Kapitel 17

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Ich musste weg. Dieser Traum hatte mich so sehr verwirrt, dass meine Gedanken sich daran zerfraßen. Es hatte mich tatsächlich an etwas erinnert. Es lag mir auf der Zunge, doch mehr auch nicht. Ich ließ die Jungs schlafen und stand auf. Wieder einmal ging ich an den kleinen Strand hinter der Reha. Es war wie immer sehr ruhig, nun gut, wir hatten auch erst fünf Uhr in der Früh, doch die Sonne erhob sich langsam hinter den Wolken am Horizont.

Meine Beine trugen mich an die gleiche Stelle wie auch gestern. Erneut ließ ich mich fallen, saß allerdings nicht aufrecht, sondern ich ließ mich tatsächlich auf den Boden fallen. In all meinen Anziehsachen, welche aus einem oversized Hoodie und einer kurzen Sportleggings bestanden, war Sand. Sogar in meiner Unterwäsche. Es tat ein wenig weh und kratzte, aber das störte mich nicht all zu doll. Die Sonne brannte noch nicht auf der Haut, wärmte aber bereits ganz gut. Ein paar Möwen flogen über das Meer und quiekten komisch. In kurzer Zeit würde ich wieder zu Hause sein, doch es war nicht mehr mein zu Hause. Seit meinem Unfall war bereits fast ein Jahr vergangen, und ich fühlte mich genau hier wohl. In der Reha waren alle nett gewesen und es hatte mich nach einer Zeit nicht mehr all zu doll gestört, dass meine Familie mich nicht besuchte. Es war normal geworden, meine Mum und Ben einmal im Monat zu sehen.

Obwohl mein Gedächtnis eigentlich keine weiteren Schäden erlitten haben sollte, wusste ich einfach, dass irgendetwas fehlte. Irgendwas saß so tief in meinem Gedächtnis, doch ich kam einfach nicht dran. Egal wie oft ich daran dachte und versuchte es mir wieder einzuprügeln. Doch eines wusste ich noch ganz genau:

An dem Tag unseres Spiels hatte ich mich nicht all zu gut gefühlt. Ich hatte jemandem von meinem Vater erzählt. Während dem Spiel hatte ich dann öfters auf die Tribüne. Das Bild stach sich immer wieder in meinen Kopf. Doch da saß niemand. Sobald ich jedoch an eine andere Stelle des Bildes achtete, sah ich etwas Rotes im Augenwinkel. Es sah aus, als würde da jemand sitzen, der rote Haare hat. Ein wenig länger.

Und da erinnerte ich mich. Es waren die zwei Jungen aus meinem Traum. Die rothaarigen Zwillinge. Oder war es doch nur eine Person gewesen. Ich konnte es wirklich nicht sagen. Aber ich war mir eigentlich sicher, dass da zwei Personen gestanden hatten. Aber mein Gedächtnis hatte eh schon genug hinter sich.

Kurze Zeit später spürte ich mein Handy an meinem Oberschenkel vibrieren. Ich zog es aus der seitlichen Tasche, welche an meiner kurzen Sporthose war. Es war eine Nachricht von meiner Mutter. Sie hatte ein Bild geschickt. Von einer Zeitung. Doch als ich das Bild öffnete und die Überschrift des Artikels las, erschrak ich. Meine Neugier übertriefte aber und ich begann zu lesen.

