Deine Sicht-
Ihre Stimme in meinem Gehör wird immer stumpfer, weil ich in meinen eigenen Gedanken ertrunken bin. Sie erzählt von deren emotionalen Moment im Freien, während sie keineswegs intime Details auslässt. Ein leidenschaftlicher Halskuss ihrerseits war das Ende der Folter, der mir in dieser elendigen Realität einen Schlag verpasst. Mein tiefer Seelenschmerz bei jedem Geschehen, welches sie schilderte, brachte mich nicht einmal dazu einen gespielten Glückwunsch zu äußern. Sie ist meine beste Freundin. Mein loyaler Rückgrat, der keine Sekunde von meiner Seite weicht. Aber meine Eifersucht war stärker, als als das Gute, was uns verband. Keine Faser in meinem zersplitterten Herzen wünschte ihnen Glück und Zufriedenheit in dieser Beziehung. Wie gestehst du dir ein, dass du nicht der herzensgute Mensch bist, für den dich Alle aber vor Allem du selbst, dich immer gehalten hast? Wie gehst du damit um, wenn Neid und Missgunst dein reines Herz trüben? Wenn der böser Wille deinen engsten Menschen gegenüber deine weiche Seele versteinert? Wenn du zu jener giftigen Quelle wirst, vor der du Anderen immer gewarnt hast?„Ich wusste, dass du dich für mich freuen wirst." ,beendet sie ihren langen Bericht und beschreibt genau das, was sich in keinster Weise in mir abspielt.
Enttäuscht von mir selbst und dieser miserablen Lage, lächle ich sie gezwungen an. Ich nahm sie in den Arm und drücke ihren Körper feste an mich. Einmal atme ich tief ein, in der Hoffnung, dass der Geruch von Mattia noch an ihr haftet. Vergeblich bewege ich kräftig meine Nasenflügel, bis ich plötzlich an ihren langen Haaren seine unverwechselbare Duftnote erkenne. Wie in einem Rausch, konnte ich sie nicht loslassen und vergesse, wie unangebracht und ekelhaft diese Geste in der Tat ist. Doch so besessen und abhängig ich von ihm bin, nahm ich dieses Suchtmittel zu mir und schließe meine trägen Augen, um diesen Moment zu intensivieren.
„Ist gut, d/N. Ich weiß, dass du mich liebst." , lachte sie, war aber leicht irritiert von dieser innigen Umarmung.
Sie rückte mit ihrem Oberkörper zurück und ich merke, dass sie ein weiteres Gesprächsthema einläuten will.
„Weißt du was?" , fragte sie mich rhetorisch.
Mit ihren zierlichen Fingern deutete sie auf das Telefon zwischen uns. Ein gemeinsames Foto von uns beiden bildete den Hintergrund ihres Handys.
„Als Mar dich gesehen hat, war er überwältigt. Ich habe immer von dir gesprochen, doch er kannte nie das passende Bild zu meinen Geschichten. Du hättest ihn sehen müssen, er war noch nie so erschrocken. Er hat mit den Fragen über dich garnicht aufgehört." , beschrieb sie mir vergnügt die gestrige Situation und deutete auf das hin, wovor ich mich immer gedrückt habe: in ihren Augen ein erstmaliger Versuch und in meinen einen Neustart.
———————————————————————————
guten morgen schon wieder, gut geschlafen?
naa was macht ihr heute so?