30

30.1K 972 49
                                    

Müde schleppte ich mich zurück ins Bett und kuschelte mich unter die warme Decke. Raelynn stand im Türrahmen des kleinen Bades und musterte mich mit einem undefinierbaren Blick. In seinem Hirn ratterte es, das hörte ich quer durch den Raum bis ins Bett. Was in ihm wohl vor ging? Warum war er eigentlich zu Hause geblieben?

Langsam verkroch ich mich weiter in die Wärme und drückte meinen Kopf ins Kissen. Es roch angenehm nach ihm und, auch wenn ich mich dafür schlagen könnte, konnte ich nicht anders, als es für den Moment genießen.

Die leichtfüßigen Schritte des Alphas kamen auf das große Bett zu. Die Matratze neben mir senkte sich, dann ließ der Riese sich in die Kissen plumpsen. Kurz erlaubte ich mir sein Profil zu mustern. Seine Haare fielen seitlich an seiner Stirn herunter und verbargen einen Teil seiner Augen vor mir. Ein Arm schob sich unter seinen Kopf, während seine Lippen langsam ein kleines Grinsen umspielte.

Schnell wandte ich den Blick ab und drehte mich zum Fenster um. Graue Wolken verbargen das helle Blau des Himmels und kündigten ein Gewitter an. Meine Finger krallten sich etwas in die Decke. Damals mochte ich Gewitter, doch seit ein Blitz in mein damaliges Zuhause eingeschlagen war und meinen Vater unter einem Balken vergraben hatte, war ich nicht mehr so scharf auf das geladene Spektakel am Himmel.

Nachdenklich biss ich auf meiner Wange herum und beobachtete wie die ersten Wassertropfen an das Glas des Fensters prallten und an diesem zersprangen. Was Jonny wohl gerade machte? Vermutlich meinem Vater auf den Sack gehen und herum quengeln, dass Bus fahren beschissen war.

Ein kleines Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich den Blondschopf mit Schmollmund und verschränkten Armen vor mir aufstampfen sah.

Ein lautes Grollen stieß mich aus meinen Gedanken, mein Körper verspannte sich. "Hey alles okay?, Raelynn drehte sich zu mir und legte leicht eine Hand auf meine Seite. Das bekannte prickeln breitete sich in meinem Körper aus, meine Finger krampften fester in den Bezug des Plimo über mir. "J-Ja... Ja alles gut.", bei meinem Gestotter biss ich mir auf die Zunge. Danke für nichts Stimme. Das Plätschern des Regens wurde lauter, der Himmel zuckte weiß auf, ich verspannte mich mehr als ohne hin schon.

"Musst du wieder ins Bad?", Raelynn starrte mich noch immer an, ich schüttelte etwas den Kopf. "Nein, es geht gerade... Alles gut.."
Meine Augen blieben weiter an dem, immer dunkler werdenden, Himmel hängen. Das Donnergrollen wurde immer lauter, die Blitze wurden immer mehr und die Bilder vor meinen Augen machten mir die Sache nicht unbedingt leichter.
Langsam zog ich die Decke um mich, zog sie bis zur Nase hoch und starrte das Spektakel vor mir an.

Raelynns Hand, welche eben noch locker auf meiner Seite geruht hatte, fuhr langsam um meinen Körper und ich ließ mich von seinem Arm aufs Neue umschlingen, merkte gar nicht, dass er mich an sich zog. "Es ist das Gewitter, oder?"

Ich antwortete ihm nicht, konzentrierte mich darauf nicht gleich am Rad zu drehen, nur weil ein paar Blitze nicht nur durch meine Adern, sondern auch durch den Himmel schossen.
Der starke Arm, welcher sich um mich gelegt hatte, drehte mich mit leichtem Druck zu dem Alpha um.
Ich sah ihn nicht wirklich an, lauschte auf das erneute Gedonner und zählte unbewusst, beinahe schon krampfhaft, die Sekunden, bis sich der Raum erneut erhellte.