Nach einem Jahr neue Infos unserer schwer verletzten Teenagerin Louisa Carter

Letztes Jahr im Sommer hat sich die sechzehnjährige Louisa Carter bei einem Handballspiel sehr schwer verletzt. Während sie in den letzten Sekunden das Siegertor für ihre Mannschaft warf, wusste sie noch nicht, dass sie danach nie mehr richtig laufen würde. Kurz vor dem Aufkommen am Boden, wurden ihr die Beine weggerissen. So war die junge Frau mit ihrem Kopf auf den Boden aufgeschlagen. Doch das war nicht das schlimmste. Ihr Knie hatte sich komplett verdreht. Die Teenagerin war danach für längere Zeit (sprich ein paar Tagen) ohnmächtig gewesen. Ihr Knie musste operiert werden, kurz nachdem sie aufgewacht war. Es hieß, sie können in einem Jahr wieder ihren Sport betreiben und ihrer Mannschaft einen weiteren Sieg zu schenken. Doch dem war nicht so. Die Ärzte hatten ihr Knie nicht richtig operiert, weshalb sie nach kurzer Zeit erneut nicht laufen konnte. Kurze Zeit bestand die Gefahr, dass Carter nach dieser Operation querschnittsgelähmt wäre. Doch sie schaffte es. Seit diesem Tag hatte man nichts mehr von ihr gehört. Ihre Mutter hatte nach einige Anfragen immer wieder abgeblockt. Doch nun wissen wir neues. Carter befindet sich momentan in einer Reha, wird dieser aber in wenigen Tagen verlassen. Sie hat das Laufen komplett neu erlernt. Nach unseren Quellen wird sie außerdem wieder anfangen mit ihrer altbekannten Mannschaft zu trainieren. Wie die junge Teenagerin das schaffen wird, wissen wir auch nicht ganz. Aber wir wünschen ihr nur das beste für die Zukunft und das sie uns den Sieg bald wieder ins Dorf bringen wird.

Ein Grinsen überkam mein Gesicht. Sie hatten wirklich über mich geschrieben. Jemand hatte doch an mich gedacht. Ich war einfach nur glücklich. Allerdings überkam mich kurze Zeit später die Frage, wer diese Auskunft gegeben hatte. Nicht viele wussten von meinem Aufenthalt hier und noch wenigere, dass ich wieder mit Handball anfangen wollte. Naja, jetzt wussten es eh fast alle aus unserem Dorf. Meiner Heimat.

Die restliche Zeit in der Reha verging wie im Flug. Ich musste mich von Joshua verabschieden, welcher wieder zu seinen Eltern nach Bayern flog. Als nächstes würde dann wohl ich gehen und unsere ganze Gruppe wäre wieder von einander getrennt. Es tat weh, aber ich wusste, dass es irgendwann so kommen müsste.

Meine Koffer standen bereits fertig gepackt, als Maurice an die Tür klopfte. Ich legte gerade noch die restlichen Sachen für morgen zusammen. Morgen würde ich weg von hier sein. Ein erneuter Klopfer zog mich aus meiner Tagträumerei. Ich rief schnell ein „herein" als die Tür in wenigen Millisekunden aufgetreten wurde. Maurice kam mit so vielen Süßigkeiten durch die Tür, sodass man nur noch seine Beine sah. Sein Gesicht war komplett bedeckt. Ich lachte nur, ging auf ihn zu und befreite ihn von einigen Süßigkeiten. Wir ließen sie auf mein Bett fallen und setzten uns in die Mitte. Wir hatten immer bevor einer gegangen war uns zusammen getroffen. Wir hatten die Nacht durchgemacht und hatten uns an vergangenes erinnert. Es war immer ziemlich lustig gewesen. Doch jetzt waren wir nun einmal nur noch zu zweit. Es fühlte sich komisch an, nicht mehr umgeben von Leyla und Josh zu sein, doch es war Gewohnheit geworden. Wir redeten lange und aßen viel. Wir erinnerten uns daran, wie wir Freunde geworden waren und wie unrealistisch unsere Freundschaft eigentlich war. Wie in so einer echt schlecht gemachten Fernseh- Serie in der sich die Außenseiter anfreunden und cool wurden. Naja wir waren keine Außenseiter gewesen, sondern einfach dumme, die irgendetwas hatten, weshalb sie in die Reha mussten. Und wir wurden auch nicht cool, sondern einfach selbstbewusster. Aber das ist das was mir so gefiel an unserer Freundschaft. Wir hatten uns weiterentwickelt, mit Hilfe der anderen.

The Book || a Fred Weasley Fan-Fiction (deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt