Kapitel 78

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Pias POV

Ich sitze am Montagmorgen auf meinem Platz und beobachte die Tür, wie immer mehr durch sie hindurch laufen, nur Niki bisher nicht. Und auch nicht Maurice, und auch nicht Laura.
Und dann beginnt der Unterricht.

"Kommt Laura nicht?", flüster ich Hannah zu.

"Ihr geht's nicht gut, das war alles bisschen zu viel für sie."

"Und Maurice?"

Sie wirft mir von der Seite einen Blick zu und zuckt mit den Schultern.

"Was weiß ich, vielleicht ist er ja verwiesen worden."

"Kann nicht sein, es war erst vorgestern. So schnell können die das nicht entscheiden."

"Warum kümmert dich das so sehr? Er hat deinen Freund geschlagen. Apropros, geht's dem eigentlich gut?", sie schaut zu seinem leeren Sitzplatz. 

"Keine Ahnung", seufze ich.

Ich habe seit vorgestern nichts mehr von ihm gehört und das wollte ich auch nicht. Auch wenn ich schon gerne mit jemanden geredet hätte, nachdem ich nachhause gekommen bin und das Chaos vorgefunden habe.
Gestank, verbranntes Essen im Ofen, faules Essen auf dem Tisch und im Kühlschrank, Mamas leere Flaschen, das Erbrochene auf der Klobrille und ich konnte Lea nicht erreichen.
Ich hab mir alles mögliche ausgemalt.
Wie sie weggelaufen ist oder wie ihr irgendwas zugestoßen ist.
Letzendlich war sie aber nur mit einer Freundin unterwegs und ihr Akku war leer.
Trotzdessen, dass ich ihn in dem Moment gern da gehabt hätte, ein Teil von mir ist erleichtert darüber, ihm heute nicht gegenübertreten zu müssen.

"Glaubst du wirklich, Maurice wird verwiesen?", hake ich leise nach.

Hannah zuckt gleichgültig mit den Schultern.

"Ich würde ihn nicht vermissen."

Ich sitze ruhig auf meinem Stuhl im Unterricht, aber ich kann mein Herz in meiner Brust klopfen spüren.
Wie ist Niki in der Lage dazu, solche Dinge zu tun, und dann einfach sein Leben weiterzuleben? Ganz abgesehen davon, dass man die Person nicht mag und sie fies zu einem ist.
Mein Gewissen würde mich innerlich zerfressen. Das tut es jetzt schon.
Weil ich die einzige bin, die zu meiner Klassenlehrerin gehen und ihr sagen kann, dass alles Nikis Schuld war. Er hat die Drogen mitgebracht und er hat die Auseinandersetzung provoziert.
Und dann müsste ich nur hoffen, dass sie mir glaubt.

Und als Nebeneffekt hätte ich keinen Freund mehr und wäre bestimmt die Nächste, die von der Schule fliegt und ihren Abschluss versaut bekommt. Fuck.

Schnellen Schrittes folge ich Hannah auf den Schulhof, als die Pause beginnt.

"Maurice meinte, dass es Nikis Drogen waren. Was ist wenn er recht hat? Dann würde er ja für Unrecht bestraft werden. Nur wegen bisschen Gras. Fast jeder hier kifft! Aber sie werden nicht der Schulleitung gemeldet, das macht doch niemand einfach so."

"Glaubst du lieber Maurice als deinem eigenen Freund?"

Ich glaube, sie kann das alles nicht mehr hören. Sollte sie mir nicht Zuspruch geben? Sie wäre doch die letzte, die Niki glauben würde.

"Seit wann hast du denn so viel Vertrauen in Niki?", hinterfrage ich.

"Hab ich ja nicht. Aber ich glaube, er hat kein Problem mehr damit, dass ich da bin, also sollte ich auch versuchen nett zu sein. Außerdem ist es mir egal. Ich will mich da nicht einmischen."

Auf dem Schulhof gesellt sich Dan zu uns und kurz darauf Laura, und das Gespräch ist hiermit beendet.
Ich fühle mich immer noch überfordert.

Am nächsten Tag befinde ich mich in der gleichen Postion. Weder Niki noch Maurice sind in der Schule.
Ich stehe im Kreis mit Hannah und Dan und blende ihre Gespräche aus.
Ich hatte bisher keine Ruhe gefunden und ich hatte einen Alptraum darüber, dass Maurice von der Schule geflogen ist und es ihm auf seinem neuen Weg extrem schlecht erging, und er kam zu mir zurück, um mir die schrecklichsten Vorwürfe zu machen. Alpträume sind nicht schön.
Und bald stehen die Abschlussprüfungen an. Ich habe nichts gelernt. Ich muss etwas tun, um meinen Kopf zu befreien.

Definitely Not a SociopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt