51

23.1K 840 52
                                    

"Bitte iss, nur ein bisschen...", Thea saß an meinem Bett und schob mir das Tablett mit einem randvollen Teller Nudeln entgegen.
Ich hatte keinen Hunger, hatte ihn schon seit Tagen von mir weg geschoben, spürte ihn nicht ein mal mehr.
Die gelben, gekochten Teigröllchen sagen mir aus der roten Tomatensoße traurig entgegen, erweckten in mir eine merkwürdige Übelkeit und ließen mich die Luft anhalten.

Missmutig rückte ich vor der Mahlzeit zurück, sah für einen kurzen Moment in die Grünen Augen, welche denen von Raelynn so ähnlich sahen. "Ich habe keinen Hunger Thea...", meine Stimme klang erschreckend müde, brachte für mich jedoch keine Überraschung mehr ans Licht, auch Thea schien alles andere als geschockt.

"Lia du-", ich ließ sie nicht weiter reden. "Nenn mich nicht so.", es erinnerte mich an Raelynn, diesen verdammten idioten welcher nun schon seit beinahe einem Monat verschwunden war. "-du hast seit Tagen nichts richtiges mehr gegessen...", ihrer vertrauten, warmen Stimme schien nicht bewusst zu sein, dass mir das sehr wohl klar war.
Ich aß wenn ich Hunger hatte, auch wenn das nicht oft vorkam.

"Mama ich hab aber keinen Hunger.", ich versuchte die Ältere mit einem Lächeln zu beruhigen, scheiterte allerdings kläglich.
Ich ließ sie wieder ein wenig an mich, immerhin war Thea der einzige soziale Kontakt welchen ich gerade haben konnte, welcher mir in dieser Art Quarantäne zur Seite stand.

Es fühlte sich so an als wäre eine Seuche ausgebrochen.
Der einzige, der das Haus verlassen durfte war Noah, und der schloss uns zur Sicherheit ein weil er Angst hatte, dass wir das selbe wie vor einem Monat noch ein mal abziehen würden.
Auch jetzt gerade war er außer Haus, besorgte irgendwelche Lebensmittel oder schmiedete Pläne mit seinen Kameraden.

Jetzt wo der Alpha eine Weile weg war übernahm der Beta seine Rolle, wurde jedoch ohne die Einwilligung des Zwanzigjährigen nicht ganz für voll genommen.

"Du trägst seinen Pulli nicht mehr...", die Feststellung Theas riss mich aus meinen Gedanken.
Raelynn hatte Noah gesagt er solle mir einen seiner Hoodies zum schlafen andrehen, in der Hoffnung, dass meine Träume verschwanden, doch sein Geruch brachte nichts als Sehnsucht und Schmerzen mit sich.

"Ich weiß du vermisst ihn.. A-"
"Aber was? Er kommt bald wieder? Das sagt ihr schon seit Wochen Thea. Vielleicht will ich ja auch gar nicht mehr, dass er wieder kommt.", ich schnaubte, wandte mich ab und zog die Decke um meinen schmerzenden Brustkorb.
Lüge.
Ich wollte, dass er wieder kam, so schnell wie möglich.
Aber ich wollte es nicht einsehen, schon wieder.
Er hatte mich verletzt, zurück gelassen, angelogen, schon wieder.

"Ich könnte es verstehen, aber du meinst das nicht so. Das weiß ich.", ihre Stimme klang sanft, strahlte die gewohnte Thea-Wärme aus. "Warum sollte ich es nicht so meinen? Er ist einfach gegangen Thea!", verstehend nickte sie, setzte dann jedoch zum Reden an und ich erkannte, noch bevor sie einen Ton heraus brachte, an ihrem Gesichtsausdruck schon was kommen würde. "Aber wenn du ihn doch nicht mehr willst, warum bist du dann beim Gewitter gestern Nacht in seinem Zimmer verschwunden?", ertappt sah ich zur Seite.

Thea wusste nicht, dass ich panische Angst vor dem Spektakel aus grellen Lichtern und lautem Grölen hatte, das würde ich ihr vermutlich auch fürs erste nicht sagen, sie konnte also nicht wissen, dass ich Schutz in den Resten seiner Wärme gesucht hatte, hoffte, dass das bisschen seines Geruches mich irgendwie beruhigen konnte, so wie das letzte mal als der Himmel durchgedrehte war.
Ich hatte mir nicht anders zu helfen gewusst, das Doppelbett in welchem ich so lange nicht mehr lag als letzten Schimmer einer Hoffnung gesehen, und es hatte geholfen.
Zwar nicht dem leeren Gefühl in meiner Brust, der Tatsache, dass er mich belogen hatte, doch es hatte meiner Angst geholfen.

"Ich hatte bloß einen Alptraum...", mein Blick senkte sich, auch die klaren Augen Theas wurden von einem gräulichen Schleier überflutet.
Ich nahm die Gabel und schob eine der kleinen Rollen hin und her, merkte wie die Ältere mich genau beobachtete. "Sie waren besser als er nicht da war, oder?", zögerlich nickte ich. Wem machte ich auch bitte was vor? Seine Nähe hatte mir geholfen, so war es nun mal.

Nightmare - please Trust meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt