„Wieso bist du so? Wieso kannst du immer die umwerfendsten Wörter treffen? Wieso kannst du so mit mir reden, obwohl du ihre beste Freundin bist? Wie kannst du so viel Wärme in dir tragen, obwohl du mir gerade beschrieben hast, wie die Liebe dich zerstört hat? Wieso gibst du mir immer das Gefühl ich wäre was Besonderes?" , löcherte er mich mit Fragen und platzt deutlich vor Neugier und Irritation.
Ihm ist anzumerken, dass diese Fragen schon seit Längerem auf seiner Zunge brennen. Wahrscheinlich seit unserem Gespräch auf dem Schulflur. Gespannt durchbohrte er mich mit seinen verzaubernden Augen. Und dass ich mich in dieser unangenehme und unumgänglichen Situation befinde, hat keiner außer Ich und meine Dämlichkeit zu verantworten. Wieso schenke ich einem Menschen so viel Aufmerksamkeit, ohne in Betracht zu ziehen, dass er langfristig auch eine Begründung dafür möchte? Ich verhakte meine zittrigen und feuchten Hände fest in einander, um für mehr Stabilität zu sorgen. Meine weichen Knie halten mich nur mit Mühe. Schweißperlen bildeten sich auf meiner erblassten Stirn. Statt dass das Blut in mein Gesicht steigt und ich erröte, verschwand der rote Saft und widmete sich anderen Organen. Denn die starke Durchblutung meines Gehirns muss sichergestellt werden, um eine gut durchdachte und überzeugende Begründung zu entwerfen. Herz und Verstand rangelten sich um den Sprechball. Ein Kräftemessen, wer zu Wort kommen darf und Mattia entgegenkommt. Machtlos stehe ich wie angewurzelt vor ihm und bin selber nervös, was über meine Lippen kommen wird.
„Ich kann mir nicht erklären, warum diese Vermutung bei dir aufgekommen ist, Mattia. Dass ich dich mag, ist richtig. Helfen tue ich dir auch gerne und sehe dabei auch kein Problem, wenn es um 'Sie' geht. Aber falls sie das nicht akzeptiert, dann muss sich unser Kontakt auch in Grenzen halten. Und außerdem, warum sollte ich denn kalt dir gegenüber sein? Du hast mich nicht verletzt. Zwar hat mich meine Liebe kaputt gemacht, ja. Aber wieso sollte ich dies auf andere projizieren? Und zu guter Letzt, freue ich mich, dass meine Aussagen dich so bewegen. Verletzungen entwickeln Narben. Und neben diesen Narben, die Fähigkeit auf den Punkt zu kommen, wenn um Gefühle geht... So, jetzt haben wir deine Verwirrung aus der Welt geschafft, oder?" , reagierte ich standhaft auf all seine Fragen und bemühte mich zusätzlich, genügend Überzeugungskraft auszuströmen.
Ich war nie eine begabte Lügnerin, aber ich muss zugeben, dass ich für meine Verhältnisse relativ glaubwürdig klang.
Und als wären es nicht genug Unwahrheiten, setze mein machtbesessener Verstand einen drauf: „Wir sind doch nur Freu-" und ehe ich mein Satz beenden kann, fällt mir ein ungewöhnlich gereizter Mattia ins Wort: „Wage es ja nicht, dieses Wort auszusprechen."
// sollte ich noch etwas sagen, bevor ihr alle ausrastet? Nein okay