Ich überdenke meinen Charakter in der letzten Zeit und sehe, wie lügnerisch, unhöflich und erregbar ich geworden bin. Doch Mattia weckte grausame Seiten in mir, wie ein Teufel, der deine bösen Geister ruft.
Mit dem Ziel, dass du sündigst. Eine furchtbare Darstellung von seinem eigenen Freund, oder nicht?
Aber ich weiß, dass nicht er die Last trägt. Der Grund für mein Leid, war schon immer mein unbändiges Herz. Doch es fällt mir leichter die Schuld bei anderen zu suchen. Eine gewöhnliche und entlastende Eigenschaft jedes Menschen.
Laut prustete ich Luft aus meinem Mund. Mein Schädel schmerzt. Der Lärm in diesem stickigen Ort, bereitet mir noch größere Kopfschmerzen. Ich möchte in den Vorgarten, und stehe auf, ohne jemanden über mein Vorhaben zu informieren. Die Kälte der Abendbrise und die gedämpften Stimmen aus dem Saal umgeben meinen kerzengeraden Körper, der in der Dämmerung steht. Die großflächige Terrasse war links und rechts von Sträuchern mit weißen Blütenblättern umgeben, die bei jedem Windschlag ihren blumig frischen Duft ausstoßen. Mein sonst so nachdenkliches Ich, entschied sich aus eigener Hand in dieser Zeit keine Gedanken zu bilden und grundlos in den weiten Horizont zu blicken. Mein Kopf war leer. Er war nicht befreit, aber es war totenstill. Nichts beschäftigte meinen Verstand oder sorgte für Unruhe. Weit und breit kein Gedanke auffindbar. Es war eine angsteinflößende Stille. Wie die Ruhe vor dem Sturm. Schritte, die immer mehr an Lautstärke zunehmen, bewegen sich auf mich zu.„Ist dir nicht kalt?" , fragt er mit seiner rauen Tonlage.
Ich schüttele meinen Kopf und rühre mich nicht.
„Sei mir nicht böse, d/N. Ich will nur, dass jeder weiß, womit Gott mich gesegnet hat. Ich will, dass jeder weiß, dass du mir gehörst." , erklärt er mir die Absicht seiner Tat.
Er versperrt meine Sicht, in dem er sich gegenüber von mir hinstellt.
„Du hast kein Mitgefühl. Du weißt nicht, was ich durchmache." , unterstellt ich ihm mit knirschenden Zähnen.
Er legt seinen Kopf in seinen Nacken, um keinen Augenkontakt aufzubauen. Er verspürt nicht die Notwendigkeit sich rechtfertigen zu müssen und verstummt. In seinen Augen bin ich zu empfindlich, doch ich versuche mehr als genug die jetzige Lage zu akzeptieren. Herz oder Verstand. Auf Dauerschleife spielt sich dieser Kampf ab. Ich kann es nicht ändern.
„Du verstehst mich nicht, Mattia!" , stellte ich fest und sah ihn enttäuscht an, als er nicht antwortete.
Aufgebracht ändert er seine schweigsame Haltung.
Wütend funkelt er mich an. Verständnislosigkeit war der letzte Vorwurf, den er hören wollte, nachdem er seiner Meinung so viel in diese Beziehung investiert.„Weißt du was dein Problem ist, d/N?" , fragt er rhetorisch und ich spüre, dass er rücksichtslos auspacken möchte.
Mein ahnungsloses Gesicht drückt aus, dass ich den Zusammenhang mit unserem begonnenen Streitpunkt nicht verstehe.
„Dass du gierig bist."
Ich öffne meinen Mund, doch kein Ton wird von meinen Stimmbändern erzeugt.
„Du willst alles haben. Die Liebe, die Freundschaft und ein reines Gewissen noch oben drauf. Am besten sollte sich auch jeder in deine Lage hineinversetzen können und so viel Empathie zeigen, wie möglich. Das nennt man Gier, d/N. Du möchtest keine Entscheidung treffen. Du willst keine Kompromisse eingehen. Du erwartest, dass alles von Zauberhand zu deinem Wohl geschieht. Sowas funktioniert verdammt nochmal nicht." , fauchte er mich an, doch wagte es dabei nicht seine Stimme zu erheben, um sein Versprechen, dies nicht zu wiederholen, zu halten.
Aber es wäre nicht nötig gewesen. Auch ohne lauter Ausdrucksweise, hat er den Spieß um 180° gedreht und mitten in mein Herz gestochen. Seine Wortwahl zeigte keine Spur von Gnade und verschlug mir die Sprache. Er gesteht mir das, was er tief in seiner Seele vergraben hatte: „Du erträgst es nicht Verluste einzustecken. Du willst nicht verlieren, d/N. Du kannst keine Niederlagen sehen."
Keinen Mucks gebe ich von mir. Meine feinen Körperhaare sträubten rasant sich auf. Schmerzerfüllte Gedankenströme überfluten meinen bis vor kurzem inhaltlosen Kopf. Diese Worte waren so echt, dass ich nicht wusste, dass sie existieren. Ich kniff meine Augen zusammen, da bei noch mehr Eindrücke aus der Aussenwelt meine Sicherungen durchbrennen würden. Ich kann nicht realisieren, wie tief ein Mensch in mein Geist schauen kann. Und es sind die ehrlichsten Wörter, die dich zerstören werden.