Kapitel 1

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"Was hast du mit deinen Haaren gemacht?", mein Freund mustert mich abfällig von oben bis unten.

Der letzte Tag der Sommerferien, und ich wollte nochmal bei ihm vorbeischauen, um ihm meine Veränderung zu zeigen.

"Was denn? Sieht's scheiße aus?", ich gehe an ihm vorbei ins Haus und mache mich auf den Weg in sein Zimmer. Dort lasse ich mich auf dem Bett nieder und er auf dem Drehstuhl gegenüber davon.

"Warum hast du von allen Farben, die es gibt, ausgrechnet orange ausgewählt?"
Ich öffne die Frontkamera und betrachte meine brustlangen Haare.
Vorher waren sie braun.
Ich dachte das würde gut aussehen.
Habe mich sogar passend dazu geschminkt.

"Alle mobben Aaron wegen seinen roten Haaren, und dann kommst du auf einmal an und hast dieselbe Haarfarbe? Du wirst ausgelacht werden, Pia", meint er, "ganz ehrlich, da fand ich sogar die peinlichen pinken Strähnen letztes Jahr besser."

Mein Freund fährt seinen PC hoch, während ich immer noch still auf mein Handy starre.
Naja, was solls.

Ich schaue Jonas an.
Dunkelblonde Haare, groß, grüne Augen, trainierter Körper. Er ist ein hübscher Kerl, dem viele Mädels hinterherschauen. Aber er gehört mir.
Jonas ist nur einige Monate älter als ich, aber zwei Jahrgänge über mir.
Zweimal sitzenbleiben hätte ich echt vermeiden können.

"Ich dachte wir machen heute was zusammen", sage ich.
"Machen wir doch."
"Du gehst gerade mit deinen Freunden zocken", murmel ich.
"Wir sind halt zum Zocken verabredet. Kannst ja zugucken."

Mein Handy vibriert.
Eine Nachricht meiner besten Freundin Hannah.
H: Ich hätte vllt lieber eine andere Farbe genommen, aber es muss ja dir gefallen ❤

Nur bin ich mir nicht mehr so sicher, ob es mir noch gefällt.

Ich liege auf dem Bett und starre stundenlang an die Decke, mit Jonas' Geschrei im Hintergrund, wann immer er stirbt oder es brenzlich wird.

Vielleicht sollte ich langsam nachhause gehen?

Aber dann fängt er auf einmal an sich zu verabschieden.
Jonas verlässt das Spiel und steht gähnend auf. Er lässt sich auf das Bett fallen beugt sich über mich.
Mit einem verführerischen Grinsen lehnt er sich weiter runter und küsst mich.

Ich schlinge meine Arme um seinen Hals und mit der Zeit wird er immer verlangender. Jonas fährt seine Hand unter mein T-Shirt und schiebt es hoch. Er macht sich an den Knöpfen meiner Hose zu schaffen, doch ich lege meine Hand auf seine.
Fragend schaut er mich an.

"Ich hab meine Tage."
Hab ich nicht.

"Oh... dann kannst du mir doch einen blasen?"
Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen, "Nein. Ich muss jetzt sowieso los."
Und damit drücke ich ihn von mir, verabschiede mich kurz und gehe.

Draußen steige ich auf mein Fahrrad und mache mich auf den Weg zum Drogeriemarkt.
Wir leben in einer Kleinstadt, die Sonne ist dabei unterzugehen, also herrscht kaum noch Verkehr.

Im Drogeriemarkt steuere ich auf das Regal mit den Haarfarben zu und schnappe mir das braun.
Meine Haare werden so kaputt sein.

Als ich wieder zuhause angekommen bin, stelle ich mein Fahrrad im Hinterhof ab, bevor ich dann reingehe. Wir haben eine Wohnung im 3. Stock.

Ich klingel an unserer Tür und kurz darauf macht meine kleine Schwester auf. 14 Jahre alt, aber schon fast so groß wie ich, dunkelbraune Haare und grün-braune Augen.
Wir sehen uns sehr ähnlich.

"Wo ist Mama?", frage ich und ziehe im Flur meine Schuhe aus.
"Sie schläft immer noch."
"Hast du deine Schulsachen alle eingepackt?"
Sie nickt, "hab ich."
"Gut."

Definitely Not a SociopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt