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Noch ein mal drückte ich die leichten Gewichte mit Hilfe der Trainerin davon, versuchte sie so langsam wie möglich wieder hinunter auf den Boden sausen zu lassen.
Raelynn stand in der Ecke und beobachtete unser Tuen aus dem Schatten heraus, starrte mit blitzenden Augen das Szenario an, welches ihn geboten wurde.
Die Gewichte wurden um ein Minimum erhöht, meine Beine gaben nach.
Mit einem lauten Knall fielen die Gewichte herunter, gaben mir das Signal, dass ich mich endlich entspannen konnte.
Seit drei Tagen machten wir diesen Mist jetzt schon.
Jeden Tag ein bisschen mehr, jeden Tag ein bisschen länger.
Ich spürte jeden meiner Muskeln, sie pochten vor Schmerz und Anstrengung, doch ich wollte einfach nicht aufhören.
Ich wollte hier raus, da konnte ich mir keinen Tag Pause erlauben, nicht noch einen Tag länger als ohne hin schon in diesem Gebäude verrotten, meine Muskeln für ein paar Stunden ruhen lassen.

"Na gut Alia. Wir hören auf für heute, hast du noch Wasser auf deinem Zimmer?", nickend befreite ich mich aus dem Fängen des Gerätes, stand mit einem verzogenen Gesicht auf.
Meine Beine zitterten, protestierten gegen das erneute Gewicht, welches auf ihnen lastete.
Ich sah zu wie der Alpha sich von der Wand löste, mit langen Schritten zu mir rüber kam.
Seine Hände legten sich an meine Ellenbogen als meine Hände halt ein seinen Oberarmen zu suchen begannen.
"Du solltest morgen im Bett bleiben, Lia.", sofort schüttelte ich trotzig meinen Kopf, ließ die Augenbrauen des Älteren in die Höhe schießen.
"Deine Muskeln brauchen Zeit um sich zu regenerieren, sonst bringt das hier alles nichts.", seine Hände stützten mich mehr, mein Blick senkte sich.

Die Rothaarige kam auf uns zu, legte Raelynn eine Hand auf den Rücken und sah mit ihrem gekünstelten Lächeln zu mir rüber.
Ich verspannte mich, spürte ein merkwürdiges Gefühl in meiner Brust aufsteigen.
Eifersucht?
"Da muss ich ihm recht geben, es würde dir gut tuen.", nun lächelte sie ihn an, sein Blick blieb stur auf mich gerichtet, musterte mein Gesicht ganz genau.
In meinem Kopf kam ein Knurren auf, wütend, laut, ganz plötzlich hallte es wie eine zweite Stimme in mir wieder, fand sich in meiner Kehle und brachte sich zum Ausdruck.
Es war nicht von mir, klang tierisch und im ersten Moment fremd, doch dann verstand ich.
Meine Hand schlug sich auf meinen Mund, die grünen Augen des Größeren weiteten sich.

Er schüttelte die Hand der Krankenschwester ab, legte seine Arme schnell um meinen Körper, zog mich eng an sich.
Was fällt ihr ein ihn an zu fassen?!
Die wütende Stimme von Nyx hallte in meinem Kopf wieder, jagte mir die Tränen in die Augen.
Sie klang alles andere als erfreut, war alleine durch ihre Wut, die viel zu starke Eifersucht wieder zurück gekommen, doch sie war wieder da, redete mit mir.
Hör auf zu heulen und klopf ihr ihre hässlichen Haare aus der fresse!
Schluchzend schnappte ich nach Luft, krallte mich an den Körper Raelynns.
"Ist sie wieder da? Was sagt sie?", er flüsterte nahe an meinem Ohr, bat das erste mal um Einlass in mein Bewusstsein, riss es nicht einfach so an sich.
Ich gewährte ihm den Zutritt, ließ ihn an der wütenden Stimme des verschollenen Wolfes teilhaben.
Tausende von Beleidigungen wurden durch meinen Kopf geschrien, brachten ihn zum Lachen als er sie hörte und Nyx auf seine Reaktion hin die zurecht Weisung an ihn richten.
Nach kurzer Zeit trafen sich mich ihre Worte, fanden jedoch keine offenen Ohren, dafür war ich viel zu sehr im Moment gefangen.
Da lasse ich dich ein mal alleine und schon landest du im Krankenhaus?! Meine Güte dich kann man nun wirklich nicht alleine lassen Kind.

Eine ganze Weile stand ich an Raelynn gekrallt da, spürte wie die Leere in meiner Brust immer weiter verschwand, meiner anderen Seite Platz machte, sie willkommen hieß.
Meine schmerzenden Beine waren vergessen, genau so sehr in den Hintergrund gerückt wie die Trainerin in dem Raum voller Geräte, welche nur darauf warteten mich weiter zu quälen.
Ununterbrochen rann mir das Wasser über die Wangen, hörte einfach nicht auf, fand nicht wie die letzten Male ein Ende.
Meine Hände begannen zu zittern, meine Beine drohten jeden Moment ihren Dienst zu verweigern.
Die Stimme in meinem Kopf war still geworden, plötzlich selber überfordert mit der Situation, hatte verstand was in ihrer Abwesenheit alles geschehen war.
Vorsichtig wurde ich hoch gehoben, erneut, doch dieses Mal so, dass ich mich weiter an ihn klammern konnte, nicht wie eine klischeehafte Frau welche darauf bestand nach der Hochzeit über ihre Türschwelle getragen zu werden.

Die Arme meines Mates legten sich fester um meine Taille, hielten mich an Ort und stelle, ließen mich nicht herunter.
Stockend atmete ich durch, sah den Älteren wie durch neue Augen an.
Ich spürte die Verbindung zwischen uns, stärker denn je, sah seine Züge schärfer, war wieder in der Lage jede Farbe und auch das kleinste Detail seines Gesichtes in mich auf zu nehmen.
Die Welt schien weniger grau zu sein, zeigte mir wieder wie bunt und schön es sein konnte nur ein mal um sich zu sehen.
Schniefend wischte ich mir durchs Gesicht, beseitigte die Spuren meines Gefühlsausbruchs.
Die blitzenden Zähne des dunkelhaarigen strahlten mir durch sein breites Grinsen entgegen, seine Augen funkelten, seine ganze Ausstrahlung schien vor stolz und Macht nur so zu trotzen.
Ich konnte es wieder spüren, die Autorität dieses Machos wieder klar und deutlich sehen, war wieder in der Lage die Ränge ein zu ordnen, denn ich war wieder komplett.
Ich hatte meine Nyx wieder.

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920 Wörter

Nightmare - please Trust meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt