58

66 8 1
                                    

   Als die Sonne kurz vor ihrem Untergang stand, erreichten sie den neuen Hof der Familie Lichtsprung. Ein kurzer Trampelpfad führte zu einem riesigen Haus in dem sicher 15 Zimmer Platz für seine Bewohner boten. Daneben stand ein weiteres, ungefähr halb so Großes. Noch weiter hinten war eine große Scheune, viel größer als die alte und weiter hinten erstreckten sich verschiedene Felder, auf denen Marialles Brüder wahrscheinlich gerade ihre Geräte zusammen räumten.
Sie betraten das Haupthaus durch die große Doppeltüre. Meredith stomperte aufgeregt voran und rief sofort in die Küche: "Mutter, komm! Marialle ist da." Ein lautes Scheppern, gefolgt von unterschiedlichen Schritten. Als erste stürmte Magereth in den Flur. Kurz verweilte sie ungläubig im Türrahmen, bevor sie ihre Tochter mit Tränen in den Augen, in eine stürmische Umarmung zog.
"Kind, wir dachten, wir hätten dich verloren!", klagte sie schluchzend. "Ich bin hier, Mutter", gab die jüngste der Lichtsprungs leise zurück. Dolette wurde von Katrice in eine ähnlich enge Umarmung gezogen, nachdem auch diese den Flur betreten hatte.
"Du hast sie wieder gebracht", flüsterte die älteste der Schwägerinnen, als sie die Elfe aus der Umarmung entließ.
"Natürlich, Katrice ..." Die Paladin unterbrach sich, als eine weitere Frau in den Raum betrat. Es war Beatrice, die in der vergangenen Zeit, wahrlich zur Frau geworden war. Sie war das absolute Ebenbild von Marialle, die hellbraunen Haare, die zierliche Nase, die rosigen Lippen und schließlich der bernsteinfarbene Ton, der in ihren Augen ruhte. Ihre Schüchternheit hatte sie aber, im Gegensatz zu der Priesterin, nicht abgelegt und so stand sie unschlüssig im Türrahmen und schaute rasch zu Boden, als sie den verblüfften Blick der Elfe auf sich spürte. Sie machte einen Knicks in ihre Richtung, was die Paladin erröten ließ. Marialle entfuhr ein Kichern und löste sich von ihrer Mutter. "Komm her, Nichte. Lass dich umarmen", befahl sie der jungen Frau, die ihr so unglaublich ähnlich sah. "Guten Abend, Tante Mari", sagte sie gedämpft und ließ sich in die sanfte Umarmung ziehen.
Von oben war Getrampel zuhören und schon schossen die Kinder ebenfalls in den Flur. Die beiden Zwillinge hatten an der Faszination für die Paladin festgehalten und so flankierten sie diese, wie an dem Tag als sie sie kennengelernt hatten. Etwas später stolperten zwei weitere kleine Kinder dazu, die Marialle noch gar nicht kannte.
"Na, wer seid ihr denn?", fragte Marialle die noch immer ihr Spiegelbild zu umarmen schien. Der Junge und das Mädchen traten an je ein Bein ihrer Großmutter und sahen abwechselnd, mit großen Augen von der Priesterin zur Elfe.
"Das sind Giselle und Markos. Unser jüngster Zuwachs. Sie sind beide einen Winter alt", erklärte Magereth. Das kleine Mädchen lief zu Charlotte, die sie hoch nahm und ihr einen Kuss auf die Wange gab. Der kleine Markos lief stattdessen zu Meredith die ihn ihrerseits hochhob. "Beim Licht, ich weiß gar nicht wie lange wir weg waren.", stieß Marialle fassungslos aus.
"Das ist eure Tante Mari mit ihrer Freundin Dolette, ihr Süßen. Kommt, lasst uns in die Küche gehen, die Männer sollten auch jeden Augenblick herein kommen", erklärte das Familienoberhaupt ihren Enkeln und wandte sich dann an Dolette und Marialle.

Die Küche war riesig, ganz offensichtlich Dreh und Angelpunkt im Haus. Neben der Großzügen Kochleiste samt Arbeitsplatten stand ein gewaltiger Tisch darin, der allen Familienmitgliedern und mehr Platz bot. "Setzt euch, setzt euch! Wir sind eh grade dabei das Abendessen zuzubereiten. Ich hoffe ihr habt Hunger." Die beiden nahmen Platz und Dolette hatte sogleich die Zwillinge Leah und Larah auf dem Schoß, die sie mit Fragen löcherten. Marialle hingegen saß zwischen ihrer großen Nichte Beatrice und Meredith, die die beiden Kleinkinder auf dem Schoß hatten.
"Ich hatte gedacht, du wärst mittlerweile vielleicht ein wenig mehr aus dir raus gekommen, Bea?", feixte Marialle, was ihrer Nichte die Röte ins Gesicht schießen ließ. "Täusch dich nicht, wenn sie mit uns in der Stadt ist, ist sie ganz anders was Gleichaltrige angeht. Aber die große Paladin hat ja von Anfang an schwer Eindruck auf unsere Kleine hier gemacht", stimmte Meredith gut gelaunt mit ein.
"Tante Meredith! Lass das, du hast doch keine Ahnung", zischte die junge Frau der älteren zu. "Oho, du kannst ja richtig zickig sein!", lachte die Priesterin durch den riesigen Raum. Dolette sah verwundert von einer zur anderen und wurde sofort wieder rot, als sie bei dem Ebenbild ihrer Liebsten ankam. Sie brummelte etwas Unverständliches und wandt sich entnervt ab.
"Haha ich glaub euch beide sollten wir mal zusammen in eine Besenkammer stecken, damit das auf hört", stichelte Meredith weiter und auch Marialle machte aus ihrem Grinsen kein Geheimnis.
"Mama, jetzt sag doch mal was!", bat Beatrice flehentlich an Katrice gewandt. Die Angesprochene drehte sich von der Arbeitsplatte um, bemüht ein schelmisches Grinsen zu unterdrücken. "Ich versteh gar nicht, wo dein Problem ist, Bea. Schau dir die Kleinen an. Die machen auch kein Geheimnis daraus, dass sie Dolette anhimmeln", sprach sie munter auf ihre Tochter ein.
"Boah Mama, ich bin aber kein kleines Kind mehr!" Die junge Frau war mittlerweile knallrot geworden und auch die Elfe hatte Mühe sich weiter auf die Zwillinge zu konzentrieren.
"Nun lasst doch mal das arme Mädchen in Ruhe", sagte die Paladin leise.
"Ach komm, du musst ja jetzt gar nicht anfangen, mit ihr in eine Kerbe zu schlagen. Bei dir sieht's doch genau so aus", mischte sich nun auch Charlotte ein. Die Frauen lachten und auch Markos und Gyselle quietschten fröhlich mit. Nur Beatrice und Dolette schauten etwas genervt drein.
"Jetzt reichts mir. Geht mal runter von mir, Mädchen. Komm mit Beatrice", sagte Dolette bestimmend und reichte der jungen Frau, galant wie sie war, die Hand, um ihr aufzuhelfen. Zusammen verließen sie Richtung Flur die Küche. Als sie draußen waren, prusteten die Frauen wieder los.

Die dunkle RitterinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt