Kapitel 36

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Pia POV

"Vielleicht sollte ich einfach lügen und sagen, ich hab meine Sportsachen nicht mit", ich beiße von meinem Apfel ab und schaue grübelnd auf den Boden.

Es ist große Pause und wir stehen vor dem Gebäude, indem sich die Sporthallen befinden.

Jedesmal hab ich die Partnerarbeit mit Hannah gemacht.
Mit wem soll ich es jetzt machen?
Ich realisiere immer mehr, dass ich in meiner Klasse eigentlich niemanden habe.

Außer Niki.

"Wir könnten auch einfach zusammen in den Park gehen währenddessen und danach wiederkommen."

Ich werfe ihm einen unbeeindruckten Blick zu.

"Also man brauch es auch nicht direkt übertreiben", entgegne ich.

Ich möchte zwar ungern am Sportunterricht teilnehmen, aber deswegen verlasse ich nicht heimlich die Schule.
Das ist viel zu riskant und unvernünftig.
Aber von dem Wort "Vernunft" kennt Niki, glaube ich, nicht all zu viel.

"Warum machst du nicht mit? Kannst du nicht mal einen Ball hin und her werfen?" seufze ich und er lacht.

"Ich darf nicht", antwortet er.

Niki lehnt an der Backsteinwand, seine Hände in der Jackentasche.
Die Ringe unter seinen Augen sind unauffälliger als noch vor paar Wochen.
Es freut mich für ihn, dass er wenigstens seinen Schlafrythmus einigermaßen in Griff zu haben scheint.

"Aber durch die halbe Schule zu rennen, weil Maurice hinter dir her ist, ist ok?", frage ich frech grinsend

"Ich bin vom Sportunterricht freigestellt und von mir aus kann es auch so bleiben.
Deswegen werde ich auch nicht versuchen irgendwas an dieser Sportsituation zu ändern, solange niemand etwas sagt", er zuckt mit den Schultern.

Ich werfe den gebliebenen Rest meines Apfels in den Müll neben uns und verschränke die Arme vor der Brust.
Ich werd da einfach hingehen und hoffen, dass mich irgendjemand als sein Partner haben will. Wenn ich am Ende diejenige bin, die mit Herr Hoffmann zusammen macht, gehe ich weinen. Es wäre einfach demütigend.

"Wann war das letzte mal, dass du Sport gemacht hast?", interessiert schaue ich ihn an.

Er muss auch gar nicht lang überlegen.

"Diese Woche bis jetzt täglich."

Meine Stirn legt sich in Falten und es bildet sich ein großes Fragezeichen in meinem Gesicht, während ich versuche die Logik dahinter zu finden.

"Ich gehe entweder joggen oder ich mache es heimlich in meinem Zimmer, bis ich zusammenbreche. Hab in letzter Zeit festgestellt, dass das besser ist als brechen. Davon bekommt man irgendwann schlechte Zähne", führt er aus.

Ich würde ihm gern eine reinhauen.
Dafür, dass er sich das antut.
Es ist so schwierig, das zu verstehen und nachzuvollziehen. So schwierig, dass ich es beim besten Willen nicht auf die Reihe bekomme. Ich weiß nicht, was er noch erreichen will, wenn er doch jetzt schon viel zu dünn ist und ich kann nicht verstehen, woher der Wille und die Motivation kommt, Sport zu treiben, bis zum Umkippen.

"Zu viele Informationen?", fragt er unsicher, nachdem ich zu lange schweige, weil ich innerlich meinen kleinen Ausraster hatte.

"Nein, ich weiß nur nicht, was ich dazu sagen soll", antworte ich ehrlich.

Ich hab nichts dagegen, dass er mir solche Dinge anvertraut.
Im Gegenteil, ich erfahre gern mehr über ihn.

Es klingelt zum Pausenende und unser Sportlehrer kommt überpünklich den Weg runter gelaufen.
Man könnte meinen er wäre einer der Schüler, würde er nicht diesen grünen Trainingsanzug tragen und eine fette Tasche gefüllt mit Bällen mit sich schleppen.

Definitely Not a SociopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt