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Ein Blick auf den Wecker neben meinem Bett.
4:45

Die Schule begann erst in knapp drei Stunden. Trotzdem stand ich auf und schlurfte schon unter die Dusche. Meine Muskeln waren von dem gestrigen Sprint noch immer verspannt und meine Gedanken nervtötend laut am rasen.

Das heiße Wasser brannte auf meiner Haut, ich ignorierte es.

Das Gebrüll des Fremden wurde mir vom Vortag wieder in den Kopf gerufen, Nyx spielte es mir vor. Das Bild der drei Wölfe welche an der Wand standen, die Beiden welche bemüht waren den Fremden im Schacht zu halten, wie einer von ihnen angestrengt die Hand auf die Augen des Riesen drückte und auf ihn einsprach.

Irgend etwas hatte ihn wütend gemacht, gewaltig wütend. Er war wütend genug geworden um ein Knurren los zu lassen welches jeden in der Cafeteria zum schweigen gebracht hatte, als hätte der Alpha einen Befehl in die Luft hinaus geschrien standen alle wie angewurzelt da, keiner hatte für den Bruchteil einer Sekunde auch nur geatmet, und doch war es niemandem wirklich aufgefallen.

Niemand schien in diesem Moment die Reaktion der anderen wahr genommen zu haben, vermutlich war dieser Zwischenfall den meisten unserer Schule schon wieder egal geworden.

Ein Seufzen kam über meine Lippen als ich langsam begann mich zu wachen und hoffte, dass der Geruch von Honig und Pfirsich meine Gedanken ablenkte.

Ich massierte mit dem weißen Schaum in meinen feinen Händen meine Kopfhaut und atmete tief durch. Tatsächlich entspannten meine Muskeln endlich als mir der vertraute Duft in die Nase stieg. Eine Weile stand ich so da, immer wieder durch meine braunen Haare wandernd und die Zeit genießend welche mir noch bis zum Aufbruch blieb.

Langsam stieg ich aus der Dusche und wurde gleich von der stickigen, feuchten Luft meines Badezimmers begrüßt.

Schnell wickelte ich mich in ein Handtuch und riss das Fenster in der Schräge auf. Die kühle Morgenluft kam mir in einem Schwall entgegen und ließ mich noch ein mal die Augen schließen.

Der Geruch des Regens ,welcher vor einer Stunde noch gegen mein Fenster gehämmert hatte, löste die dicke Luft in dem kleinen Raum ab. Draußen war es bereits hell geworden, vereinzelte weiße Wattebauschen verbargen das helle Blau des Himmels und verbargen auch die warmen Sonnenstrahlen bevor sie die Möglichkeit hatten meine Haut zu wärmen.

In den Stoff des flauschigen Handtuchs gehüllt verließ ich den Nebenraum und schlenderte zum Schrank. Nach kurzer zeit des Überlegens zuckte ich mit den Schultern und zog ein weißes T-Shirt mit samt schwarzer Leggins heraus. Die schwarze Strickjacke viel mir durch Zufall entgegen, ich verzog das Gesicht als mich das ende des Reißverschlusses direkt in diesem traf.

Schnell schlüpfte ich in meine Sachen und wuschelte mit dem Handtuch durch meine dunklen Haare. Als ich in den großen Spiegel meines Schrankes sah, hingen sie mir in langen Wellen über meine Brust. Meine Augen strahlten aus irgend einem Grund nicht so wie am Vortag, sie wirkten matt und müde was die Ringe unter ihnen noch mal zu unterstreichen schienen.

Ich musterte mein Spiegelbild, überlegte wie zur Hölle ich diesen Tag überleben sollte. Nyx würde mir vermutlich den ganzen Schultag lang wieder die Ohren voll jaulen und dieses Mal konnte ich ihr nur zustimmen.

Heute war Vollmond und ich würde mich, dank des Befehles unseres Alphas, nicht verwandeln können bis der Mond vorbei war. Noch mal nen schönen dank, dass diese Sitzung in unserem Wohnzimmer statt finden musste. Wäre im Rudelhaus ja auch zu einfach gewesen was?

Resigniert ging ich mir durchs Gesicht und ließ mich zurück auf meinen Teppich fallen. Wie sollte ich das aushalten? Nie hatte ich ein Problem damit auf meinen zwei menschlichen Beinen durch die Gegend zu hampeln, aber am Vollmond? Die einzige Nacht im Monat in dem das ganze Rudel zusammen durch den Wald preschte, das Hecheln meiner Familie, die Geschmeidigen Bewegungen der Körper um mich, das Heulen welches hier und da von sich gegeben wurde.