"Lia...", seine Stimme klang so weich, schon den ganzen Tag. Es kam wirklich so rüber als würde er sich Gedanken machen.
Jetzt auf ein mal.
Vorher hatte es ihn doch auch nie interessiert, und jetzt liegt er hier, hält mich im Arm und fragt mich ob ich Angst habe? Die plötzliche Fürsorge dieses Typen machte mir mehr Angst als die geladenen Energiebündel, welche über unseren Köpfen durch die Wolken sprangen.

"Warum bist du auf ein mal so zu mir?", langsam hob ich den Blick, sah in die Tiefen des Grüns und versuchte die Antwort in ihnen zu finden, die Wahrheit, keine kleine Lüge die ich mir selber hätte zurecht basteln können.
"Wie bin ich denn?", er blinzelte mich an.

Ernsthaft?
Wie bin ich denn?
Der Typ merkte auch absolut nichts.

Ich zog die Augenbrauen hoch, deutete die ganze Situation gerade an. "Die ganzen Male wo du auch nur annähernd so zu mir warst-", ich deutete auf seinen Arm, seine ganze Existenz in diesem Moment, "-hat es damit geendet, dass ich spätestens 3 Stunden später dir am liebsten eine durch gezogen hätte. Aber dieses Mal.. wirkt es anders, als würdest du etwas wieder gut machen wollen oder.. Was zur Hölle weiß ich denn?!", am Ende schlug ich gegen seine warme Brust, welche unter meinen Händen begann zu vibrieren als er leise lachte.
Das Lachen wirkte nicht echt, es klang gespielt.

Was hatte ich gestern gesagt?
Irgendetwas musste da doch gewesen sein...

Eine Weile war es still, nur das Grollen des unruhigen Himmels störte die Ruhe und ließ mich zusammen fahren.
Raelynn sah wieder auf mich herunter, zog mich schützend näher an sich heran und strich über meinen Rücken.
Ich wurde von Sekunde zu Sekunde verwirrter. "Es ist das Gewitter", stellte er leise fest und legte mir eine Hand aufs Ohr, als ein erneuter Donner, wie ein lautes Krachen die Luft dünner werden ließ.

"Lenk nicht vom Thema ab...", mein Gesicht verbarg sich in der Decke.
Ich hasste diese eine Tatsache an mir. Die Tatsache, dass ich vor einem Wetterspektakel Angst hatte. Es ließ mich fühlen wie die zehn Jährige Version von mir, stieß mich sieben Jahre zurück in die Vergangenheit.

"Du hast doch damit angefangen, kleines.", seine Lippen legten sich auf meinen Scheitel und ließen mir einen Schauer über den Rücken laufen.

Auch wenn ich es mochte wie er plötzlich mit mir umging, machte es mich misstrauisch. Was war passiert? Wo war die Kälte und Autorität hin, der Kampf in seinen Augen, jedes Mal wenn er irgend etwas sagen wollte. Ich rückte etwas näher an ihn.
Am Ende des Tages, konnte ich es in einem Streit immer noch auf den Alkohol schieben, wie ich mich hier gerade verhielt.
Und der würde wahrscheinlich nicht lange auf sich warten lassen, leider.

"Schlaf noch ein bisschen, die passiert nichts Lia", seine Worte waren nur ein leises Nuscheln, welches durch meine Haare gedämpft wurde. Misstrauisch sah ich ihn an. "Wehe ich wache auf weil deine Zähne in meinem Hals stecken.", ich sah sein perverses Grinsen bevor er es verbergen konnte.
Wow, wirklich sehr vertrauenswürdig.

"Keine Sorge, um die Markierung wirst du mich irgend wann anbetteln, kleines.", ich schlug gegen seine Stirn, kuschelte mich dann aber mehr an die Wärme und versuchte das Gewitter aus meinen Kopf zu schließen. "Schlaf schön Prinzessin", kurz verzog ich das Gesicht, driftete dann aber tatsächlich ins Land der Träume ab.
Wurde von wirren Bildern aus Wäldern und Klippen empfangen und spürte meine Pfoten über den Waldboden hinweg preschen.

—————————————————————————————————————————————————-
1140 Wörter

Good Morning

Nightmare - please Trust meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt