Nikis POV
Manchmal verdränge ich Dinge, bis es so weit ist, dass ich mich ihnen stellen muss, und dann würde ich am liebsten sterben.
Wäre es zu spät, wenn ich einen Tag vor der Klassenfahrt sagen würde, dass ich doch nicht mitkomme, und Pia alleine aufbrechen lassen würde?
Ich will nicht, dass sie eine Woche lang mit anderen irgendwo ohne mich ist, aber ich will auch nicht auf die Klassenfahrt.
Ich will nicht auf Gemeinschaftsduschen angewiesen sein, ich will nicht zusammen essen, ich will mit keinem anderen Jungen mein Zelt teilen, ich will nicht schlafen, während andere um mich herum sind, ich will mich nicht umziehen, während andere da sind, ich will mir nicht mit Jungen, die daneben pinkeln, das Klo teilen, ich will mir morgens nicht zusammen die Zähneputzen, ich will nicht zelten, weil ich mich zu sehr an den Luxus gewöhnt hab."Was tust du da?"
Nadine betritt mein Zimmer, unter ihren Arm ein Wäschekorb mit frisch gewaschener Kleidung geklemmt.
"Ich will nicht auf Klassenfahrt."
Ich liege energielos auf dem Boden, meine leere Reisetasche steht daneben.
Ich will nicht packen.
"Ich hab dir davon abgeraten, aber du wolltest ja unbedingt mit deiner Klasse noch eine letzte Fahrt erleben."
Ich ziehe irritiert die Augenbrauen zusammen. Nadine läuft an mir vorbei zum Kleiderschrank und fängt an Klamotten einzuräumen.
"Hab ich das gesagt?"
"Ja."
Was besseres ist mir nicht eingefallen?
Ich kann mir so viel besseres vorstellen als noch eine letzte Fahrt mit meiner Klasse (nebenbei angemerkt auch meine erste Fahrt mit dieser Klasse)."Geh einfach mit Dan in ein Zelt und alles wird gut sein", meint sie.
Ich setze mich auf.
"Was wenn ich in ein Sechs-Personen-Zelt oder so gepackt werde? Haben wir Zelte zuhause?"
"Nein, das hast du mich schon vorhin im Halbschlaf gefragt."
"Kannst du keins kaufen?"
"Niki, ich kann dir Sonntags kein Zelt kaufen", sie schaut über ihre Schulter eindringlich zu mir runter, "Du hättest dich früher darum kümmern sollen."
Mein Körper faltet sich zusammen, meine Wange presst sich an den harten Boden.
"Es wird schon nicht so schlimm werden. Ich hab nur Angst, dass du dort nichts essen wirst", sagt sie.
Sie schiebt meine Kleiderbügel hin und her. Ich hasse es, wenn Menschen durch meine Sachen stöbern. Obwohl die Hälfte dort drin einst ihrem älteren Sohn gehörte und die andere Hälfte von ihrem Geld gekauft wurde."Ich werd essen."
Wahrscheinlich eher nicht."Willst du ihr das hier nicht mal wiedergeben?"
Sie dreht sich mit meinem schwarzen Kleid am Bügel zu mir."Nein, sie meinte, ich kann es behalten."
"Hm, und was willst du damit?"
"Weiß nicht, mich drüber freuen?"
Sie hängt es zurück in den Schrank, hebt ihren nun leeren Wäschekorb auf.
"Ist schade, wenn es nur rumhängt", murmelt sie.
Finde ich nicht. Ich hab ständig etwas von Pia hier und das ist toll.
Obwohl ich sagen muss, dass der Sinn hinter dem Kleid etwas verloren gegangen ist, nachdem sie mir die Kette geschenkt hat, die ich viel besser mit mir rumtragen kann.
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Definitely Not a Sociopath
Teen FictionVielleicht ist es Besessenheit statt Liebe. WARNUNG: In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, sexueller Missbrauch, Selbstverletzung, Essstörungen usw. behandelt. Ich bin kein Experte, aber ich versuche mich über jedes der vorkommenden Themen mögli...