Definitely Not a Sociopath

Kapitel 16

Pia POV

Sonntagmorgen. Ich laufe im Pyjama in die Küche und lasse mich auf den Stuhl fallen.

"Du hast ganz schön lang geschlafen. Es ist halb 12", sagt Mama und setzt sich mit ihrem Tee gegenüber von mir hin.
"Joa", entgegne ich.
Ich hab die Nacht bis 3 Uhr mit Niki verbracht.
Mit Niki auf Discord und in unserer Minecraft Welt.

Am liebsten wäre ich noch länger online geblieben, aber wir waren beide müde und am Ende haben wir kaum noch geredet, weil wir nicht mehr klar denken konnten.

"Mom?"
"Ja, Schatz?"
Ich habe Niki versprochen heute zu fragen. 

"Es sind bald Herbstferien und mich hat neulich ein Freund gefragt, ob ich mit ihm und der Familie mit in den Urlaub will."
"Wohin soll es denn gehen."
"Nach Japan", meine ich leise und Mama staunt.

"Japan? Wow, warum nicht noch weiter weg? Wer soll das denn zahlen?"
"Sie würden alles für mich bezahlen", sage ich.
Mom sieht nicht so begeistert aus.

"Was ist das für ein Freund? Kann man dem vertrauen?"
"Du kennst ihn nicht."
"Dann zeig ihn mir! Ich muss doch einen Eindruck von ihm haben."

Das wird doch nie im Leben was.
Ich öffne die Gallerie an meinem Handy. Am Abend als wir auf dem Spielplatz waren und er mir die Frage gestellt hat, habe ich ein Foto von ihm gemacht.

Er sieht da drauf verdammt gut aus, trotz des Blitzlichts in seinem Gesicht.
Allerdings wirkt er alles andere als vertrauenswürdig. 

Ich reiche meiner Mutter das Handy rüber.
"Aber keine anderen Fotos angucken", sage ich.
Ich weiß nicht, was sich dort alles verbirgt.

Mit zusammengezogen Augenbrauen mustert sie ihn und zoomt auch noch an sein Gesicht ran.
Keine Ahnung, was sie da hofft an ihm zu finden.

Ihr Gesicht leuchtet auf.
"Das ist doch der Adoptivsohn von der Familie Graf oder nicht?" 
"Woher...?", frage ich verwirrt.
"Natürlich darfst du mit ihnen in den Urlaub, das ist ja toll", sagt Mom und freut sich für mich.

"Wie war nochmal sein Name?", fragt sie.
"Nicholas", antworte ich nach wie vor verwirrt.
"Genau, Nicholas war das. Die Familie ist super nett und Nicholas ist ein total lieber Junge", sie gibt mir mein Handy wieder.

"Woher kennst du die?"
"Ich hab bei denen mal geputzt."

Na super. Meine Mutter hat bei Niki als Putze gearbeitet.

"Nicholas war morgens oft alleine zuhause. Er hat mir gezeigt wo die Putzmittel stehen und er hat ganz oft gefragt, ob er helfen soll, obwohl das mein Job ist und ich dafür bezahlt werde", lacht sie.

Sprechen wir hier vom selben Nicholas?

"Aha... also darf ich nach Japan?"
"Natürlich, da kannst du doch nicht einfach nein sagen. Das wäre dumm, sie bezahlen das ja sogar."

Sie steht auf und stellt ihr leeres Glas in die Spüle zum anderen Geschirr, welches da noch von gestern ist.

Oh wow.
Das war jetzt einfacher als gedacht.

Ich schreib Niki eine Nachricht.

P: meine Mutter hat ja gesagt

Ich fange an zu grinsen.
Irgendwie macht es mich ja schon glücklich.

Ich hab noch nie so richtig Urlaub gemacht und ich war noch nie in einem anderen Land und schon gar nicht auf irgendeinem anderen Kontinent.

"Hast du Hunger?", fragt sie und richtet sich einwenig die zerzausten Haare.