Riverdale

Die Iden des März

Die Woche begann wie jede Woche. Wer hätte gedacht, wie sie endet? "Puh, der Test war brutal. Wozu muss man wissen, was ein Erstgeburtsrecht ist?", fragte Kevin, als wir gemeinsam mit unseren Freunden im Aufenthaltsraum waren. Konzentriert legte ich meine Stirn in Falten und warf den Dartpfeil auf die Scheibe, die an der Wand hing. "Wie, das war eine der Fragen?", entgegnete ich fragend und wollte zum nächsten Wurf ansetzen, als Mr Honey in den Raum kam und einmal in die Hände klatschte. "Miss Lodge, bei einer Routinekontrolle habe ich diesen Flachmann mit Rum in Ihrem Spind gefunden." Noch eben hatte Veronica ihren Kopf auf Archies Schoß gelegt und nun setzte sie sich auf, als hätte man sie beschuldigt jemanden umgebracht zu haben. "Verzeihen Sie, seit wann ist die Riverdale High ein faschistischer Polizeistaat, Mr Mussolini?", fragte Veronica entsetzt. Neugierig beobachtete ich die beiden, während ich vorsichtig die Dartpfeile aus der Scheibe zog.
"Es obliegt meiner Verantwortung, auf das Wohl meiner Schüler Acht zu geben.", antwortete Mr Honey. "Wie wird die Bernard wohl reagieren, wenn sie von diesem Vorfall hört?"
Entsetzen spiegelte sich in Veronicas Gesicht wieder. Scharf sog ich die Luft ein, denn ich fürchtete, dass Veronica gleich zum Angriff ansetzen würde. Wütend erhob sie sich und blickte Mr Honey eindringlich an.
"Die Anwerberin hat mich in meiner Flüsterkneipe trinken sehen. Das sind keine spießigen machtbesessenen Arschgeigen."
"Veronica, stopp.", meinte Archie und stand ebenfalls auf. "Das ist nicht notwendig, du musst mich nicht beschützen."
Verwirrt runzelte ich die Stirn und tauschte Blicke mit Kevin, doch der schien mindestens genauso überrascht zu sein wie ich. Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, dass das Archies Flachmann war. Somit war klar, dass er seine Freundin deckte. "Principal Honey, es tut mir leid. Das Schloss an meinem Spind war kaputt. Ich kenne Veronicas Kombination. Ich hatte den Flachmann, meinen Flachmann, vor dem Test dort versteckt."
"Dann ist das Ihr Alkohol, Mr Andrews?", hakte Mr Honey skeptisch nach.
"Das war ein schweres Jahr, wenn Sie verstehen. Ich muss ab und zu mal Dampf ablassen."
Fassungslos, dass Archie das tatsächlich durchzog schüttelte ich den Kopf. Veronica sagte nicht einen Ton. Stattdessen nahm sie seine Hand in ihre und spielte einfach mit.
"Eine Woche Nachsitzen. Und ich informiere Ihre Mutter über diese Sache.", entgegnete Mr Honey. Archie nickte.
"Ich hab verstanden, Sir."
"Ja." Mr Honey warf Veronica noch einen strengen Blick zu, ehe er ging. Ich wusste nicht einmal, wieso mich das ganze so sauer machte, doch am liebsten hätte ich jemandem den Dartpfeil in den Hintern gesteckt.
Veronica wandte sich Archie zu und umarmte ihn lächelnd. Wutentbrannt warf ich den Pfeil auf die Dartscheibe. Und traf direkt ins Schwarze.

Betty bestand darauf, dass wir mit zu der Party an der Stone Wall Prep im Wald gingen. Weil ich nichts besseres zu tun hatte, stimmte ich zu. So kam es also dass ich mich zwischen die Leute zwängte und aufpasste, dass ich keinem von denen zu nahe kam. Jeder von den Schülern hatte sich verkleidet, was ich als seltsam empfand. Immerhin war das eine Highschool Party und kein Kindergeburtstag. "Gott, hier sieht es aus, als hätten Shakespeares Sommernachtstraum und Euphoria ein Kind bekommen.", sagte ich und blickte mich skeptisch um. Auch die vielen bunten Laternen und Lichterketten machten mich auch nicht fröhlicher. "Tja, diese Vollidioten wissen, wie man feiert.", entgegnete Archie und reichte mir und Veronica jeweils einen roten Plastikbecher mit Drinks.
"Habt ihr Jughead gesehen? Ich hab ihm gesagt, wir treffen uns, wenn wir hier sind.", kam es fragend von Betty, die sich etwas unruhig umschaute. "Ich seh mich um, ja? Vielleicht finde ich ihn."
"Hier.", sagte Archie und reichte auch Betty einen Becher.
"Danke." Und schon verschwand Betty aus unserem Sichtfeld. Als Archie den Arm um seine Freundin legte, wünschte ich mir, dass Kevin mitgekommen wäre. Dann wäre ich wenigstens nicht so allein gewesen.
"Gehen wir näher ans Feuer?", fragte Archie.
"Ich hab 'ne bessere Idee, wie du mich warmhalten kannst. Wann haben wir es das letzte Mal im Wald getan?", sprach Veronica verführerisch. Angewidert verzog ich das Gesicht.
"Ich verschwinde.", murmelte ich und mischte mich unter die Leute. Alles war besser als mir das länger anzusehen.

Wenig später kamen Archie und Veronica wieder zu mir. Ich hatte mich an einen Baum gelehnt und die Leute beobachtet, die sich peinlich benahmen, weil sie zu viel getrunken hatten. Veronica glättete ihre Kleidung mit ihren Händen und räusperte sich, als sie vor mir stand. "Hast du Betty und Jughead gesehen?"
"Nein.", antwortete ich und trank meinen Becher leer, bevor ich ihn in den Müll warf. "Aber vielleicht haben die da hinten was gesehen."
Meine Hände in den Taschen meiner Jacke vergraben, ging ich zielstrebig auf zwei Schüler zu, die die anderen und mich schon eine genze Weile beobachteten.
"Hey, habt ihr Betty und Jughead gesehen?", fragte ich drauf los.
"Ich denke, sie sind in den Wald gelaufen. Zu dieser Lichtung da hinten.", teilte uns die Asiatin mit und deutete hinter uns auf eine Stelle, die in den Wald führte.
"Danke.", bedankte Veronica sich und ging vor. Da die beiden Schüler mich so seltsam ansahen, zog ich fragend die Augenbraue nach oben.
"Ist was?", fragte ich schnippisch. Als sie nicht antworteten, verdrehte ich die Augen und folgte meinen Freunden einfach in den Wald.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass die beiden hier-", begann ich gelangweilt, verstummte jedoch, als ich Betty entdeckte, mit dem Rücken zu uns gewandt. Vor ihr lag jemand reglos auf dem Boden. Beim genaueren Betrachten erkannte ich Jughead. Meine Augen weiteten sich automatisch.
"Oh mein Gott, Betty! Was ist passiert?", rief Veronica und rannte auf das Mädchen zu.
"Jug!", kam es von Archie, der ebenfalls losgerannt war. Mit schnellen Schritten folgte ich den beiden und blieb neben Betty stehen. In der Hand hielt sie einen Stein.
"Er hat keinen Puls.", stellte Archie erschrocken fest. Die Woche begann wie jede andere. Wer hätte gedacht, dass am Freitagabend..."Er ist tot." Panik breitete sich in mir aus. In mir flackerte die Erinnerung an Caramel auf. "Was hast du getan Betty?" Die Worte kamen einfach so aus mir heraus. Ich spürte die Angst bis in die Zehen. Was zur Hölle war passiert?