Das Gefühl dazu zu gehören, die Unbesiegbarkeit, die Stärke.

All das was das Rudel ausmachte, es zu einer riesen Familie machte, uns zusammen hielt und stark machte. Ausgerechnet das wurde mir gestrichen, würde mich bis zum nächsten Mond zum Außenseiter machen. Und das nur weil mein kleiner Bruder mir auf dem Keks gegangen war.

Ein Schnauben verließ meine Lippen, dann klingelte mein Wecker. Ich hatte also noch eine Stunde bis ich los musste.

Unwillig setzte ich mich auf und gab mein Bestes mich zumindest halbwegs ansehnlich aussehen zu lassen. Meine dunklen Augenringe wurde abgedeckt, meine Wimpern hoch getuscht und meine Augenbrauen in die richtige Form gebracht.

Ich sah wie immer ziemlich natürlich aus, ich war kein an von dick Makeup und einem weiten Gesicht auf meinem kleben zu haben, wo zu auch? Die Leute welche mich wirklich mochten kannte ich, ich hatte sie immer um mich herum gehabt und so würde das auch bleiben, da war niemand den man hätte beeindrucken müssen.

Bei den Gedanken schossen mir wieder die gestrigen Worte meiner besten Freundin in den Kopf, ein Tag weniger bis zum Abschied. Schmerzlich zog sich meine Brust zusammen, aber so war der Lauf der Zeit. Man wurde älter, fand den Menschen mit dem man sein Leben verbringen würde und zog um. Das Leben der Menschen oder eher Wölfe lief fast immer so ab.

Die weibliche Mate zog in das Rudel des Partners, musste sich zwischen Freund und dafür ewigen Schmerzen oder einem glücklichen Leben bei seinem Seelenverwandten entscheiden.

Manche hatten Glück, fanden ihren Partner in einem ihrer Rudelmitglieder und mussten niemanden wirklich hinter sich lassen, doch das Privileg blieb Mel wohl verwehrt.

Ich musste sie heute unbedingt noch fragen wer der Idiot der meine, beinahe schon Schwester, von mir reißen würde eigentlich war. Ein Omega? oder vielleicht doch eher ein Alpha?

Ein kleines Grinsen schlich auf meine Lippen. Meine beste Freundin als Luna? Als Mutter eines Rudels? Der Typ der sie abbekommen hatte musste ohne hin schon Nerven aus Stahl haben, aber wenn sie dann auch noch ein ganzes Rudel mit ihren Launen ertragen musste, wäre der Spaß wohl für alle Beteiligten vorbei.

Langsam schlich ich die Wendeltreppe herunter in den Flur. Langsam aber sicher war Leben ins Haus gekommen. Jonny lief wie von der Tarantel gestochen in die Küche und pflanzte sich auf einen der Stühle, mit großen Augen sah er mich an.

"Machst du mir Frühstück?"

Leise lachend nahm ich eine Schale und füllte sie mit Cornflakes und Milch, was anderes wollte er eh nicht. Dazu kippte ich noch was von seinem geliebten Kakaopulver und stellte ihm die Schale mit einem Löffel dazu vor die Nase.

Breit grinsend begann er zu Löffeln während ich mir einen Kaffee machte und mich zu ihm setzte. Dad und Linn schienen noch zu schlafen, zumindest so halb. Aus ihrem Zimmer war die aufgebrachte Stimme der Freundin meines Vaters zu hören und das immer weiter wehrende Schnarchen welches wohl von ihm kam.

Der Typ schlief wirklich immer wie ein Stein, die Sonne hätte explodieren können und er hätte geknurrt und weiter geschlafen während alle anderen in die blanke Panik verfallen wären.

Nachdem der glücklich kauende Blondschopf vor mir fertig war mit essen gingen wir auch schon zum Auto und ließen uns wirklich mal Zeit auf dem Weg zur Schule, verdammt komisches Gefühl wenn man sonnst immer mit zweihundert Sachen über die Landstraße fegte und trotzdem nur knapp pünktlich war, wenn überhaupt.

Ich genoss es, das war wohl auch das Einzige an diesem Tag was zum genießen war.

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1232 Wörter

Es geht bald wirklich los, versprochen. ^^

Nightmare - please Trust meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt