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Fertig ließ ich mich auf das kühle Leder des Sofas fallen.
Die Kleidung die ich trug war dünn und zu groß, hatte mich dazu gebracht den Weg von der Hütte an nach Hause zu sprinten um mir nicht den Arsch ab zu frieren und einen schmerzvollen, kalten Tod zu erleiden.
Natürlich war der dunkelhaarige Zwanzigjährige mir nach gerannt, sich sichtlich amüsiert als ich über eine der höher gelegenen Wurzel gestolpert war und er mein Gesicht vor dem härter werdenden Boden retten musste.
Sein Lachen schallte laut und tief durch die frische Nachtluft, hallte von den Bäumen wieder und schreckte eine kleine Rehherde auf, die kurz darauf in den Wald davon sprintete.
Dümmlich grinsend war ich da gestanden, lauschte auf den ehrlichen Ton seiner belustigten Freude und sog jede dieser unbeschwerten Stunden in mich auf als wären genau dieses das was mich am Leben hält, denn so fühlte es sich seit meinem Krankenhausaufenthalt an, so war es seit dieser harten Zeit, war es schon immer.

Geld und macht konnten einem alles beschaffen.
Essen, Freunde, Ansehen, Unterkünfte, Kleider, Wärme, doch kein Geld dieser Welt konnte Freude, echtes Glück in dein Leben bringen.
Lächelnd starrte ich den kleinen Kronleuchter über dem Wohnzimmertischchen an, beobachtete wie das helle Mondlicht sich in dem Glas der Lampe fing und es zum Glitzern brachte.
Jonnys lachen hallte aus der Küche wieder, Noahs empörtes Fluchen und die Stimme meines belustigten Mates gleich hinterher.
So wie es roch probierten sie sich am kochen, was wohl bald in einer einzigen Katastrophe enden würde, doch der Großteil von ihnen war wohl alt genug um das selbst zu entscheiden.

Ein lautes Poltern, der Aufschrei von einem der Blondhaarigen und das Gelächter Raelynns, ein Wasserhahn der aufgedreht wurde, ein quietschen, noch ein Knall, das beleidigte jammern meines kleinen Bruders.
Wollte ich wissen was diese Idioten nebenan trieben?
Ich schüttelte den Kopf.
Das wollte ich definitiv nicht.

Müde lehnte ich mich zurück in das weiche Polster, ließ meine Gedanken abschweifen, an all das denken, was erst ein paar Monate in der Vergangenheit lag, mich hier her gebracht hatte, in die Villa mit schwarzem Boden und Marmorsäulen, dem Flur voll von Bildern und Erinnerungen, der, jetzt wohl demolierten Küche mit großem Fenster und langen Insel mitten im Raum.

Ich spürte die festen Türen meines Kleiderschrankes an meiner Wirbelsäule, hört Dad warnende Zischen aus der Kehle meines Mates, sah wie das so dunkle Grün seiner Augen mich wütend und kalt anblitzte, meinen Wolf zum Jammern und schreien brachte, ihn von der ersten Sekunde an verkrümmen ließ.
Ich hörte all die Lügen die er mir in den ersten Tagen entgegen geschrien hatte, spürte das Gefühl eingesperrt zu sein, verlassen von meiner Familie in meinem vertrauten Zimmer zu stehen und in den kleinen Spiegel meines Badezimmers das leere Blau meiner Augen an zu starren.
Ich sah die langen Klamotten die mitten im Sommer auf den grauen Bettbezug des fremden Polsters lagen, las gedanklich noch ein mal die Stumpfen Zeilen des gelben Postits durch und spürte die Welle der Sturheit über mir einbrechen.
Ein kleines Grinsen umspielte meine Lippen als ich an das genervte Gesicht Raelynns dachte, als er meinen Aufzug bei dem Empfang seiner Familie erblickt hatte.

Ich sah die hellbraunen Wellen Theas vor mir, hörte wie zum ersten Mal das Lachen des Beta, ließ der Unbehaglichkeit in meinen Knochen freien Lauf und genoss die Unruhe die meine Muskeln durchzuckte, als der Blick der kleinen Schwester des Alpha auf mir gelandet war.
Ich sah die Aufregung in den Augen des damals fremden Mädchens, spürte das vertraute Kribbeln der Erleichterung als sie plötzlich auch mit stürmisch um den Hals viel und das Knurren ihres Bruders mit einem mahnenden Blick quittierte.

Die Kulisse in meinem Kopf veränderte sich, formte sich zu schwarzem Leder und dem Geruch von Meersalz, zeigte die tief gelegenen Sitze und hauchte mir leise Musik in die Ohren, welche von den Schnurren des schwarzen Sportwagens beinahe übertönt wurde.
Ich spürte den Wind der sanft und warm meine Haare verzwirbelte, sah das grinsende Gesicht Raelynns als er erkannte, wie sehr ich die Geschwindigkeit dieses kleinen Rennens genoss, ich es liebte in das heiße Leder der schwarzen Sitze gepresst zu werden und das plötzliche Heulen des Motors mit einem zufriedenen Lächeln zur Kenntnis nahm.
"Dir gefällt es.", drang die tiefe Stimme des Fahrers neben mir wie durch Watte an meine Ohren, jagte meinem Körper im hier und jetzt eine Gänsehaut über die Arme.
Wenn bereits eine simple Erinnerung für diese Reaktionen reichte, was würde dann bloß die Realität mit mir machen?

Nightmare - please Trust meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt