, die mich umgab. Ich brauchte dringend Schlaf.

In der Schule erzählte ich niemandem, dass ich eine Panikattacke hatte. Nicht nur weil ich nicht darüber reden wollte, sondern auch, weil ich dachte, meine Freunde könnten es nicht verstehen. Deshalb tat ich am nächsten Morgen so, als wäre alles völlig normal und erschien in der Redaktion, der Blue & Gold. "Ich komm doch nicht zu spät, oder?", fragte Kevin, als er an der Tür klopfte. "Zur Anmeldung? Für, ich weiß nicht, äh... Vielleicht einen Artikel über Kunst?" Zögerlich betrat Kevin das kleine Büro und sah uns unsicher an.
"Kevin...", begann Betty, doch unser Freund unterbrach sie.
"Betty, ich bin auch hier, weil ich... Ich hab viel an mir gearbeitet. Seit mich die Farm zurückgelassen hat. Und es hat mir geholfen zu erkennen, dass ich nicht... Die Farm nicht brauche, um mich vollkommen zu fühlen. Ich... Aber ich brauche meine Freunde. ", erklärte er. Ich schenkte Kevin ein kleines Lächeln, ehe ich Betty bittend ansah. Sie musste ihn einfach mitmachen lassen. Kevin hatte sich geändert. Außerdem war er unser bester Freund. Betty seufzte leise.
"Es tut mir so leid, wie ich dich unter Edgars Einfluss behandelt habe.", entschuldigte Kevin sich.
"Oh, du meinst, als du mich an den Knöcheln gepackt hast, damit ich eine Lobotemie bekomme?"
Keine Ahnung, was auf der Farm gewesen war, aber Betty schien immer noch sauer auf Kevin zu sein. Dabei war er genauso ein Opfer wie alle anderen.
"Ja, ich... Ich schäme mich zu tiefst dafür.", gestand Kevin bedrückt. "Ich will dir gerne zeigen, wie sehr ich mich verändert habe und ich hoffe, ich kann dir beweisen, dass du mir wieder vertrauen kannst. Es tut mir einfach wahnsinnig leid, Betty."
Mitleidig sah ich Kevin an. Ich glaubte ihm. Deswegen warf ich Betty einen strengen Blick zu, der ihr zeigen sollte, dass er eine zweite Chance verdient hatte. "Füll einfach das Formular aus, Kev.", sagte ich und reichte ihm das Klemmbrett. "Dann sehen wir weiter." Aufmunternd lächelte ich ihn. Kevin nickte dankbar und griff nach einem Stift.
"Jughead Jones, bitte melden Sie sich im Büro des Schulleiters.", ertönte es durch die Lautsprecher. Verwirrt blickte ich zu Betty, doch auch sie schien nicht zu wissen, was los war.

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