Und jetzt war ich diejenige, die den gleichen Schwur ablegen muss. Aber kann ich ihm wirklich versprechen, dass mein Verstand mich nicht besiegt?
„Kannst du das bitte nie wieder tun?" , fragte ich sarkastisch, ohne auf eine Reaktion zuwarten und mit grinsendem Gesichtsausdruck.
Er zog seine Hände von meinen Wangen zurück und lächelte erleichtert. Somit bin ich dieser Entscheidung souverän aus dem Weg gegangen und sorgte zeitgleich für eine gelockerte Stimmung. Auch wenn ich diese Erschütterung noch nicht verarbeitet habe und meine Tränen nicht getrocknet sind, musste jemand diese Aufgabe übernehmen, um nicht einen gemeinsamen tragischen Zusammenbruch zu erleiden. Mein Herz ist Zweitrangigkeit gewohnt und konnte sich auch jetzt zusammen mit dem erzeugten Schmerz in den Hintergrund stellen.
„Hast du keinen Hunger?" , stellte er die Gegenfrage, auf die ich den ganzen Tag schüchtern gewartet habe und es scheint so, als würde er ebenfalls das Geschehene verdrängen wollen würden.
„Oh ja! Wir müssen uns unbedingt etwas zu essen vorbereiten. Jedesmal sind wir kurz davor und dann kommt etwas in die Quere." , vermerkte ich belustigt und steige vom Bett, um mich in die Küche zu begeben.
Ich übernehme die Führung und merke schnell, dass ich keine Ahnung habe, welche der drei Türen zur Küche führt. Ich bleibe wartend im Flur stehen und mein Blick schweift zu dem leeren Ort an der Wand.
Ich schmunzelte leicht und nach Mattias Bemerkung war mein Grinsen nicht zu übersehen: „Lange wird dieser Platz nicht frei sein."Er öffnet die erste Tür auf der linken Seite und gewährt mir den Eintritt. Eine glänzend polierte weiße Küche, die sehr schlicht gehalten wurde, kam mir entgegen. Ein kleiner Esstisch in der Ecke war in einem leuchtenden Orange und sorgte für einen kräftigen Kontrast.
„Nimm Platz." , forderte er mich auf und öffnet den Kühlschrank.
Während ich auf dem Stuhl saß, erlaubte ich mir aus Langeweile einen kleinen Blick in den Kühlschrank. Er war lediglich mit dem Nötigsten gefüllt. Er hatte zwar eine große Wohnung, als wohlhabend könnte man ihn aber nicht bezeichnen.Ich bewege meine Augen zu ihm. Verträumt blicke ich auf seinen Rücken, bei dem schon fast jede Muskelfaser erkennbar war, und ich lehne mich zurück.
Wie wunderschön er doch ist, stelle ich zu häufig fest. Eine Packung Milch war in seiner Hand, als er sich kurz darauf zu mir drehte. Er stellt sie auf den Tisch und möchte den Müsli und zwei Schalen und Besteck den Schränken entnehmen. Natürlich würde ich ihm auch meine Hilfe anbieten, wenn ich den Weg zu all diesen Dingen wüsste. In wenigen Minuten war dieses Gericht vorbereitet. Wir aßen und führten das Gespräch fort, was wir einst geführt haben, bevor er entschied, mit paar Worten alles auf den Kopf zu stellen.„Ich muss jetzt leider gehen Mattia, damit meine Eltern nicht merken, dass ich geschwänzt habe."
„Bleib doch noch." , sagte er mit einem Schmollmund, als ich schon draußen an der Türe stand.Ich lächelte nur bei diesem süßen Anblick und lief den langen Weg zu Fuß nach Hause. Ich ließ den Tag Revue passieren. Mein überlasteter Kopf durchdachte jedes einzelne Ereignis. Doch plötzlich schoss mir eine Erkenntnis in den Kopf, die mich die heutige Nacht hellwach bleiben lässt. Ich schaute in den Himmel und ließ mein Kopf nach hinten fallen.
Und ab dem Moment wurde mir klar: Ich würde weiter für ihn gehen. Mein Herz schlägt hoher. Meine Opfer sind größer. Ja, ohne Widerrede und außer Zweifel: Ich bin die, die mehr liebt. Ich liebe ihn mehr, als mich selbst. Es ist eine weitere Zwickmühle: Wird er jemals so stark lieben, wie ich?
Kann und will ich erwarten, dass er sich selber für mich aufgibt, wie ich es getan habe? Hat diese Liebe einen Sinn, wenn sie nicht auf Gegenseitigkeit beruht? Und wie soll ich mir antworten, wenn das Einzige, was ich weiß ist, dass er mein Lebenssinn ist?