Kapitel 57

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Deine Sicht-
Sie liebte ihn, das wusste ich. Ich kenne sie auswendig: ein offenes Buch war sie, welches zwischen meinen Händen liegt. Doch wollte ich, dass er es ausspricht. Ich wollte, dass er mir ins Gesicht sagt, dass er sie spürt - die Liebe, die sie ihm gibt.
Unverständlich, dass ich mir mit eigenen Händen Leid zufügen möchte. Doch all dieser Trennungsschmerz muss sich gelohnt haben. Er muss wenigstens zu Bruchteilen Glück erfahren.

„Sie liebt dich, Mattia." , murmelte ich und löste die Frage, die ich gestellt hatte, in Luft auf.

Unkommentiert ließ er diese Worte stehen und wir schauen uns tief in die Augen. Eine seeleruhige Atmosphäre schwebte im Raum. Eine Stimmung, welche mein gebrochener Geist zutiefst genießt. Seine Anwesenheit, wie qualvoll sie auch sein mag, ist um Welten ertragbarer, als die Sehnsucht nach ihm, die mich in den dunklen Nächten nicht in Frieden lässt. Nach langen berauschenden Blickkontakt, schweift sein Augenpaar mehrmals über meinen Körper und meine Ahnungslosigkeit spiegelt sich in meiner fragenden Mimik wider. Mattia verunsicherte mich und nahm mir die Regelmäßigkeit meiner Atmung. Urplötzlich fällt er in Gelächter und ein lautes ungestelltes Lachen ist hörbar. Verlegen stelle ich ihn zur Rede.

„d/N. Schau mal, wie wir beide ausschauen. Wir sind die Einzigen hier mit einer Jogginghose. Warst du auch so im Restaurant?" , fragte er und kann seinen Lachkrampf kaum unter Kontrolle halten.

Erschrocken blicke ich auf mein Unterteil und realisiere den Grund, wieso so viele befremdlichen Blicke auf mir gelegen haben.

„Oh Gott, wie peinlich." , gebe ich mit rosaroten Wangen von mir und schlug mir gegen die Stirn.

Sein erheitertes Lachen, wie Balsam für meine Seele, sodass kein Schmunzeln auf meinen Lippen undenkbar war.

„Wir sind da!" , kündigte Aurelia an und riss mich aus den dornigen Fesseln meiner Droge.

Ich lächelte sie an und beobachtete wie sie gemeinsam mit Mar zurückkehrt. Das Blut war mitttlerweile von seinen Gesicht verschwunden, doch angeschwollen war seine Nase dennoch.

„Keiner hat mehr Lust auf Bowlen, oder?" , fragte sie und schaut in die Runde.

Sie versuchte die Stimmung aufzulockern und diesen Gefallen machte ich ihr. Ich lache laut und verneinte ihre Frage mit meiner Gestik.

„Außerdem habe ich so Hunger! Wollen wir Etwas essen gehen?" , fügte sie hinzu.
Mar ergriff das Wort und sprach in unserem Namen: „d/N und ich kommen vom Italiener. Wir sind definitiv satt."

Ich verhielt mich still und verspürte nicht den Drang dem zuzustimmen.

„Oder hast du noch Hunger?" , richtete Mar die Aufmerksamkeit auf mich und setzt ein unschuldiges Grinsen auf, um von seiner vorausgegangenen körperlichen Aufdringlichkeit wegzulenken.
„Nein, überhaupt nicht." , antwortete ich kaltblütig, sodass er sich voller Scham wegdrehte, denn sein indirekter Entschuldigungsversuch scheiterte.

Meine beste Freundin geht auf Mattia zu und greift nach seinen Händen, um ihn auf die Beine zu ziehen.

„Schatz, dann lass uns in eine dann lass uns in eine Pizzeria oder zum Asiaten. Bin nämlich unglaublich hungrig." ,erklärte sie ihm mit einem Schmollmund.
„Wenn du nicht möchtest, können wir auch Nachhause." , ergänzte sie verständnisvoll, weil ihr hohes Selbstbewusstsein nicht zulässt, dass sie lästig wirken könnte.
„Ich habe keine Kraft." , stöhnte er und rauft sich an seinen kurzen Haaren.

Die Enttäuschung meiner besten Freundin sitzt tief, doch zu stark ihre Liebe, um einen Konflikt zu stiften.

„Wir sehen uns, Freunde. Mattia will anscheinend nachhause." , gab meine Freundin eintönig von sich.
Sie umarmte mich fest und drückt mir einen leichten Kuss auf die Wange, die soeben aufgrund ihres Freundes rot anlief.
[...]
„Weißt du, was du einmal werden möchtest?" ,fragte Mar mich neugierig.

Er bestand unumstößlich darauf, mich Heim zu fahren. Ich schüttelte meinen Kopf und kann ihm nicht darlegen, was meine Zukunftspläne sind. Er drehte sich zu mir und nahm meine verneinende Kopfbewegung zu Kenntnis. Mich unter Druck setzen ist seine letzte Absicht, weshalb er dieses Thema nicht weiter vertieft. Gedankenverloren musterte ich sein markantes Seitenprofil: Nicht nur ihm bin ich eine Erklärung schuldig. Wie soll ich meinem wartenden Erfolg, meinen schulischen Leistungen und meinen anspruchsvollen Eltern offenbaren, dass mein gesamter Fokus und meine gesamte Lebensenergie auf diesem gewissen Menschen liegt, der nicht mir gehört?

Zeitsprung 1 Monat-

𝑯𝒆𝒓𝒛 𝒐𝒅𝒆𝒓 𝑽𝒆𝒓𝒔𝒕𝒂𝒏𝒅 // 𝑴. 𝑷.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt