Niki POV
Ich schiebe den Schemel vor das Fenster, um mich drauf zu stellen und raus schauen zu können. Die ganze Welt ist weiß, das ist zum ersten mal so für mich.
Und die Kinder draußen bauen einen kugeligen Schneemenschen.
Ich will mitmachen, aber sie möchten sowieso nicht mit mir spielen.
Es ist so langweilig hier. Ich bin jetzt hier und alle anderen sind woanders.
Alle haben sich für mich gefreut, dass mich jemand aufnehmen will, aber ich mag es hier nicht.Ich kletter vom Schemel runter und laufe aus der Küche raus. Es ist so leise und die Holzdielen knartschen unter mir.
Ich verstehe nicht, warum sie mich haben wollten, wenn sowieso keiner hier mit mir spielt oder redet. Meine neue Mama kocht und putzt den ganzen Tag und ihr Mann arbeitet den ganzen Tag.
Nur der Lehrer besucht mich fast jeden Tag und lernt mit mir koreanisch, damit ich bald mit den anderen Kindern zur Schule gehen kann.Ich laufe die Treppe hoch und halte Ausschau nach einer Beschäftigung.
Die Zimmertür von Hyun-hos Arbeitszimmer ist einen Spalt offen.
Sonst schließt er sich immer ein, aber heute nicht. Also gehe ich neugierig rein.Er sitzt hinter seinem doofen Computer und murmelt irgendwas vor sich hin, als er mich entdeckt. Da sind ganz viele Bücher auf seinem Regal, er ist bestimmt schlau.
Deswegen schreibt er auch so viel auf seinem Computer.Ich tippe mit dem Finger gegen das Fischglas auf der Ablage.
"네키, 지문 찍지 마", stöhnt er genervt.
Der Fisch sieht traurig aus.
Warum lebt sein Fisch in einem kleinen Glas ohne Freunde? Er vermisst sie bestimmt. Ich tippe wieder auf das Glas und versuche ihn auf mich aufmerksam zu machen.Ich höre hinter mir, wie Hyun-ho seinen Stuhl zurück rollt und Schritte auf mich zu kommen.
Aua.
Hyun-ho hat mir auf die Hand geschlagen. Er ist nicht sehr nett. Als er mich in Indonesien besucht und abgeholt hat, war er netter.
"원하는게 뭐야?"
"Saya-"
"한국어", meint er im strengen Ton
"지루한", antworte ich.
Ich weiß nicht, was er von mir will. Aber wenn ich ihm sage, dass mir langweilig ist, vielleicht spielt er dann mit mir.
Aber das macht er nicht.
Er erzählt mir irgendwas und dann packt er mich am Arm und zieht mich mit sich, ich stolper hinterher. Es geht die Treppe hinunter und dann zur Haustür.Dort drückt er mich runter auf die kleine Sitzbank und fängt an mir Schuhe und Jacke anzuziehen.
Wie sagt man auf koreanisch, dass man sich schon selber anziehen kann?
Ich hab das Gefühl, es irgendwoher zu wissen, aber es ist gerade nicht da.
Er zieht mir die Mütze über den Kopf und ich richte sie mir selbst, weil meine Augen sonst halb verdeckt sind.
Gehen wir jetzt zusammen raus in den Schnee?"나가서 아이들과 놀다", er zieht mich auf die Beine und schiebt mich danach aus der Haustür raus.
Da sind die Kinder, welche ich aus dem Fenster gesehen hab.
Er ruft die Kinder rüber und schickt mich dann vor. Ich möchte doch nicht bei ihnen mitmachen. Ich strecke die Hand nach ihm aus, aber er geht rein und macht die Tür zu.Sie reden irgendwas. Die Worte schwirren in meinem Kopf rum, aber ergeben keinen Sinn.
Das ältere Mädchen kommt zu mir. Sie ist die Anführerin, weil sie die schlauste und hübscheste ist, aber ich find sie doof.
Sie fragt mich etwas und ich nicke.
Wenn ich nicht nicke, wissen sie, dass ich nichts verstanden habe und dann sie entweder böse oder denken, ich bin blöd.
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Definitely Not a Sociopath
Teen FictionVielleicht ist es Besessenheit statt Liebe. WARNUNG: In diesem Buch werden Themen wie Gewalt, sexueller Missbrauch, Selbstverletzung, Essstörungen usw. behandelt. Ich bin kein Experte, aber ich versuche mich über jedes der vorkommenden Themen mögli...