Kapitel 62

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Nikis POV

Es ist viel zu kalt im Auto, Luca nervt, indem er mich mit Tipps volllabert, wie ich bessere Noten bekomme - Erstell dir einen Lehrplan, melde dich mindestens einmal pro Stunde, stell Fragen, nicke immer aufmerksam - und Nadine ist aus irgendeinem Grund viel zu glücklich und hibbelig, während sie zu ihrem momentanen Lieblingssong aus dem Radio mitsummt und mitwippt.

"Was hast du denn gerade für einen Schnitt?", fragt er und Nadine parkt gerade das Auto.

"Schnitt?"

"Dein Notendurchschnitt."

"Woher soll ich das wissen?"

"Es gibt bald Halbjahreszeugnisse und du weißt nicht, was du für Noten hast?"

"Luca, es ist viel zu früh und du redest viel zu viel. Ihr seid beide so anstrengend", seufze ich genervt.

"Nur weil du immer schlecht gelaunt bist, müssen alle anderen nicht auch schlechte Laune haben", meint Nadine von vorne.

"Ich wurde von Coco geweckt, die mein Bein gerammelt hat, weil einer von euch meine Tür geöffnet hat!"

Die beiden lachen über meinen Ärger, als hätte die Situation nicht meinen gesamten Morgen ruiniert.

Kaum bin ich aus dem Auto, laufe ich mit schnellen Schritten zur Schule und lasse Luca irgendwo hinter mir zurück.

Ich habe ein bestimmtes Ziel im Kopf und das ist Pia. Deswegen bin ich ein Stück beruhigter, als ich den Klassenraum betrete und sie direkt an ihrem Platz sitzen sehe, mit dem Blick auf ihr Handy gerichtet. Ich frage mich, ob sie jemanden schreibt.

Von hinten bewege ich mich auf sie zu, wobei Hannah sich sofort weg dreht, damit sie mich auch ja nicht ansehen muss. Aber Hannah ist irrelevant.
Ich schaue über Pias Schulter auf ihr Handy. Sie konsumiert unlustige, veraltete Memes auf Instagram, weil sie nichts besseres zu tun hat. Aber jetzt bin ich hier.

Ich nehme eine Strähne ihres Haares zwischen meine Finger und Pia legt verwundert den Kopf in den Nacken, schaut zu mir hoch, während ich zu ihr hinunter schaue. Jedesmal, wenn ich in ihr Gesicht blicke, fällt mir ein wie schön das Septumpiercing an ihr aussieht und ich bin froh, dass es ihr auch gefällt.

Pia dreht sie sich auf ihrem Stuhl, um mich besser angucken zu können. Meine Finger spielen immer noch mit ihrem Haar, bis sie meine Hand entfernt, um sie zu halten. Wie sanft sie meine Hand mit ihrer umschließt passt nicht zu dem Todesblick, den sie mir gerade schenkt.

"Hi", sage ich.

"Ach, auf einmal bist du nicht mehr sauer?", ungläubig schaut sie zu mir hoch.

"Warum sollte ich?"

"Du bist gestern sauer geworden und dann bist du einfach gegangen", sagt sie und es kann sein, dass ich es mir einbilde, aber ich glaube, ihre Augen werden etwas nass.

"Ich bin nicht sauer gewesen", meine ich und lege meine freie Hand auf ihre Wange, welche sie ebenfalls direkt runterdrückt.

"Doch! Hör auf mit dieser sanften, unschuldigen Stimme mit mir zu reden und so zu tun als wäre nichts", sie wird etwas zu laut und schaut sich kurz erschrocken um.

Ich starre schweigend zu Pia hinunter und sie drückt meine Hand.

"Tut mir leid, so meinte ich das gar nicht", entschuldigt sie sich mit gedämpfter Stimme, "Ich bin müde und verwirrt und ich weiß nicht, ob ich etwas falsch gemacht hab."

Unsere Lehrerin betritt den Raum.

"Mach dir keine Sorgen drum, alles ist gut", erwidere ich und dann muss ich sie auch schon loslassen und zu meinem Platz gehen, bevor sie noch mehr dazu sagen kann.

Definitely Not a SociopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt