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Raelynn

Still lagen wir da, sahen aneinander vorbei.
Ihr leerer Blick war stur an die Decke gerichtet, während meiner das Kissen unter ihr plötzlich für interessant zu empfinden schien.
Ihr kalter Körper war nah an den Leinen Gepresst, stellte einen merkwürdigen Kontrast zu der Wärme der Decke über uns her.
Meine Gedanken klebten an ihren Gefühlen, den eben geteilten Schmerzen.
Mein Herz zog sich zusammen, die Stimme in meinem Kopf gab mir wieder zu verstehen, dass ihr Zustand meine Schuld war, wir der Grund für die Tatsache waren, dass ihr Wolf unantastbar für uns alle wurde.

Ich hatte sie erneut verletzt, falsch behandelt, nicht als das angesehen, was sie war.
Meine Mate.
Die zukünftige Luna meines Rudels.
Dieses sture Mädchen, welches mit ihren süßen Sommersprossen gar nicht so giftig aussah, wie sie werden konnte.
Plötzlich tat es mir leid, was ich ihr gesagt hatte, dass ich meinen Job gemacht hatte, mal wieder.
Offensichtlich war ich ein guter Alpha, als Gefährte jedoch nicht zu gebrauchen.

Deswegen hatte mich Melin also so merkwürdig angeguckt, war von gesetzt auf gleich von dem rothaarigen Beta in Schutz genommen worden, oder zurück gehalten, aber wer wusste das schon.

Vorsichtig sah ich zu dem Gesicht der Brünetten Schönheit hinüber, beobachtete das tiefe Blau ihrer Augen und ging vorsichtig von ihr herunter, zog sie jedoch im nächsten Moment an mich, um ihre Körpertemperatur wieder in den Griff zu bekommen.
Ich spürte ihren Puls an meiner Brust, wie er viel zu langsam und gequält vor sich hin tölpelte.
Meine rechte Hand verbarg sich in ihrem Haar, zwang sie ihre kühle Stirn gegen meine Brust zu legen.

Ich fühlte mich schlecht, elend, nutzlos, das erste mal seit Jahren war ich hilflos.
Langsam fuhren meine Finger ihren Rücken hinab, hofften auf irgend eine Reaktion ihrerseits, doch keine Gänsehaut, keine Anspannung und keine Entspannung, schlicht weg nichts.
Wie eingefroren lag sie in meinen Armen, begann langsam aber sicher zu zittern, begann Wärme zu suchen.
Hakan hatte es geschafft sie zu beruhigen, hatte mich jedoch in einer Sekunde der Panik auch übermannt, meine Befehle ignoriert.
Eines meiner Beine legte sich über die dünn gewordenen meiner Mate, meine Arme zogen sie enger an meinen Körper.
"Wie wäre es mit einem warmen Bad..?", ich drückte meine Lippen auf ihren Scheitel, versuchte sie nicht gleich wieder zu verschrecken.
Ihr Kopf bewegte sich kaum merklich hin und her, als würde sie furchtbar krank sein, keine Kraft mehr in ihren Muskeln haben.
Ihre Finger verfingen sich in meinem Pulli, suchten Halt.

"Tut mir leid kleines...", wieder meine Lippen auf ihrer Stirn, ihren Haaren, ihrer Nase, und dann verschwand ihr Gesicht wieder in meiner Halsbeuge, ihre Augen blieben geschlossen.
Noch nie hatte ich sie so still erlebt.
Selbst als ich die aus ihrer Zuhause gerissen hatte, hatte sie mich wenigstens angeschrien, mir wütende Blicke zu geworfen, irgendwelche Kommentare gemurmelt, doch nun war sie komplett still, gab nur das Geräusch ihres Atems von sich.
"Aber du musst irgendwie warm werden...", vorsichtig befreite ich ihr Gesicht von meiner Haut, sah sie besorgt an.
Und das war nicht gespielt, ich machte mir Sorgen, und die nicht gerade wenig.
Müde sah sie mir in die Augen.
Das Blau hatte sich verändert, der bekannte Ozean war zu Eis erstarrt, wurde von tiefen Augenringen im Schach gehalten.

"Okay... dann mache ich dir eine Wärmflasche Okay?", vorsichtig versuchte ich auf zu stehen, wurde jedoch von einem viel zu leichten Zug an dem Stoff meines Hoodies aufgehalten. Ihre Hand zitterte, hörte auch nicht auf sich an mich zu Klammern, als sich meine Hände um ihre legten.
Ich sah wie sie sich krümmte, ihr Körper begann zu beben, der Ausdruck des Schmerzes ihre müden Züge aufs Neue Heimsuchte.
Schnell legte ich mich wieder zu ihr, nahm sie in die Arme und zog die Decke enger um uns beide.
Gedanklich rief ich Noah, sagte ihm still und monoton er solle zwei Wärmflaschen fertig machen und nach oben bringen, auf die Fragen was los sei, antwortete ich nicht weiter.

Als wir die Gummiflaschen bekamen, was Alia bereits eingeschlafen, nicht mehr ansprechbar.
Ihr ganzer Körper zitterte, fühlte sich an wie ein Eisklotz, welchen ich eng umschlungen in den Armen hielt.
Es dauerte nicht lange, da wurde mein Körper zu warm, im Gegensatz zu ihrem.
Leise zog ich mir den Pulli übern Kopf, nutzte ihn als weitere Decke für meine Mate, meine Gefährtin, das verletzte Mädchen neben mir.

Wieder verbarg sie ihr Gesicht an mir, wieder legte ich die Arme um sie.
Ich lauschte auf ihre Atmung, das merkwürdig unwillige Rasseln ihrer Lunge, jedes Mal wenn sie aufs Neue gezwungen wurde, den kalten Körper neben mir am Leben zu erhalten.
Der Schmerz in meiner Brust wurde größer, als ich vollends verstand, was ich mit diesen paar Worten angerichtet hatte, als ich mal wieder einsehen musste, dass ich sie verletzte.
Vorsichtig lehnte ich mich zurück, strich ihr eine Strähne ihrer langen Haare hinters Ohr.
Sie schlief vollkommen ruhig, beinahe wie eine Leiche lag sie da, selbst noch schön im Tod.
Schnell schüttelte ich den Gedanken ab, legte meine Arme enger um sie.

Was dachte ich da?
Ihr würde es wieder gut gehen, alles würde wieder gut werden.
Sie wird warm werden, mich irgendwann verstehen können, mir vielleicht verzeihen.
Wie sehr ich das hoffte.
Schnell rückte ich wieder an die, sah heraus in de Wolken verhangenen Himmel und dachte nach, versuchte dem Drang mir selber eine zu knallen zu widerstehen.
Mit einem leisen Knurren schloss ich die Augen, legte die Arme wohl schützender denn je um ihren schmalen Körper.
Ihr Wolf musste zurück kommen, ihre Lebensenergie zurück in den Körper dieses Mädchens stecken.

Viele Stunden lagen wir so da, zwei oder drei mal ließ ich die Wärmflaschen neu auffüllen, nicht selten kamen Thea und Melin ins Zimmer, erkundigten sich nach ihrer Freundin, wobei Mel sich ziemlich zurück zu halten schien.
Auch meine Schwester schien alles andere als begeistert und entspannt, was ich jedoch darauf schob, dass sie ihren Mate zwar gefunden hatte, aber just in dieser Sekunde nicht bei ihm war.
In der ganzen Zeit bewegte ich mich nicht, hatte Angst das zerbrechliche Geschöpf neben mir zu wecken.
Ihr Körper selbst nahm nicht an viel Wärme zu, wurde jedoch auch nicht kälter, was mir für den Moment zwar nicht genügte, meine Unruhe aber auch nicht weiter steigen ließ.

Ich beobachtete sie lange, bekam nicht ein mal mit wie die Sonne wieder unterging, doch irgend wann war es wieder dunkel im Zimmer.
Die einzige Quelle des wenigen Lichtes, war der Mond welcher hell am Himmel stand und streng auf uns hinab sah.

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1090 Wörter
Leude
Wir gehen auf die 100k zu o.o

Nightmare - please Trust meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt